Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Die Bitte um Einfühlung

„Jeder wahre Lehrer, jeder Arzt, jeder Therapeut, aber auch jeder Seelsorger kennt den eigentümlichen Sprung, der sich in seiner Beziehung zu dem ihm aufgegebenen Menschen vollzieht in dem Augenblick, in dem er nicht anders kann, als sich dem anderen gegenüber selbst zu öffnen und nun durch sein Amtskleid hindurch als der ganze Mensch hervortritt und so dem anderen als er selbst begegnet. Bei allen Gefahren, die damit verbunden sind – er weiß und spürt es: Erst jetzt erreicht er den anderen wirklich von Person zu Person.“ – Karlfried Graf Dürckheim, Vom doppelten Ursprung des Menschen

Vor einiger Zeit plagten mich arge Zahnschmerzen. Es stellte sich heraus, dass ein Backenzahn gezogen werden musste. Ich zitterte mich morgens in die Praxis, fürchtete die Schmerzen und die Geräusche beim Herausreißen des Zahns.

Meinen Zahnarzt kenne ich nun schon 27 Jahre und ich mag ihn sehr gern. An diesem Morgen kam er ins Behandlungszimmer und erzählte einen seiner üblichen Kalauer. Mir war nicht zum Scherzen zumute und ich antwortete: „Ich habe Angst!“
Irritiert entgegnete mein Zahnarzt: „Aber ich mach das doch nicht zum ersten Mal… “

Ich war gleichzeitig ärgerlich und musste trotzdem lachen. Wolfsohren innen, Wolfsohren außen… Es schien ganz so, als habe mein Zahnarzt meine Angst als Misstrauensvotum aufgefasst. „Sie können das nicht!“ Dabei hatte ich mit meiner Äußerung auf eine ganz andere Reaktion gehofft. Ich hatte mir Einfühlung gewünscht.

Heute wird mir noch einmal ganz deutlich, dass es leider meist nicht so einfach funktioniert. Von meiner Seite aus gab es keine klare Bitte, die mein Zahnarzt hätte erfüllen können. Wie hätte diese Bitte aussehen können? Vielleicht dass ich mich rückversichere, ob unsere alte Vereinbarung noch gilt, dass er sofort aufhört, wenn ich ein Handzeichen gebe. Oder dass er mir noch einmal in Ruhe erklärt, was er tun wird. Ich bin aufgefordert zu überlegen, wie er zu meiner Beruhigung oder Entlastung beitragen kann. Woher soll er wissen, was ich in diesem Moment brauche?

Trotzdem habe ich mir von vielen Ärzten bisher vergebens mehr Einfühlung erhofft. Ob beim Mammografie-Screening oder beim Internisten: Ich möchte gesehen werden, Ernst genommen, ich wünsche mir Klarheit, Verständnis, Verbindung, Ehrlichkeit und Beteiligung. Ich bekomme bestimmt leichter, was ich mir wünsche, wenn ich bereit bin, konkrete Bitten zu formulieren.

Heute will ich mir bewusst werden, dass andere Menschen nur selten meine Gedanken lesen können und es daher hilfreich ist, wenn ich klare Bitten formuliere.

Neue Seiten braucht das Land!

Hallo, Welt!

Ich tue mich noch immer schwer mit der Technik in diesem Blog. Nun habe ich eine neue Seite angelegt. Ihr findet sie unter dem Feld „Startseite“ auf der rechten Seite. Und dort steht ein Text von meinem Freund Markus übers Zuhören. Da ich den Text nicht selbst geschrieben habe, ist er quasi separat gestellt, und ich wünsche Euch viel Freude und Bereicherung beim Lesen.

Ich habe heute Abend jemandem zugehört, der vom Tod seines Vaters erzählt hat. Obwohl das Thema traurig war, hat es mich berührt, so ganz beim anderen sein zu dürfen, nichts tun zu müssen. Ich bin dankbar, dass ich dieses Gespräch hatte. Wie ist es mit Dir? für welches Gespräch der letzten Tage bist Du dankbar?
Vielleicht magst Du es hier teilen.

So long!

Ysabelle

Ein ungewöhnliches Gebet

Hallo, Welt!

