Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Unterwegs (2)

Hallo, Welt!
Es gibt eine neue Erkenntnis, warum ich blogge. Vielleicht ist sie nicht ganz neu, aber ich habe sie neu erfahren.
In diesen Urlaubstagen bin ich mit netten Menschen unterwegs, die alle keine Giraffenohren haben. Im Büro habe ich mittlerweile Kollegen, die wissen, wie ich ticke. Und einige können durchaus emphatisch zuhören oder es ertragen, wenn man ihnen empathisch zuhört. Dazu kommen nette Telefonate und Mails von GfK-Freunden.

Und hier, in der Gemeinschaft der Nicht-Giraffen, stelle ich fest, wie gut mir dieser Giraffensaft tut. Wenn ich im Alltag keinen habe, kann ich normalerweise eine Tagesmeditation schreiben oder ein Wortschätzchen verfassen, und docke mich dabei geistig an die Giraffen-Pipeline an. Hier geht es zur Zeit nicht, weil O2 nicht in der Lage ist, mein IPad ins Internet zu bringen und damit bin ich abgeschnitten von der Giraffenwelt. Ich komme also auch nicht an den Blog und kann mich nicht auf diese Weise mit Euch da draußen verbinden. Also tippe ich meine Gedanken in Word und sehne mich nach dem Tag, an dem ich wieder online sein kann…

So long!

Ysabelle

Unterwegs

Hallo, Welt!
Tag 3 meines Urlaubs auf einem Schiff auf der Mosel, wobei Tag 1 nicht besonders erholsam war, denn 500 Kilometer Autofahrt sind für mich eher stressig als entspannend.
Unterwegs habe ich versucht, dem Fahrer einfühlsam zuzuhören. Ich bin mir nicht sicher, wie erfolgreich das war. Es kam so ein Schwall an Informationen, dass ich mich zwischendurch wie im Treibsand wähnte und um Pausen bitten musste. Heute Morgen gab es eine Situation, in der beide Männer an Bord über Apple-Produkte herzogen, und da war es grad genug für mich. Ich habe gesagt, dass ich das schwer hören kann. Das Ergebnis hat mich schwerst bezaubert. Denn auf einmal war zu hören, dass Apple ein revolutionäres Bedienkonzept entwickelt hat, und dass es für Leute, die damit normalerweise nichts zu tun haben, einfach eine Umgewöhnung und zunächst eine Einbuße an Effizienz mit sich bringt. Bevor ich Scheiße bin, ist doch lieber das andere System Scheiße…. Leute, wie wäre es, wenn niemand Scheiße wäre, sondern Dinge einfach so anders sein dürfen wie sie wollen…?

Unser Senior hat hier in Metz einen sehr sensationellen Anleger gefahren. Unsere Wertschätzung dafür versuchte er zwei Mal vom Tisch zu wischen. Als der Freund und ich gestern Abend das Abendessen feierten, das uns einfach supergut schmeckte, wiegelte ebenfalls der Senior ab. das sei normal, jetzt sollten wir essen… Was für eine verrückte Welt, in der Wertschätzung und Dankbarkeit so wenig Raum einnehmen dürfen…

Ich möchte feiern, dass ich heute eine vier Meter hohe Spundwand hinaufgeklettert bin (natürlich über eine Leiter) und das Schiff in der Schleuse gehalten habe, obwohl ich nicht schwindelfrei bin und auf dem Bauch an die Kante heranrobben musste.
Und ich möchte betrauern, dass dabei meine graue Flanell-Schiebermütze mit Ohrenschützern von Tschibo irgendwo über Bord gegangen ist. Als das Scheusenmanöver vorbei war, war sie weg…

So long!
Ysabelle

Wortschätzchen: Neid

Das Glück gedeiht im eigenen Haus und kann nicht in Nachbars Garten gepflückt werden. Douglas Jerrold

Neulich hörte ich, wie jemandem Anerkennung zuteil wurde und entdeckte dabei Gefühle in mir. Ah… Neid! Gleich lief natürlich das volle Programm ab. Ist Neid ein Wolfsthema?
Ich habe mich mal auf die Suche gemacht. Hier einige Ergebnisse…

Eifersucht setzt ein Subjekt, aber zwei Objekte voraus: das Objekt des Besitzanspruches bzw. der Verlustangst (den Partner) und das Objekt der Eifersucht, die Bedrohung (den „Eindringling“ in die Zweierbeziehung). Objekt der Verlustangst ist immer eine Person (bzw. alles, dem man einen Personenstatus zubilligt, z. B. ein Haustier). Objekt der Eifersucht ist meist ebenfalls eine Person, kann allerdings theoretisch alles sein, durch das jemand seinen Besitzanspruch oder seine besondere Position im Leben eines anderen gefährdet sieht, wie zum Beispiel ein zeitraubendes berufliches Projekt.

Der Unterschied zwischen Eifersucht und Neid ist der, dass ein eifersüchtiger Mensch Angst hat, zu verlieren, was (oder wen) er besitzt und wirklich oder vermeintlich braucht, und ein neidischer Mensch das haben will, was andere besitzen. Beispielsweise sind Kinder eifersüchtig, wenn ihre Mutter ihren Geschwistern Aufmerksamkeit zuteil werden lässt, aber neidisch wegen des Fahrrades ihres Freundes, das sie gerne hätten.

Die gemeinsame Ursache für Eifersucht und Neid ist ein Selbstwert-Defizit. Im Fall von Eifersucht empfindet der Betroffene mangelnde Wertschätzung durch eine konkrete Person, Neid hingegen entzündet sich an den eigenen Wertvorstellungen oder denjenigen, die der Betroffene in eine soziale Gruppe bzw. die Gesellschaft projiziert.

Diesen interessanten Aspekt fand ich bei meinen Recherchen zum Thema Eifersucht (das plagt mich zur Zeit grad mal nicht. 😉

Unter Neid fand ich bei Wikipedia ebenfalls Spannendes:
Unter Neid versteht man das ethisch vorwerfbare, gefühlsmäßige (emotionale) Verübeln der Besserstellung konkreter Anderer. Ähnlich ist der Begriff der Missgunst. Fehlt es am ethischen Vorwurf, spricht man auch von Unbehagen gegenüber Überlegenheit, die man selber gerne hätte und nicht zu erreichen vermag. Will man Neid rechtfertigen, so ist eher von einem Streben nach Gleichheit die Rede. Wie andere Gefühle auch, hat der Neid Vorteile für den, der ihn hegt.

