Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Mit Frustrationen fertig werden

Hallo, Welt!

Heute Abend rief mich eine Freundin an. Ich habe nicht gemerkt, wie mich das Gespräch nach und nach echt in Not brachte. Die Freundin kämpft mit Selbstabwertung und Projektionen, was andere Menschen über sie denken, und ich bin sehr, sehr unzufrieden, dass ich es nicht schaffe, ihr einfach nur Einfühlung zu geben. Ich bin immer wieder in so einem „hörst du, was du gerade gesagt hast“ oder „kannst du das noch mal ohne ’sollte‘ formulieren?“ Erst als wir schon fast eine Stunde gesprochen haben, habe ich losgebrüllt, dass ich das nicht hören kann und echt in Not gerate. Ich habe schon eine ganze Weile vorher gemerkt, dass (bei mir) etwas nicht stimmt, aber ich konnte es nicht benennen, bis dann wieder eine Selbstabwertung kam und ich einfach expodiert bin.

Ich vermute, dass ich in der Beziehung zu meiner lieben Freundin nicht wirklich an die Macht der Empathie glaube. Irgendwie denkt ein Teil von mir noch immer, ich müsse irgendetwas tun, um sie zu unterstützen. Dabei wäre es wahrscheinlich am besten, wenn es mir gelänge, ihr einfach nur zuzuhören.

Den Vorfall kann ich jetzt wunderbar benutzen, um MICH niederzumachen. Das werde ich jetzt nicht tun. Ich bin frustriert, und ich gucke genauer hin, warum. Als ich nicht „früher“ gesagt habe, wie es mir geht, habe ich mir das Bedürfnis nach Unterstützung, Integrität, Beteiligung und Wertschätzung erfüllt. Dabei kamen leider die Bedürfnisse nach Authentizität, Schutz, Ruhe (ich bin nach diesem Arbeitstag ziemlich geschafft), Harmonie und Leichtigkeit krass zu kurz. Ich war nicht gut in Verbindung mit meinen Gefühlen. Das konstatiere ich jetzt einfach mal und werde mich nicht dafür wolfen.

So long,

Ysabelle

Ein Gruß nach Oldenburg

Heute hat eine GfK-Freundin Geburtstag, in deren Gesellschaft ich mich sehr wohl fühle. Es gibt nicht viele Leute, die es so klaglos aushalten, wenn ich zum vierten Mal am Tag frage: Was ist die Beobachtung dazu? Es ist so, dass ich von ihr auch ganz viel Wertschätzung erfahre, was mich glücklich macht, weil ich merke, dass es von Herzen kommt. Ich bin gern mit ihr zusammen, weil es leicht und warm ist. Wir müssen uns beide nicht verstellen, so mein Eindruck. Ach, ich bin einfach sehr glücklich, dass ich sie immer näher kennen lernen darf und hoffe, dass unsere Freundschaft noch lange blüht.

Liebe <..,>,
Dir eine ganz dicke und warme Umarmung und einen Gruß nach Oldenburg!

Ysabelle

Von Herzen ja sagen

„Aber das Leben ist kurz und die Wahrheit wirkt ferner und lange: Sagen wir die Wahrheit.“ – Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Vorrede zur ersten Auflage

Wie oft sagen wir ja, ohne es wirklich zu meinen? Wir sagen Ja zu Lebensumständen, die uns nicht glücklich machen, wir sagen ja zu Aufgaben, zu denen wir eigentlich keine Lust haben. Manche antworten auf die Frage „hat es geschmeckt?“ auch dann mit ja, wenn sie das Essen überhaupt nicht mochten. Doch welche Bedürfnisse erfüllen wir uns damit, wenn wir ja sagen, obwohl wir eigentlich nein meinen?

Häufig ist es so, dass wir uns gar nicht bewusst sind, dass unsere Antwort eigentlich bestensfalls ein „ich weiß nicht“ ist. Wir antworten automatisch mit ja und haben keine Verbindung mit unseren Gefühlen.

Oder wir sagen ja, weil es sich so gehört, weil wir den anderen nicht verärgern wollen, die Partnerin, den Chef, den Kellner. In diesem Fall ist uns vielleicht Harmonie wichtiger als Ehrlichkeit, oder es geht um Unterstützung, Gemeinschaft, Friede.
Doch jedes Ja, das eigentlich ein Nein ist, hat fatale Folgen für die Beziehung. „Jeder der Beteiligten wird dafür bezahlen“, sagt Marshall Rosenberg und lädt dazu ein, wirklich nur ja zu sagen, wenn es von Herzen kommt.

Ich habe es schon häufig erlebt, dass ich für ein Ja bezahlt habe. Mein Gegenüber kann nicht wissen, was wirklich in mir lebendig ist. Und er hat das Recht, mein Ja für bare Münze zu nehmen. „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ heißt es bei Matthäus 5,37 im Neuen Testament. Da ist kein Platz für Herumlavieren, Tricksen oder Verbiegen.

Doch was können wir tun, wenn uns partout kein Nein von den Lippen kommen will, wenn andere, wunderbare Bedürfnisse uns daran hindern, das nein so herauszuschmettern, wie es sich eigentlich im Inneren anfühlt? Dann gibt es einen wunderbaren Satz, der einen neuen Ansatz für die Schleife der Verbindung ermöglicht: Dazu kann ich so nicht ja sagen!

Heute will ich genau nachspüren, ob mein Ja auch wirklich ein Ja ist.

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