Durch die GfK wurde auch die Kluft zwischen meinem früheren Mann und mir überbrückt. Heute fand ich in meinem Briefkasten eine Mail von ihm, die das folgende Gebet enthielt.

Ich bin berührt, weich, friedlich und warm, wenn ich diese Zeilen lese, und auf wunderbare Weise erfüllen sie meine Bedürfnisse nach Wertschätzung, Verbindung, Harmonie und Vertrauen.
Das ist sicher etwas, was ich feiern kann.

So long!

Ysabelle


Dear Lord,

Every single evening
As I’m lying here in bed,
This tiny little Prayer
Keeps running through my head:

God bless all my family
Wherever they may be,
Keep them warm
And safe from harm
For they’re so close to me.

And God, there is one more thing
I wish that you could do;
Hope you don’t mind me asking,
Please bless my computer too.

Now I know that it’s unusual
To Bless a motherboard,
But listen just a second
While I explain it to you, Lord.

You see, that little metal box
Holds more than odds and ends;
Inside those small compartments
Rest so many of my friends.

I know so much about them
By the kindness that they give,
And this little scrap of metal
Takes me in to where they live.

By faith is how I know them
Much the same as you.
We share in what life brings us
And from that our friendships grew.

Please take an extra minute
From your duties up above,
To bless those in my address book
That’s filled with so much love.

Wherever else this prayer may reach
to each and every friend,
Bless each e-mail inbox
And each person who hits ’send‘.

When you update your Heavenly list
On your own Great CD-ROM,
Bless everyone who says this prayer
Sent up to GOD.(dot)Com

Amen

Hader

Hallo, Welt!

ich bin heute Abend unzufrieden und mürrisch. Ich bin auch noch ein paar andere Sachen, schöne Gefühle sind ebenfalls lebendig, aber jetzt gerade will ich auf meinen Hader blicken.

Übers Wochenende habe ich an einem Workshop zum Thema Lösungsbewusstsein teilgenommen, was spannend und interessant war. 80 Prozent der Inhalte habe ich im Laufe meiner GfK-Ausbildungen schon kennen gelernt, aber eben die Sachen noch nie unter dem Aspekt Lösungsbewusstsein betrachtet. Der Therapeut erfragte, aus welcher „Richtung“ ich komme, und als er hörte, „Gewaltfreie Kommunikation“, hatte er einige Anmerkungen was GfK leisten kann und was nicht.

Ich war von Null auf der Palme in zwei Sekunden. Meine geliebte GfK, und dann soll gerade die Leute „weichspülen“? Er sagte, er hätte Klienten gehabt, die eine Trainerausbildung hatten und zu ihm als Patienten gekommen seien, weil sie mit ihren Aggressionen nicht klar kamen, und dafür wäre das eben nichts…. zong! ging meine innere Rakete ab… Ich wusste genau, mein Verhalten war der Sache nicht dienlich, weder warb ich damit bei den anderen Seminarteilnehmern für die GfK, noch konnte ich den Therapeuten davon überzeugen, dass in meinen Augen die GfK sehr wohl alles das kann, was der ihr absprach… Ein Teil von mir wusste, Einfühlung wäre es gewesen, aber ich hatte keine Einfühlung, weder für ihn, noch für mich!

Zum Schluss schlossen wir einen trügerischen Frieden. GfK ist gut, aber ersetzt keine Therapie, sagte der Therapeut (bei dem ich mich übrigens sehr wohl gefühlt habe). Und das konnte ich so stehen lassen. Wobei es in Hamburg mit Gerlinde Fritsch eine Therapeutin gibt, die GfK-Grundsätze in ihrer Arbeit anwendet und das wunderbare Buch „Praktische Selbst-Empathie“ geschrieben hat. Oh, das war so schwer zu hören für mich! Ich glaube, mein inneres Kind konnte nicht aushalten, dass der Mann die GfK nicht SO soll fand, wo doch meine Kleine findet, es wäre das Beste seit der Erfindung von Schnittbrot.

Wobei – ich habe ja etwas im Seminar auch über meinen Schatten etwas gelernt (der Schatten als Medizin…): Dass ich überhaupt auf die „Kritik“ so scharf reagiert habe, könnte ein Indiz dafür sein, dass ich selbst der GfK nicht immer all das zutraue. Ich verteidige sie also nicht gegen den Therapeuten, sondern gegen die Ängste und Zweifel in meinem Inneren.