Das Gegenteil des Neides ist die Gunst.
(…)
Studien mit Kapuzineraffen um Frans de Waal an der Emory University zeigten in der Verhaltensbiologie eine Verweigerungshaltung bei benachteiligten Tieren. Die Forscher spielten mit den Affen und belohnten sie mit unterschiedlichen Leckereien. Boten die Forscher etwa einem Tier leckere Trauben und dem anderen lediglich ein Stück Gurke, verweigerte letzteres eine weitere Zusammenarbeit in dem Spiel. [6]

Ein Forscherteam um den Bonner Neuroökonomen Armin Falk verglich in Experimenten unter einem Kernspintomographen die Gehirnaktivität von menschlichen Probanden. Er sieht einen Beleg für seine These, dass Menschen Belohnungen immer im Vergleich sehen. [7]

Die Wirtschaftswissenschaftler Daniel Zizzo und Andrew Oswald von der Universität Warwick wiesen in einem computersimulierten Glücksspiel nach, dass nahezu zwei Drittel aller Teilnehmer Gebrauch von der Option machten, unter Einsatz eines Teils ihrer Gewinns andere finanziell zu schädigen, obwohl sie dabei die Hälfte der ausgeschütteten Gewinnsumme verloren. Als sie ihre Ergebnisse 2001 veröffentlichten, schrieben sie: „Unsere Experimente messen die dunkle Seite der menschlichen Natur.“
(…)
In der Bibel wird Neid an mehreren Stellen verurteilt, zum Beispiel Röm 1,29 EU, 1 Tim 6,4 EU, Tit 3,3 EU, 1 Petr 2,1 EU, Jak 3,14+16 EU, Gal 5,21 EU. Bekannt ist vor allem die biblische Erzählung von Kain und Abel, in der Neid ein Mordmotiv darstellt. Der Neid gehört seit dem späten 6. Jahrhundert zu den sieben Hauptsünden (siehe auch zur Abgrenzung Todsünden) der Römisch-Katholischen Kirche.

Im Hinduismus wird gesellschaftliche Ungleichheit als Folge des individuellen spirituellen Karmas dargestellt und Neid lediglich als das nicht akzeptierte Karma bzw. Schicksal, das der Welt der Kasten entgegensteht. Danach kann nur ein spirituell-esoterischer Aufstieg nach dem Anerkennen des eigenen Karmas erfolgen, der einen in eine höhere Kaste nach einer späteren Wiedergeburt bringt, oder ganz im Jenseits. Als Anti-Neid-Konzept ist der Hinduismus bei den durch das Karma weniger Benachteiligten sehr populär und bestimmt so den Großteil der Welt von 850 Millionen Hindus.

Im Islam wird der Neid im Koran erwähnt. Es gilt, ihn als eine schlechte Eigenschaft zu besiegen und damit bei sich selbst anzufangen. Laut dem Propheten Muhammed kann Neid zu Unheil und sogar zum Tode führen. Es existieren Schutzverse und Bittgebete, die mit Gottes Hilfe vor einem Neider schützen.

Da habe ich doch richtig was dazu gelernt.
Jetzt aber der Blick auf die Gefühle, die ich wahrnahm, als ich von der Anerkennung für den anderen erfuhr:

ungläubig
besorgt
bestürzt
betroffen
bitter
durcheinander
einsam
frustriert
irritiert
lustlos
müde
niedergeschlagen
traurig
verwirrt
widerwillig

Mir fällt auf, dass in meinem konkreten Beispiel keine kraftvollen Gefühle beteiligt waren. Wut kann ja durchaus Schubkraft geben, aber müde, lustlos, niedergeschlagen schiebt mich mal höchstens ins Bett…
Und nun der Blick auf die Bedürfnisse. Als erstes springt mich an:
Sicherheit – weiß der Geier warum. Mein Herz geht da hin.
Wärme (menschliche, nicht Kohleofen…)
Selbstvertrauen
Integrität
Zugehörigkeit – ganz stark. Ich fühle mich nicht zugehörig.
Wertschätzung
Gesehen/gehört werden
Verständnis (wie es zu dieser Auszeichnung gekommen ist)
Verbindung. Das merke ich jetzt erst. Ich hatte keine Verbindung.
Ausgleich – ich arbeite so hart und kriege nichts…

Ja, das ist ja ein spannendes Ergebnis. In mir gibt es einen Teil, der meint, ich würde auch Anerkennung verdienen und bekomme sie nicht… Die Welt ist auf einmal undurchschaubar und ich bin hilflos, ungesehen, nicht geliebt…

Das passt doch perfekt zu einer Stelle, die ich im Spiegel fand:
Über 100 Jahre später bestätigen Forscher um Sybil Hart von der Texas Tech University in Lubbock diese Beobachtung in systematischen Studien. 2004 stellten sie fest, dass Babys schon im Alter von gerade einmal sechs Monaten ein weinerliches Gesicht aufsetzen und versuchen, die Aufmerksamkeit der Mama zu erlangen, wenn diese eine lebensechte Babypuppe hätschelt. Widmete die Mutter ihre Aufmerksamkeit dagegen einem Bilderbuch, ohne das eigene Kind zu beachten, verhielt sich der Nachwuchs weitaus entspannter.

Eins kann ich Euch sagen: Der Blick auf die Gefühle und Bedürfnisse gefällt mir bedeutend besser als das Etikett „neidisch“.

So long!