Oh, damit kann ich viel besser leben.

Was brauche ich? Ich brauche Gewissheit, dass ich wirklich alles mit der GfK machen/lösen/heilen kann. Braucht das meine Erwachsene oder mein Kind? Wahrscheinlich eher das Kind. Ich glaube, das Kind nimmt heute Abend seine Riesengiraffe in den Arm und schläft eine Runde. Und die erwachsene Ysabelle kümmert sich weiter darum, so viel wie möglich zu lernen und zu wachsen und sich selbst eine liebevolle GfK-Begleiterin zu sein. Es gibt in diesem Fall nichts zu betrauern. Ich mache es so gut ich kann. Und das ist zu jeder Zeit gut genug.

So long!

Yasabelle

Einfühlendes Zuhören

Jemandem Einfühlung geben, heißt mit aller Aufmerksamkeit bei der anderen Person zu sein.
Einfühlung kann bedeuten, bloß zu nicken oder mhmhmh zu sagen oder still zuzuhören, je nach der Individualität der Person, die Einfühlung gibt.

Einfühlung bedeutet, dass ich zu Besuch bei der anderen Person bin, also nicht bei mir.

Wenn mir die andere Person etwas erzählt, das sehr traurig ist, dann verstehen das manche so, dass ich auch traurig sein soll und dass ich mitfühle.

Aber darum geht es nicht. Ich kann wahrnehmen, dass die andere Person traurig ist und z. B. im Moment keinen Sinn mehr in ihrem Leben sieht und gleichzeitig muss es nichts mit meinem Gefühl zu tun haben. Ich kann zufrieden sein.

Beim Einfühlen geht es nicht ums Verstehen der Gefühle, sondern darum, bei der anderen Person zu sein.

Wenn ich jemandem Einfühlung gebe, kann es eine Hilfe sein, die Gefühle der anderen oder die Bedürfnisse der anderen Person zu vermuten. Auch wenn die Vermutungen nicht stimmen, wird die andere dadurch klarer, bzw. nennt dann das stimmige Gefühl oder Bedürfnis.

Wenn man mit seinen Gefühlen verbunden ist, wird die Stimme leiser. Wenn ich jemandem Einfühlung gebe und die Stimme bleibt gleich oder geht höher, gebe ich nicht wirklich Einfühlung.

(aus den Unterlagen zum Grundkurs „Gewaltfreie Kommunikation @Anja Kenzler)

Offene Weite… nichts von heilig…

Hallo, Welt!

Dieses Wochenende mache ich ein Seminar über Achtsamkeit mit. Die Achtsamkeit mir selbst gegenüber erfordert es, jetzt sofort ins Bett zu gehen. Ich fand aber im Zusammenhang mit dem Seminar ein schönes Zitat in den Weiten des Netzes, das Euch vielleicht auch Freude macht.


Zen, ein Weg jenseits von Schriften und Dogmen, bietet keine Lehre, kein Geheimnis und keine Antworten. Es entzieht sich der Vernunft und verweist stets auf das Offenkundige. Was Zen ist, woher es kommt und wie es im Westen allmählich ankommt.
<...>

Der Überlieferung zufolge soll es in Indien nach Mahakashyapa noch 27 Zen-Patriarchen gegeben haben, bis der 28., namens Bodhidharma, Zen im sechsten Jahrhundert nach China brachte. Legendär ist seine Begegnung mit dem chinesischen Kaiser, dem er auf die Frage, was denn der höchste Sinn der Heiligen Wahrheit sei, antwortete: „Offene Weite – nichts von heilig.“ Er ließ sich im Shaolin-Kloster nieder und soll neun Jahre vor einer Wand in Zazen gesessen haben. Ihm werden auch die folgenden vier Zeilen zugeschrieben, in denen das Selbstverständnis des Chan/Zen prägnant zum Ausdruck kommt:

Eine besondere Überlieferung außerhalb der Schriften
unabhängig von Wort und Schriftzeichen:
unmittelbar des Menschen Herz zeigen –
die eigene Natur schauen und Buddha werden.

So long!

Ysabelle

Vom Mangel zum Überfluss

„Das Misstrauen gegen den Geist ist Misstrauen gegen den Menschen selbst – ist Mangel an Selbstvertrauen.“ – Heinrich Mann, Geist und Tat (entst. 1910) Frankfurt am Main 1981, S. 13

Es gibt einen Menschen, der meinem Herzen sehr nahe steht. Doch wenn ich diesem Menschen zuhöre und ihm eigentlich Einfühlung geben möchte, komme ich immer wieder an meine Grenzen.

Nennen wir ihn Eberhard. Er hat einen netten Freundeskreis, einen interessanten Job mit wohlgesonnenen Arbeitskollegen, er interessiert sich für Sportveranstaltungen und hat sich inzwischen einen Kreis von Menschen aufgebaut, die wie er Freude daran haben, zum Fußball oder Tennis zu gehen.

Eberhard wünscht sich von ganzem Herzen ein Gegenüber, jemand, mit dem er sein Leben teilen kann. Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen Eberhard den Mangel betrauert. Ist er gerade intensiv beschäftigt und hätte so gern tatkräftige Unterstützung. Da ist niemand, der mein Leben teilt! sagte er dieser Tage.
Ich kann das schwer hören.
Mir ist bewusst, dass Eberhard sich Gemeinschaft, Wärme, Unterstützung, Nähe, Zärtlichkeit, Intimität, Nähe, Geborgenheit, Sicherheit, Beteiligung, Leichtigkeit und vielleicht noch manches andere wünscht. In all diesen Bedürfnissen erkenne auch ich mich wieder. Und trotzdem gelingt es mir nicht, ihm Empathie zu geben.
Ich selber habe viele Jahre im Mangel gelebt. Mein Glück war eine Schachtel Pralinen, die andere in der Hand hielten. Doch in den vergangenen vier Jahren hat sich dieser Mangel nach und nach verflüchtigt, wie Nebel, der morgens über den Wiesen liegt. Wenn die Sonne herauskommt, steigen die Schleier auf, Wärme und Licht sind für uns da.

Mein Gefühl des Mangels hat sich in ein Gefühl von Überfluss, Geborgenheit, Sicherheit und Wärme gewandelt. In mir ist heute häufig die Gewissheit lebendig, dass alles für mich bereit steht. Wer sich selbst verändert, ändert die Welt. Es gibt in dieser Welt nichts zu verbessern, aber sehr viel an sich selbst. las ich heute in einem Buch. Und ich möchte betrauern, dass es mir noch nicht gelingt, für andere einfach nur empathisch da zu sein, sondern dass ich immer noch missionarisch unterwegs bin, um sie zu überzeugen: Alles steht für DICH bereit.

Heute will ich achtsam mit mir selbst umgehen, wenn ich andere missionieren will. Was brauche ich, um für mein Gegenüber einfach nur da zu sein?

Camelot liegt in Legoland

Wunder der Technik! Ich vergesse immer wieder, wie das geht mit dem Einbetten von Videos, und dann klappt es doch irgendwie. Hier ein Liebling von mir: „Die Ritter der Tafelrunde“ mit dem Originalsound von Monty Python, aber nachgespielt mit Lego-Figuren. Viel Spaß damit! Ernst werde ich wieder morgen!

Selbstloses Handeln und Mitgefühl

Hallo, Welt!

Es gibt einen Begriff dafür, wenn plötzlich Dinge auf einen einpurzeln, die man vorher gar nicht auf dem Schirm hatte. Er fängt mit A an und ich habe ihn gerade nicht abrufbar***. Jedenfalls habe ich gestern im Spiegel (Print) die Meldung über Babys gelesen, die Hilfsbereitschaft erkennen. Und heute fand ich folgenden Artikel im Spiegel Online, den ich hier reinkopiere, weil ich fürchte, dass er beim Spiegel irgendwann rausfliegt. Und dann wäre die Information nicht mehr erreichbar. Viel Spaß beim Lesen!

So long!