Ysabelle

Zahlen-Mystik: My private Kabbalah

Hallo Welt!
Die Annäherung an „runde“ Zahlen erregt meine Aufmerksamkeit. Drei Tage lang sah ich sie kommen, heute Nacht war sie da:
Wir haben hier auf dem Ticker

 

10002 Page Impressions
2666 Visits
354 Artikel
335 Kommentare, davon
188 Spam.

 

Zehntausend Mal wurde irgendein Posting angeklickt. Auf jeden Besucher kommen rund vier Klicks, also schaut er sich auch um. Die Anzahl der Kommentare hat mich zuerst erstaunt, bis ich den Spam-Anteil abzog, da waren es noch 147. Grob geschätzt die Hälfte sind meine Antworten. Was meint Ihr, wie viel Rürup-Rente, bombensichere Roulette-Systeme und Schnäppchenpreise für Viagra Euch durch die Lappen gegangen sind, nur weil ich die immer gleich lösche! Von den angemeldeten Benutzern ganz zu schweigen. Das liest sich dann so:

Registrierung eines neuen Benutzers auf deinem Blog Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!:
Benutzername: nudewomanz
Wie gesagt, alles gelöscht.

 

Ich kann mir Sachen schön rechnen, ich kann mir auch ein paar in die Fresse hauen. Persönliche Zahlen-Mystik. 10000 ist 10000, was ich daraus mache, ist eine ganz andere Angelegenheit.

 

Ich glaube, am 24.1.2010 ist der Blog online gegangen. Er läuft also annähernd neun Monate. Dieses ziehende, schmerzliche Gefühl im Inneren, das ich mal mit dem Etikett „Ent-Täuschung“ belegen möchte, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass ich anderes erwartet habe. In „Gewaltfrei-im-Norden“ gab es im September 65000 Klicks, und da stehen „nur“ Termine. Dialog findet fast gar nicht statt.

Es scheint an der Zeit, Einsatz, Erwartungen und Resultate in Übereinstimmung zu bringen.

Was sind die Highlights?
Ohne Zweifel wenn ich gesehen werde. Friedrich, Gabriel, Markus, Oliver – ich glaube, ohne Eure Kommentare hätte ich schon aufgegeben. Es ist so verdammt einsam hinter der Tastatur! Und dann kommt wieder eine Anmerkung von einem von Euch und gleich fühle ich mich belebt, aktiviert, ermutigt, ich bin voller Freude und spüre Verbindung, Wärme, Unterstützung, Gesehen werden, Leichtigkeit und wahrscheinlich noch so manches andere. Besonders schön ist es, wenn einer von Euch eine Themenanregung schickt und ich daraus auch tatsächlich was kochen kann. Danke noch mal explizit an Gabriel.

Manchmal gelingt mir ein Text besonders gut. Ich bin zum Beispiel sehr zufrieden mit dem von gestern, mit dem Mann mit dem Burnout. Da stimmt die Länge, der Aufbau, der Rhythmus, das Fazit. Das ist „rund“ für mich. Zu anderen Zeiten finde ich meine Texte überhaupt nicht rund, und dann schreibt mir Markus auf einmal, das Gelesene habe ihn sehr angesprochen. Schon bekommt der Text einen neuen Rahmen. Wenn es jemand anderem etwas gegeben hat, darf ich damit zufrieden sein. Holla! Interessant, was da wieder ans Tageslicht kommt…
Nun der Teil, der eher schwierig ist.
Leichtigkeit, Freude, Beitragen – das wollte ich mir erfüllen, als ich meinen Freund Arbitrium gebeten habe, diesen Blog für mich zu installieren. Das klappt an manchen Tagen gut, an anderen nicht. Ich glaube, es liegt daran, dass ich mich zu einem „täglich“ kommittiert habe. Egal ob ich müde bin, egal ob mir was auf den Nägeln brennt, egal was gerade bei mir privat los ist, egal ob ich krank bin oder in Urlaub. „Du hast einen Kessel zu füllen“. Oder in meinem Fall: Der Blogbeitrag für morgen fehlt noch…
Es ist also Pflicht dazu gekommen. „Du musst…“ Und wie sagt die dänische Trainerin Kirsten Kristensen so nett? Das smekt nicht!
354 Artikel in neun Monaten, das sind statistisch 1,3 Postings pro Tag. (und dann war da noch der Statistiker, der in dem Fluss ertrank, der durchschnittlich 0,8 Meter tief war). Welche wunderbaren Bedürfnisse erfülle ich mir mit dem TÄGLICHEN Einstellen eines Postings? Verlässlichkeit (was sich als Sicherheit runterbrechen lässt, das Wort Verlässlichkeit war ja hier schon Anlass zu Überlegungen), hm. Und dann kommt nichts. Gibt es ein Bedürfnis nach Ernsthaftigkeit? Ich möchte das ernsthaft machen. Es ist keine Spielerei, keine Laune. Kongruenz. Übereinstimmung mit meinen Werten. Wahrscheinlich auch Zugehörigkeit zu wichtigen Leuten, die jeden Tag etwas zu sagen haben… Ich erfülle mir das Bedürfnis nach Begeisterung, und gleichzeitig bleiben gerade Begeisterung, Leichtigkeit, Spaß, Erholung und Autonomie auf der Strecke. Es ist mir noch nicht klar, wie ich diese unterschiedlichen Bedürfnisse unter einen Hut bringe. Ich glaube, allein geht das nicht. Ich wünsche mir also Mitstreiter.
Wie geht es weiter?
Mutter Courage wirft sich wie so oft in ihr Schleppgeschirr und zieht den Karren weiter. Ich habe mir vorgenommen, ein ganzes Jahr das tägliche Posten aufrecht zu halten. Bis Mitte Januar ist ja auch nicht mehr lange hin. Und dann? Will ich mir was beweisen? Wie geht es weiter? Was habe ich zu sagen? Keine Ahnung.

Ich halte Euch auf dem Laufenden.

So long!

Ysabelle

BTW … Heute sind seit ich angefangen habe, dieses Posting zu verfassen, 73 Klicks dazu gekommen…

In den Augen der anderen

„Wenn du weißt, dass du etwas auf jeden Fall erfahren wirst, so beeile dich nicht, danach zu fragen, denn dieses schadet deinem Ansehen.“
Saadi, Rosengarten, 8, Vom guten Betragen im Umgang

 

Ein Bekannter berichtete dieser Tage von einem Vorfall in dem Unternehmen, in dem er arbeitet. Er fand sich im Büro wieder und stellte fest, dass er einen Blackout gehabt hatte. Im Gespräch mit seinem Vorgesetzten listete er einige Vorkommnisse aus seiner Abteilung auf, brachte sie in Verbindung mit seinem Gesundheitszustand und sagte dann, „das sind alles Anzeichen für einen Burnout“. In der nächsten Abteilungskonferenz hörte er seinen Chef sagen: Und für den Herrn X brauchen wir noch ein paar Vitaminpillen, der kriegt ja hier einen Burnout…
„ich habe doch in der Abteilung überhaupt kein Standing mehr“ klagte X. „Der Mann hat mich doch vor allen Kollegen lächerlich gemacht.“
Hat er das? Besteht nicht auch die Möglichkeit, dass die Kollegen denken, ‚dieser Arsch weiß gar nicht, was in seiner Abteilung los ist. Ich stehe auch kurz vorm Burnout! “ Vielleicht denken sie auch, „stimmt, der X ist neulich fast umgekippt. Der Druck ist aber auch einfach zu hoch. Was ist denn das für ein Führungsverhalten von Y, hier mit solchen Sprüchen um sich zu werfen!“
Wahrscheinlich fehlte meinem Bekannten Respekt, Wertschätzung, Vertrauen, Integrität und Unterstützung. Viel markanter finde ich aber, was er selbst über seinen Status in der Abteilung denkt. „Das wird mir als Schwäche ausgelegt. Die suchen jetzt nur nach einer Gelegenheit, mich zu enteiern. Ich werde mich nicht mehr durchsetzen können, weil mich alle für einen Schwächling halten…
Wer zwingt uns eigentlich, solche Gedanken zu produzieren? Gibt es eine Pflicht, bei solchen unerfreulichen Situationen daraus gleich eine Positionsbestimmung abzuleiten? Wo ist mein Standort in der Gruppe? Ist er gefährdet? Ich glaube mittlerweile, dass wir mit solchen Gedanken überhaupt erst den Grundstein für genau das Verhalten legen, das wir so sehr fürchten. Wenn solche Bemerkungen von Vorgesetzten, Nachbarn, Eltern oder Partner einfach ins Leere laufen, bei uns keine Resonanz erzeugen, sondern uns mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen in Verbindung bringen, gibt es keine Veranlassung, um unser Ansehen zu fürchten. Unser Ansehen ist so gut, wie wir es uns selbst zugestehen.

 

Heute bin ich entschlossen, die Dinge anders zu sehen.

Kränklich

Hallo, Welt!
Komme gerade aus dem Krankenhaus. Bin unsicher, wer sich klöteriger gefühlt hat, die Patientin oder ich? Seit zwei Uhr letzte Nacht läuft meine Nase, Husten startet, es kratzt im Hals. Drei Tage vorm Urlaub – perfekt, oder? Daher heute Nacht keine Tagesmeditation oder tief schürfende Giraffengedanken (obwohl es welche gäbe), sondern Bett.
Feiern möchte ich noch, dass ich einer Kollegin aus einer anderen Abteilung heute Empathie geben konnte, nachdem sie durch Vorfälle am Arbeitsplatz total gestresst war. Das hat mich gefreut und ermutigt.

So long!

Ysabelle

Kraut & Rüben

Bauernregeln Oktober
16.: „An Sankt Gall ernte man die Rüben all!“
21. + 28.: „An Ursula muss das Kraut herein, sonst schneien Simon und Juda hinein.“

Hallo, Welt!
Heute war ein abwechslungsreicher und vielfältiger Tag. Ich habe mit drei Freunden unseren gemeinsamen Urlaub geplant, mir ein Mittagsschläfchen gegönnt, mit einer Freundin Abendbrot gegessen und last but not least heute morgen Erste Hilfe bei einem Freund geleistet, der gerade ein wenig ins Trudeln kam.
Ich bin ja ein Fan der Webseite ifun.de, und dort gibt es die Rubrik „x Zweizeiler“. Heute hier also mal zehn Zweizeiler:

Ich überlege, ob ich während des Urlaubs auch mal Urlaub vom Blogschreiben mache. Eine innere Stimme verurteilt das als Fahnenflucht.

Im Gespräch mit dem Freund heute morgen habe ich gemerkt, dass ich Fortschritte mache in Bezug auf „Leben im Jetzt“. Ich sorge mich nicht mehr so intensiv um mögliche Katastrophen.

Im Moment bin ich gerade ganz verzückt von Eckhart Tolle als Hörbuch. „Leben im Jetzt“ ist großartig zum Einschlafen.

Vielleicht kann ich Markus bezaubern, hier im Blog die Urlaubsvertretung zu übernehmen. Zu sagen hätte er sicherlich genug.

Mein Vertrauen in meine Fähigkeit, mit Konflikten besser umgehen zu können als in der Vergangenheit, nimmt stetig zu. Heute war ich auf gefühlten 80 Prozent.

Ich merke, wie verworren meine Vorstellung vom „Jetzt“ noch immer ist. Ich höre Byron Katie zu und merke, ich bin noch immer verstrickt in Bewertungen *seufz*

Ich gebe zur Zeit mehr Geld aus als ich eigentlich möchte. Wenn ich versuche, mich deshalb zu grämen oder zu verurteilen, kann ich ganz gut gegensteuern.

Ich finde, dass dieser GfK-Krams total anstrengend ist und dass es viel leichter war, immer bei anderen die Schuld zu suchen, statt zu gucken, was ich brauche.

Ich habe ein Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Ich möchte mich gern anlehnen und schnaufen. Hoffentlich gibt es dazu im Urlaub eine Chance.

Ich bin zufrieden mit mir.
DAS möchte ich mir gerade mal auf der Zunge zergehen lassen! Ich bin zufrieden mit mir.

So long!