Ysabelle

12. April 2010, 16:14 Uhr
Altruismus-Forschung
Die Suche nach dem Guten in uns

Aus Zürich berichtet Gerald Traufetter

Wie können Menschen zu selbstlosem Handeln und Mitgefühl gebracht werden? Um eine Antwort zu finden, stecken Hirnforscher mitunter gar Mönche in Kernspintomografen. Jetzt haben sich Ökonomen in der Schweiz mit dem Dalai Lama zusammengetan, um sich dem Wesen des Guten zu nähern.

Der Mensch ist selbstsüchtig. Auf dieser Prämisse gründen Wirtschaftswissenschaftler ihre Theorien über den Markt und seine Mechanismen. Der Mensch besitzt gar ein Egoismus-Gen. So lautet das Mantra vieler Biologen.

„Das stimmt so nicht“, sagt der Ökonom Ernst Fehr von der Universität Zürich, der seit einigen Jahren einen Kampf für die Anerkennung des Guten im Menschen führt. Jetzt hat der Forscher geistigen Beistand gefunden: den Dalai Lama. An diesem Wochenende saß er mit dem Oberhaupt der buddhistischen Tibeter viele Stunden auf einem Podium im Zürcher Kongresshaus. „Altruismus und Mitgefühl im Wirtschaftssystem“ lautet der Titel der Konferenz. Mit dabei waren: Hirnforscher, Psychologen, Ökonomen und sogar Finanzinvestoren.

Für einen Wissenschaftskongress ist das ein ungewohntes Bild: Der Dalai Lama hat die Beine zum Schneidersitz gefaltet, trägt eine rote Baseballkappe gegen das Scheinwerferlicht. Vor dem weißen Sessel stehen seine Schuhe. Hinter ihm sind blühende Kirschzweige zu sehen. „Mein Wirtschaftswissen ist gleich null“, sagt er gleich zu Beginn und lacht sein kehliges Lachen. Niemand der über 500 Gäste würde ihm dieses Geständnis übelnehmen.

Der Dalai Lama hört sich an, was Fehr zum Forschungsstand zu berichten hat: In Spielexperimenten sind Menschen bereit, eine Geldsumme mit einer anderen Person zu teilen, obwohl sie das eigentlich nicht machen müssten. „Das Gerechtigkeitsempfinden ist sehr stark ausgeprägt, über alle Kulturen hinweg“, sagt Fehr.

Schwieriger wird es schon, wenn man eine Vierergruppe von Menschen anonym auffordert, Geld für eine Gemeinschaftsaufgabe zu geben – und ihnen die Möglichkeit lässt, nichts zu zahlen, aber trotzdem von dem Geld zu profitieren, das andere einzahlen. Im Steuersystem gibt es solche Betrüger oder in der U-Bahn die Schwarzfahrer. „Schmarotzer finden wir immer“, berichtet Fehr von seinen Studien. Vor allem sei das so, wenn seine Experimente in Ländern gemacht werden, wo Misswirtschaft und Korruption herrschen. „Der Mensch handelt nur altruistisch im Bewusstsein, dass andere sich auch so verhalten“, sagt er und wirft eine Grafik an die Wand mit einer stark abfallenden Kurve. „Wo immer Egoisten auf den Plan treten, bricht Kooperation zusammen.“

Mönch im Kernspintomografen

Vertrauen, Altruismus und Mitgefühl sind in den Augen des Experimentalökonomen wichtige Bedingungen für Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg. Darin liegt auch die Schnittstelle zum Buddhismus. Religiöse Praktiken wie die Meditation, so doziert der Dalai Lama, dienten zum Erlernen von Mitgefühl und Selbstlosigkeit: „Buddhismus, das ist eigentlich die Wissenschaft vom Geiste.“

Was Fehr besonders interessiert: die Fähigkeit buddhistischer Mönche, bestimmte Gefühlszustände durch Meditation bewusst herbeizuführen. Er beobachtet sie im Kernspintomografen, um zu studieren, welche Hirnregionen bei altruistischem Verhalten aktiv sind. Eines jener Studienobjekte war in Zürich anwesend: Matthieu Ricard, ein Franzose und gelernter Molekularbiologe, der seit über 20 Jahren in einem buddhistischen Kloster in Asien lebt. „Mit nur wenigen Monaten Training kann man Mitgefühl in sich entstehen lassen“, sagt Ricard und berichtet von hirnphysiologischen Experimenten, die zeigen, dass Menschen, die regelmäßig meditieren, mehr Anteilnahme zeigen, wenn man ihnen etwa Bilder von leidenden Menschen vorführt.

Um sich in eine Stimmung von Anteilnahme zu versetzen, stelle man sich zunächst eine Person vor, von der man bedingungslose Liebe erfahren habe. „Für viele ist das die eigene Mutter“, sagt Ricard. Schrittweise dehne man dann dieses Gefühl aus auf alle Menschen. „Das ist, wie wenn man sich vorstellt, dass die Sonne nicht nur auf einen selbst scheint, sondern auf alle Lebewesen.“

Solche Ideen waren lange nichts für nüchterne Forscher, und auch heute würde nicht jeder Wissenschaftler seine Labore für spirituelle Menschen wie Ricard öffnen. „Ich bin selber kein Buddhist“, sagt Fehr. Ihn interessiere aber, ob man Menschen zum Altruismus erziehen könne, und da habe er die Vermutung, dass der Buddhismus helfen könne.

„Gebt mir dieses Oxytocin“

Eine Mitstreiterin von Fehr ist Tania Singer, die Professorin an seinem Institut ist. In ihren Experimenten macht sie die Versuchspersonen vertrauensseliger durch ein Hormon namens Oxytocin, das sie in die Nase der Studienteilnehmer sprüht.

„Gebt mir dieses Oxytocin“, scherzt der Dalai Lama, während Singer ihm und den Kongressteilnehmern von ihren Versuchen berichtet. Sie sagt: „Das wirkt aber nur 20 Minuten.“ Woraufhin der Dalai Lama erwidert: „Egal.“ Dabei will Singer in jetzt anlaufenden Versuchen das Oxytocin ersetzen, indem sie ihren Probanden das Meditieren beibringt. „Unsere Hypothese ist, dass Menschen mit Mitgefühl deutlich altruistischer sind“, sagt Singer. Sie ist unter anderem an der Erforschung bestimmter Nervenzellen beteiligt, sogenannter Spiegelneuronen, die helfen, den Gemütszustand des Gegenübers zu erkennen.

Singer und Fehr sind auf einem Forschungsfeld aktiv, das in der letzten Zeit populär geworden ist. An der Eliteuniversität Stanford etwa haben Hirnforscher gemeinsam mit dem Dalai Lama das Center for Compassion and Altruism Research gegründet. Außerdem sind eine ganze Reihe von Sachbüchern zum Thema erschienen, von so unterschiedlichen Autoren wie dem US-Ökonomen Jeremy Rifkin und dem Affenforscher Frans de Waal.

Es hängt wohl vor allem mit der globalen Finanzkrise und dem Unmut über die Gier der Banker zusammen, dass derzeit so viel über Altruismus geredet wird. Der Ökonom Fehr ist davon überzeugt, dass ein gerechtes, demokratisches und gut organisiertes Staatswesen nötig ist, um mehr Gemeinsinn zu stiften. Fehr glaubt an die Veranlagung des Menschen zum Guten. „Die meisten Menschen haben eine optimistische Vorstellung darüber, dass die Mitmenschen altruistisch sind.“

Ihn stört auch nicht, dass einige Menschen Gutes nur tun, um sich selber gut zu fühlen. Da ist er Wirtschaftswissenschaftler und Pragmatiker. Es komme auf das Resultat an. Hauptsache sei doch, dass die Menschen kooperieren, statt sich gegenseitig auszustechen. „Aus welchen Motiven auch immer“, sagt Fehr.

Der Dalai Lama wusste zu dem zweischneidigen Charakter des Altruismus eine Anekdote zu erzählen. Manchmal, so sagt der Religionsführer, lasse er sich ganz selbstlos von einer Mücke stechen und Blut saugen. „Ein Wohlgefühl stellt sich nachher allerdings nicht ein.“

*** 20.45 h
Affinität. Bin fast crazy geworden heute tagsüber. Ich wusste, der Begriff wurde in einem Buch von Thorwald Detlefsen erklärt, aber ich konnte nicht drauf zugreifen. Affinität.

Hinter der „Zufallskette“, die die meisten schon mal in irgendeiner Form erlebten, steckt nichts anderes als das Affinitäts- oder Resonanzgesetz.