Ysabelle

Ewigkeit

Weinend kommen wir auf die Welt, während alle um uns herum lächeln. Wir sollten so leben, dass wir lächelnd aus dieser Welt scheiden, während alle um uns herum weinen.
Persisches Sprichwort

 

Gestern zappte ich durch die Programme, um ein bisschen Unterhaltung während des Bügelns zu haben. Dabei landete ich auf einem Info-Kanal, auf dem gerade eine BBC-Produktion über das Leben auf der Erde in 100 oder 200 Millionen Jahren lief. Danach gibt es in 200 Millionen Jahren einen Haufen neuer Arten, einen einzigen Großkontinent, an dessen Westseite es nass und grün und an der Ostseite trocken und bergig ist. Im Meer überleben nur die Haie und die Tintenfischartigen. Dazu kommen dann viele neue Arten, über die man heute nur spekulieren kann.
Es dauerte eine Weile, bis ich realisierte: 200 Millionen Jahre.
Ich werde vielleicht 90 (High hopes, sag ich mal…). Das Fossil von Ida, einem lemurengroßen Primaten aus der Grube Messel, ist 47 Millionen Jahre alt. Da gab es schon keine Saurier mehr. Und von der Menschheit im engeren Sinne waren wir noch 46,9 Millionen Jahre entfernt. Das alles sind Dimensionen, die sind für mich nicht mehr vorstellbar.
Was hat es dann auf sich mit Stuttgart 21? Lohnt es sich, sich über die Endlagerung von Atommüll aufzuregen? Sind wir nicht auch nur ein Intermezzo im ewigen Zyklus von Werden und Vergehen? 100000 Jahre – was ist das schon?
Ich werde den Lauf der Welt nicht aufhalten können. Das Driften der Kontinente, der Einschlag von Kometen. der Ausbruch von Vulkanen – das alles kann ich nicht aufhalten. Aber es gibt etwas, das ich beeinflussen kann: Mein Leben und meine Gedanken. Nach welchen Werten möchte ich leben? Mit wem möchte ich mich verbinden? Wie kann ich mir selber treu sein? Ja, wer bin ich überhaupt? Meine irdische Realität wie ich sie heute erlebe wird eines Tages enden. Einen Einfluss auf die nächsten 200 Millionen Jahre habe ich nicht, selbst wenn ich auf die Idee käme, das nächstgelegene Kernkraftwerk in die Luft zu sprengen. Aber wie ich heute in der Welt bin, das kann ich in jeder Minute neu entscheiden.

Heute will ich mir bewusst machen: Dieser Augenblick ist die einzige Zeit, die es gibt und die ich gestalten kann.

Wut

Hallo, Welt!

Jetzt war ich doch so viele Jahre so schön im Frieden mit mir… Ich habe meinen Ärger in mich hineingefressen, hier ein bisschen manipuliert und dort ein bisschen sabotiert, gelegentlich geschmollt und im Großen und Ganzen habe ich versucht das zu tun, was von mir erwartet wurde.
Jetzt auf einmal spüre ich, dass ich schnell entflammbar geworden bin. Irgendwie ist die Thermoverpackung um meine Gefühle abhanden gekommen. Ich spüre WUT!
Gestern sagte ein Service-Mitarbeiter von O2 etwas über die Menüführung auf der Seite. Ich war sofort auf Zinne und blaffte ihn an, ob er mich für blöd halte.
Wenn ich mit dieser Wut in Kontakt komme, bin ich zur gleichen Zeit völlig verblüfft von der Kraft, die dahinter steckt, und von der Reaktion mancher Menschen auf meine Wut. Jemand aus meiner Familie signalisiert mir zum Beispiel, ich sei kindisch, wenn ich wütend sei. Das macht mich mal erst recht wütend. Ein Kollege war unlängst der Ansicht, ich dürfe gar nicht wütend sein. Man müsse sich immer zusammenreißen. Ich würde gern einen konstruktiven Umgang mit meiner Wut finden. Ich möchte die Kraft spüren und nutzen, die damit verbunden ist, und gleichzeitig Respekt für mein Gegenüber zeigen. Aber das habe ich nicht gelernt. Es ist ja neu, mir meiner Wut überhaupt in dieser Weise bewusst zu sein, meine Gefühle so intensiv wahrzunehmen…
Ich schätze mal, der erste Schritt ist für mich, dass ich mich nicht dafür verurteile, wenn ich in meiner Wut nicht so konsiliant oder verbindlich (im Sinne von in Verbindung bleibend) reagiere wie ich es ohne Wut für richtig halte. Und dann versuche ich herauszufinden, welche wunderbaren Bedürfnisse in mir gerade im Mangel sind. Vielleicht gelingt es mir im dritten Schritt, danm wieder angemessen auf den anderen zuzugehen.

So long!

Ysabelle

Wenn andere etwas tun sollen…

„Frage nicht, was der Staat für dich tun kann, sondern warum er es nicht tut.“
Gerhard Kocher, Vorsicht, Medizin, 1555 Aphorismen und Denkanstösse, Verlag Ott/h.e.p. Verlag Bern, 3. erweiterte Auflage mit 88 Cartoons, 2006, ISBN 3-7225-0048-6, S. 263

Vor ein paar Jahren las ich in einem Buch das Zitat „if you want something done, do it!“ Wenn du willst, dass etwas getan wird, mach es! Seither bewegt mich dieser Satz immer wieder. Vor allem, wenn ich der Ansicht bin, jemand anderes müsste, könnte oder sollte … etwas Bestimmtes tun, meldet sich irgendwann die Stimme im Kopf: If you want something done, do it!
Dabei entsteht dann ein aufgeregter Chor: Eine Stimme sagt zum Beispiel, sie könnte ruhig mal anrufen! Und dann meldet sich eine andere Stimme: If you want something done, do it! Wieso eigentlich immer ich? wird dann dagegen argumentiert. Dann schaltet sich die Stimme von Eckhart Tolle zu, der sagt, es sei das Ego, was hier aktiv wird, und das es zu überwinden gilt.
Solche Kopfdialoge sind erst mal nur ein Hinweis darauf, dass es bei mir unerfüllte Bedürfnisse gibt. Geht es zum Beispiel um den Anruf der Freundin, wünsche ich mir vielleicht Ausgewogenheit, Gesehen werden und Wertschätzung. Geht es darum, dass mein Partner den Abwasch macht, brauche ich vielleicht Beteiligung, Unterstützung, Ordnung und Leichtigkeit. Und dann tappe ich in die Abhängigkeitsfalle, wenn ich annehme, der andere müsse doch ahnen, wissen, spüren, die gleichen Werte oder den gleichen Rhythmus haben und von allein das tun, was ich gerade für wichtig erachte.
Wenn es zur Nagelprobe kommt – bin ich bereit, das zu tun, was ich gern haben möchte – erfahre ich unter Umständen viel über die Qualität meiner Beziehung zu meinem Gegenüber. Bin ich überhaupt (noch) bereit, mich für die Verbindung einzusetzen? Oder habe ich so sehr resigniert, dass ein Teil von mir meint, es sei eh verlorene Liebesmüh? Geht es mir um Verbindung, oder geht es mir um meine Payback-Karte, um das voll geklebte Rabattmarkenheft, das der andere endlich einlösen soll? Wenn ich darüber Klarheit habe, kann ich mich neu und frei entscheiden zu tun, was ich für richtig halte.
Heute treffe ich bewusste Entscheidungen, welche Verbindungen ich pflegen und nähren möchte.

Hätte, sollte, müsste…

Es gibt drei Dinge, die Gott allein kennt: den Anfang aller Dinge, die Ursache aller Dinge und das Ende aller Dinge.
Walisisches Sprichwort

Als ich dieses Sprichwort heute in einer Abendmeditation fand, musste ich grinsen. Aus einem anderen Zusammenhang kenne ich den Spruch: Es gibt nur zwei Dinge, die du über die Höhere Macht wissen musst:
1. Es gibt sie.
2. Du bist es nicht.
Und bei dem Thema, das mich heute bewegt, möchte ich mir verschärft ins Gedächtnis rufen: Ich bin es nicht.
Wie mehrfach berichtet in den vergangenen Wochen, haben wir eine Patientin in der Familie. Sie liegt seit längerem im Krankenhaus und trotz intensiver Behandlung ist nicht abzusehen, wann sie wieder nach Hause kommt.
Als ich erfuhr, dass sie ins Krankenhaus kommt, habe ich meinen Sohn unterrichtet. Der mailte zurück, halte mich auf dem Laufenden. Das tat ich auch anfangs, doch es kam keine Reaktion. So entschied ich mich, nichts mehr zu tun. Vor ungefähr 14 Tagen hat er sich dann offenbar einmal bei den Angehörigen nach dem Wohlergehen der Patientin erkundigt. Soweit mir bekannt ist, war es das.
Schon am Wochenende merkte ich, wie meine Wölfe die Zähne fletschten. Er sollte wirklich… er müsste mal… er hätte längst… Immer wenn solche Gedanken aufkamen, rief ich mich zur Ordnung. Das ist nicht GfK!
Heute Morgen habe ich dann ein bisschen mehr Zeit mit den Wölfen zugebracht und mich daran erinnert, dass diese „er sollte“-Sätze einen Schatz in sich bergen. Sie weisen auf meine unerfüllten Bedürfnisse hin. Ich erkannte Mangel an Verbindung, Wertschätzung. Zugehörigkeit und Beteiligung und ich merkte auch, dass ich Angst hatte. Wie würde es sein, wenn ich beispielsweise einmal ernsthaft krank wäre? Wer würde sich um mich kümmern, meine Nachthemden waschen, die Katzen füttern?
Auf einmal war nichts mehr übrig von meinem Status als zürnende Göttin, die genau weiß, was Menschen zu tun und zu lassen haben. Übrig blieb eine große Trauer, dass unser Verhältnis nicht so ist, wie ich es mir wünsche, und dass unsere Verbindung mir so wenig tragfähig erscheint. Und es bleibt auch eine große Ratlosigkeit, wie ich daran etwas ändern kann. Und es entstand Respekt für die Haltung meines Sohnes, der sich eben nur so oft meldet, wie er Lust hat, und nicht so oft wie er „müsste“.

Heute befreie ich mich von den Dingen in meinem Leben, die ich nur aus Pflichtgefühl und nicht aus Freude tue.

Die üblichen Verdächtigen

„Der Grundsatz, nach dem ich entscheide ist: Die Schuld ist immer zweifellos“
Franz Kafka, In der Strafkolonie, 1916. In: Gesammelte Werke: Erzählungen, Hg. Max Brod. Fischer Taschenbuch Verlag 1983, S. 156

 

Sonntag wollte ich das Auto aus der Garage holen und meine Freundin aus ihrem Wagen ein paar andere Schuhe holen. „Am Schlüsselbrett hängt ein Haustürschlüssel am blauen Band, den kannst du nehmen und dich wieder reinlassen,“ sagte ich zu ihr. Doch als wir beide vor dem Schlüsselbrett standen, war da keiner mit einem blauen Band, sondern nur ein Briefkastenschlüssel am schwarzen Band.

Sofort fing mein Hirn an zu galoppieren. Wer hat zuletzt den Schlüssel benutzt? Hing er nicht eben noch da? Hatte ich ihn nicht gerade noch gesehen? Aber die Schlüssel, die ich in der Hand hatte, waren der Autoschlüssel an einem ebenfalls blauen Band und mein eigener an einem roten Band. Wer hatte den Schlüssel zuletzt gehabt und nicht wieder angehängt?

Gleich fielen mir mehrere Sünder ein: Der Heizungsmonteur hatte doch vorige Woche…
Die Freunde, die kürzlich wieder hier gewohnt hatten – hatten die ihn etwa eingesteckt?
Mein alter Freund, der neulich über Nacht zu Besuch war – der hatte bestimmt….
Oder mein Sohn? Hatte er irgendwas abgeholt und meinen Ersatzschlüssel mitgenommen?

Ich marschierte los und holte den Ersatzschlüssel vom Ersatzschlüssel und drückte ihn der Freundin in die Hand. Dann suchte ich in meiner Daunenweste nach einem Taschentuch – und fand in der rechten Außentasche den Haustürschlüssel am blauen Band. Ich hatte ihn selber gerade eingesteckt, in Gedanken, oder vielleicht weil ich ihn meiner Freundin in die Hand drücken wollte. Und als ich ihn nicht fand, sprang sofort die Maschine an, dass ja jemand schuld sein müsse, wenn der Schlüssel nicht an seinem Platz war.