Puh! Jetzt freue ich mich, das ich es gefunden habe!

So long!

Ysabelle

Babys schätzen Hilfsbereitschaft

Hallo, Welt!

Durch einen Artikel im Spiegel (Nr. 15, S. 123) bin ich auf dieses Thema aufmerksam geworden. Es hat mich sofort an Marshalls Botschaft erinnert: If something is worth to be done it is also worth to be done poorly. Also auch wenn meine Hilfe nicht erfolgreich ist, kann sie andere Menschen glücklich machen. Und das wissen sogar Babys. Im Spiegel-Artikel steht, dass Babys später den Menschen helfen, die versucht haben, ihnen zu helfen, selbst wenn dieser Versuch nicht vom Erfolg gekrönt war. Offensichtlich ist Beitragen wirklich bei uns Menschen eingebaut. Ist das nicht wunderbar?

So long!

Ysabelle

Säuglinge können das Geschehen um sie herum erstaunlich gut deuten, belegen Versuche amerikanischer Psychologinnen. Schon 6 Monate alte Kinder bewerten Helfer als positiv, auch wenn sie selbst nur unbeteiligte Beobachter sind. Wer anderen Steine in den Weg legt, wird dagegen negativ eingeschätzt.

Die blaue Figur drängt die rote Figur den Hang hinab. Kein feiner Zug, finden schon Säuglinge. Foto: Kiley Hamlin, Yale University

Aus früheren Studien wisse man, dass Kinder in den ersten 6 Lebensmonaten äußerliche Merkmale zum Einschätzen einer Person nutzten, schreiben Kiley Hamlin und ihre Kolleginnen von der Yale University im Magazin “Nature”. Die neuen Resultate zeigten erstmals, dass Säuglinge auch das Handeln gegenüber Dritten bewerteten.

Die Forscherinnen führten ihre Versuche mit 6 und 10 Monate alten Säuglingen durch. Auf dem Schoß eines Elternteils sitzend, sahen diese, wie ein bunt angemaltes Holzklötzchen mit großen Kulleraugen einen Berg zu überwinden versuchte. Mal wurde es schließlich von einer weiteren Holzfigur den Berg hinauf geschoben, mal von einer anders gestalteten Figur den Berg hinab gedrängt. Vor die Wahl zwischen Helfer und Störer gestellt, langten praktisch alle Kinder nach der hilfreichen Holzfigur. Und zumindest die 10 Monate alten Kinder schienen verblüfft zu sein, wenn der Bergsteiger selbst die Gesellschaft des Störenfrieds suchte.

Wurde das Bergsteiger-Szenario um eine vierte, weder helfende noch störende Figur ergänzt, sortierten die Kinder diese auf ihrer Sympathieskala zwischen Helfer und Störenfried ein. Bewegten sich Holzfiguren ohne Interaktion bergauf bzw. bergab und trugen sie keine Kulleraugen, legten die Säuglinge dagegen keinerlei Präferenz an den Tag.

“Unsere Beobachtungen lassen vermuten, dass Menschen sehr viel früher in ihrer Entwicklung soziale Evaluation betreiben als bislang angenommen”, folgern Hamlin und Kolleginnen. Offenbar stelle sich diese Fähigkeit von selbst ein und benötige keine Erfahrungen am eigenen Leibe oder Erzählungen von anderen.

Forschung: J. Kiley Hamlin, Karen Wynn und Paul Bloom, Department of Psychology, Yale University, New Haven, Connecticut

Veröffentlichung Nature, Vol. 450, 22. November 2007, pp 557-9, DOI 10.1038/nature06288

Komm und spiel mit meinem Schmerz…

„Ohne Mitleiden ist kein Mitfreuen.“ – Franz von Baader, Vierzig Sätze aus einer religiösen Erotik. In: Sämmtliche Werke. 4. Band. Hrsg. von Franz Hoffmann. Leipzig: Bethmann, 1853. S. 193.