Wenn mein Kopf auf den „Schuld“-Modus schaltet, ist es ein Anzeichen dafür, dass ich in der alten Welt von Richtig oder Falsch verhaftet bin. Ich kann mich daraus lösen, indem ich sorgsam beobachte, was ist.

 

Heute bin ich bereit zu beobachten ohne zu urteilen.

Desiderata

Hallo, Welt!

Eine Kollegin hat mir einmal in wunderbarer Schrift diese Zeilen auf eine große silberne Unterlage gemalt. Mehrere Jahre hing es in meinem Schlafzimmer. Dieser Tage stolperte ich wieder drüber und dachte, das passt hier gut hin.

Max Ehrmann

Desiderata

Go placidly amid the noise and haste,
and remember what peace there may be in silence.
As far as possible without surrender
be on good terms with all persons.
Speak your truth quietly and clearly;
and listen to others,
even the dull and the ignorant;
they too have their story.

Avoid loud and aggressive persons,
they are vexations to the spirit.
If you compare yourself with others,
you may become vain and bitter;
for always there will be greater and lesser persons than yourself.
Enjoy your achievements as well as your plans.

Keep interested in your own career, however humble;
it is a real possession in the changing fortunes of time.
Exercise caution in your business affairs;
for the world is full of trickery.
But let this not blind you to what virtue there is;
many persons strive for high ideals;
and everywhere life is full of heroism.

Be yourself.
Especially, do not feign affection.
Neither be cynical about love;
for in the face of all aridity and disenchantment
it is as perennial as the grass.

Take kindly the counsel of the years,
gracefully surrendering the things of youth.
Nurture strength of spirit to shield you in sudden misfortune.
But do not distress yourself with dark imaginings.
Many fears are born of fatigue and loneliness.
Beyond a wholesome discipline,
be gentle with yourself.

You are a child of the universe,
no less than the trees and the stars;
you have a right to be here.
And whether or not it is clear to you,
no doubt the universe is unfolding as it should.

Therefore be at peace with God,
whatever you conceive Him to be,
and whatever your labors and aspirations,
in the noisy confusion of life keep peace with your soul.

With all its sham, drudgery, and broken dreams,
it is still a beautiful world.
Be cheerful.
Strive to be happy.

Max Ehrmann, Desiderata, Copyright 1952.

Übersetzung von Friedrich Schütter
Desiderata
Geh deinen Weg ohne Eile und Hast,
und suche den Frieden in Dir selbst zu finden
und wenn es Dir möglich ist, versuche den Anderen zu verstehen,
sag ihm die Wahrheit ruhig und besonnen,
und höre ihm zu.
Auch wenn er gleichgültig und unwissend ist,
denn auch er hat seine Sorgen,
egal ob er noch jung und aggressiv oder schon alt und müde ist.

Wenn Du dich mit all den anderen vergleichst,
wirst du feststellen, Du lebst unter Menschen, die
entweder größer oder kleiner,
besser oder schlechter sind als Du selbst!

Sei stolz auf deinen Erfolg und denke auch an deine Karriere
Aber bleibe bescheiden,
Denn das Schicksal kann sich jederzeit wenden.
Sei vorsichtig in deinen Geschäften
denn die Welt ist voller List und Tücke.
Aber lass dich trotz allem nicht von deinem Weg ablenken.

Viele Leute reden von hohen Idealen
und überall wird Heldenmut angepriesen.
Bleibe Du Selber und heuchle nicht mit Gefühl;
Steh der Liebe nicht zynisch gegenüber,
denn sie ist das einzige was wahr und unvergänglich ist.

Sei dankbar über jedes Jahr, das Du erleben darfst
Auch wenn mit jedem Tag ein Stück Deiner Jugend entschwindet,
bereite dich auf den Augenblick vor,
in dem etwas unvorhergesehenes in dein Leben tritt.
Aber zerstöre dich selbst nicht aus Angst vor der Einsamkeit.
Sei immer so, dass Du vor Dir selbst bestehen kannst.

Du hast ein Recht auf der Welt zu sein,
genau wie die Blume, die blüht
und wie ein Stern in der Nacht.
Doch auf dieser Welt lebst Du nicht allein.
Hast du schon irgendwann mal darüber nachgedacht?

Darum schließe Friede mit Gott,
wo immer er Dir auch begegnet.
Ganz gleich, was das Leben dir auch an Schwierigkeiten auferlegt.
Lass nicht durch Lug und Trug deine Ideale zerbrechen.
Versuche auf ihr zu Leben und glücklich zu werden!

So long!

Ysabelle

Buchtipp: C. Tipping – Ich vergebe

Hallo, Welt!
Heute mal ein Buchtipp. Ein GfK-Freund erwähnte es gestern und die Erinnerung an das Buch wurde gleich wieder lebendig…

Ich vergebe.
Der radikale Abschied vom Opferdasein (Taschenbuch)
von Colin C. Tipping (Autor)

20 Euro, J. Kamphausen-Verlag

Ich weiß nicht, was mich 2007 geritten hat, dieses Buch zu bestellen, aber es ist richtig Arbeit, es durchzulesen. Ich glaube, es war der Untertitel, der mich angesprochen hat: Radikaler Abschied vom Opferdasein. Ich habe mich in der Vergangenheit sehr oft als Opfer gesehen. Als Opfer der „Erziehung“ in meiner Ursprungsfamilie, als Opfer in der Partnerschaft. Da war es doch ein verlockender Gedanke, mich nicht mehr so zu fühlen. Denn Opfer sein lähmt mich, macht mich hilflos, ich scheine keinen Handlungsspielraum zu haben, wenn ich „im Opfer bin“.

Das Buch wollte ich bestimmt schon x-mal in die Ecke feuern. Der Holocaust – alles eine Inszenierung, aus der die Beteiligten was lernen sollen? Vergewaltigungsopfer sollen ihrem Täter dankbar sein, weil er sie etwas lehrt? Das übersteigt mein Vorstellungsvermögen dann doch sehr.
Und trotzdem habe ich weiter gelesen. Trotzdem war da irgendetwas an dem Buch, was mich „bei der Stange“ gehalten hat.
Angesprochen hat mich das Konzept, dass ich mir immer wieder bestimmte Erfahrungen suche, um Dinge aus meiner Vergangenheit zu heilen. Zum Beispiel kann ich sehen, wie ich die Dramen meiner Kindheit in meinen Partnerschaften re-inszeniere. Und ich kann sehen, dass ich dazu fröhlich einen Beitrag leiste. Durch das Buch habe ich zum Beispiel erkannt, dass eines meiner Wurzelprobleme darin besteht, dass ich mich selbst für so wenig liebenswert gehalten habe. Also habe ich dazu beigetragen in Situationen zu kommen oder darin zu verharren, in denen diese alte Botschaft bestätigt wird.

Das Buch hilft mir dabei zu erkennen, dass das, was ich als Opfer-Dasein empfinde, vielleicht einfach nur einen neuen Bezugsrahmen braucht. So als ob ich vorher auf ein Detail in einem Foto gestarrt habe und plötzlich stellt sich heraus, das Puzzle-Teil, auf das ich starre, erscheint nur wie ein leerer Becher auf einem Tisch. wenn ich die weiteren Teile anlege, erkenne ich, dass daneben eine volle Kanne steht, Brot, Brötchen, Wurst, Marmelade, Käse..

Ich habe durch das Buch das erste Mal so klar gesehen, was in meiner Partnerwahl so häufig für Probleme sorgt. Im Ansatz war mir das schon klar, als ich Norwoods „Wenn Frauen zu sehr lieben“ gelesen hatten. Nach Tipping verstehe ich es noch ein bisschen besser. Und das Spannende ist: Ich kann meinen früheren Partnern, so bescheiden sie sich teilweise verhalten haben,. heute wirklich dankbar sein. Sie haben Finger auf die Wunden gelegt. ich hatte wieder und wieder die Chance, meinen Bezugsrahmen zu ändern. UND ICH MERKE: Wenn ich mich selbst verändere, muss der andere mir auch nicht mehr diese Impulse liefern. Ich kann mir vorstellen, dass sich das ziemlich wirr liest. Aber ich kann wirklich anfangen,. Leuten dankbar zu sein für die Bereitstellung von Lektionen in meinem Leben. Ich habe mal zu einem früheren Chef gesagt: „Aber ich wollte Dir doch nur helfen“… das muss ungefähr 1984 gewesen sein. Und seine barsche Antwort damals war: Du bist nicht hier, um mir zu helfen, sondern um Deine Arbeit zu machen… Und es mussten mehr als 20 Jahre vergehen, bis ich erkennen durfte, dass er recht hatte, und dass mir schon damals eine Inventur meiner Beziehungen oder meiner beruflichen Situation sehr geholfen hätte… wenn ich denn begrifen hätte, worum es überhaupt geht.

Der Chef war ein Cholekriker. fachlich brillant, aber menschlich ein Suchtler durch und durch. Und doch bin ich ihm heute – er starb vor ein paar Jahren – wirklich aus tiefem Herzen dankbar. So deutlich wie in der Zeit, in der ich innerlich jeden Tag mit mir gekämpft habe UND NICHT AUFGEGEBEN habe ich nur sehr selten gespürt, dass ich meinen Bezugsrahmen verändern muss… dass der Bildausschnitt eben nicht alles sagt.

Und das Buch hilft mir, auf einer Ebene, die ich nicht beschreiben und benennen kann, Liebe für Menschen in meinem Leben zu empfinden, auch wenn ich mit ihnen im Konflikt bin. Sie sind meine Lehrer. das betrifft meinen Sohn, meine früheren Partner, Kollegen oder andere Menschen, mit denen ich mich austausche. So gesehen haben sich die 20 Euro auf jeden Fall gelohnt.

Übrigens kann man hier ein cooles Arbeitsblatt runterladen. Und die Arbeit damit ist gar nicht so weit entfernt von den vier Schritten der Gewaltfreien Kommunikation. Es gibt da auch ein Probekapitel aus dem Buch für alle, die jetzt neugierig geworden sind.

So long!

Ysabelle

HIL-FE!

Hallo, Welt!
ich hatte gerade ein einstündiges Telefonat mit dem Partner der Patientin, die seit Wochen unsere Familie „in Atem hält“ (tut sie natürlich nicht wirklich, wir halten uns in Sachen Betreuung und Ähnliches in Atem). Vorgestern Abend hat die Patientin im Krankenhaus einen Schwächeanfall erlitten und liegt jetzt auf der Intensivstation. Der Partner macht sich Vorwürfe, weil er das medizinische Personal nicht am Freitagabend von seinen Bedenken unterrichtet hat. Und dann ging es immer hin und her: Die Ärzte haben dies und das bei der Anamnese versäumt, ich hätte anrufen müssen… die sind scheiße, ich bin scheiße…

 

Er zitierte aus einem Arztbrief, in dem ein Kardiologe geschrieben hatte, „die Patientin ist uns bestens bekannt“, und sagte, das heißt, die Patientin ist eine Simulantin. Ich kam mir vor, als ob ich mit einer Machete vor einem undurchdringlichen Dschungel aus Urteilen, Diagnosen und Ängsten stehe. „Was genau hat der Arzt gesagt? Was genau stand in dem Brief? Was ist die Beobachtung, wenn du sagst, sie sei fast gestorben? Ist sie reanimiert worden?“

 

Hilfe! Ich will eine Welt, in der wir alle Beobachtung und Bewertung voneinander trennen können! Ich fühle mich so angespornt im Moment, das noch mehr, noch „besser“ zu lernen, und in die Lage zu kommen, Menschen besser Einfühlung zu geben, statt sie zu belehren. Am liebsten würde ich sofort den nächsten Kurs anfangen. SO kann es nicht weiter gehen.

 

So long!
Ysabelle

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