Mitleid ist eine Empfindung, die in der Gewaltfreien Kommunikation nicht vorgesehen ist. Ist das gefühllos? Roh? Marshall Rosenberg schreibt in einem seiner Bücher von einer Freundin, die schwer erkrankt war, und ihn bat: „Komm und spiele mit meinem Schmerz!“ Das mag zunächst sehr befremdlich klingen, beinhaltet aber ein besonderes Geschenk. Häufig ist es so, dass es für denjenigen, der mit einer schwierigen Lebenslage fertig werden muss, noch schwieriger wird, wenn andere augenscheinlich darüber völlig verzweifelt sind. Der Krebspatient, der eigentlich alle Kraft auf seine Genesung konzentrieren möchte, tröstet nun auf einmal seine Angehörigen, die mit der Situation nicht fertig werden. Sie bemitleiden ihn und er versucht ihnen Kraft zu geben – ist das sinnvoll? Ist das hilfreich? Ich vermute, dass jemand, der schwer krank ist, nicht noch die Energie hat, sein Gegenüber zu trösten.

Manchmal kommt es auch vor, dass Menschen im Versuch zu trösten den Schmerz des anderen klein reden. „Jetzt lass dich bloß nicht hängen“, sagen sie dann. Oder „Kopf hoch, es kommen auch wieder bessere Zeiten!“ Oder „Du Arme, das ist ja auch wirklich schwer für Dich!“ All diesen Äußerungen ist eins gemeinsam_ Weder ist der Sprecher bei sich – „Wie geht es mir, wenn ich dies höre?“ – , noch ist er bei seinem Gegenüber – „Wie geht es Dir, wenn du so sprichst?“ Im Englischen haben wir den Begriff „to talk down to someone“, im Deutschen würde man vielleicht sagen „von oben herab sprechen“, was es aber nicht ganz trifft. Wenn ich dem anderen sage, er solle sich nicht so hängen lassen, ordne ich sein Verhalten ein in die berüchtigte Skala zwischen Richtig und Falsch. Hängen lassen ist falsch, zusammenreißen ist richtig. Und wenn ich den anderen bemitleide, „oh, du Armes, wie schrecklich ist das alles!“, besteht die Gefahr, ihn klein zu machen und ich verpasse vielleicht die Chance, wirklich empathisch für ihn da zu sein.

Mitleid macht uns handlungsunfähig oder lässt uns vergessen, wo wir selber stehen, was unsere ureigene Aufgabe ist. Wir können unser Gegenüber, das gerade schwer zu kämpfen hat, besser unterstützen und liebevoll begleiten, wenn wir „in seinen Schuhen mitlaufen“. Wenn wir uns empathisch verbinden, ohne zu verschmelzen, ohne die Probleme des anderen lösen zu wollen, sind wir belastbare Freunde, auf die in der Not Verlass ist. Wir können den Schmerz unseres Mitmenschen ertragen, ohne ihm dabei eine zusätzliche Last zu werden.

Heute will ich in mich hineinspüren, wo mich Mitleid anfliegt. Was brauche ich, wenn mich die Probleme anderer Menschen in dieser Weise berühren?

Mitfühlen mal anders erklärt

Das Geheimnis der Spiegelneuronen- mal perfekt erklärt von Eckart von Hirschhausen! Ich bin ein großer Fan von ihm. Viel Spaß dabei!

Mit der Landkarte auf dem Weg

Hallo, Welt!

Für heute hatte ich eine GfK-Arbeit angenommen. Wir haben fast drei Stunden miteinander verbracht. Es war eine wunderschöne Arbeit und ich hatte das erste Mal nicht den Eindruck, zu schnell zu sein. Sonst geht es mir oft hinterher so, dass ich traurig bin, weil mein Tempo nicht dem meines Gegenübers entspricht, und ich das nicht immer merke. Zum ersten Mal ist auch die Limbic Map zum Einsatz gekommen, und ich fand es sehr hilfreich. Es ist etwas Gedrucktes und ich glaube, mein Gegenüber hatte Freude daran, seine Werte zu entdecken und zu benennen.

Das Gespräch drehte sich um Themen wie Bewerbungen auf einen neuen Job, persönliche Fähigkeiten, der eigene innere Reichtum und ganz viel um unseren Kumpel, den inneren Richter. Außerdem bin ich in einem Rollenspiel der einfühlsame Partner gewesen, der seiner Frau Einfühlung gibt, und das hat mir goße Freude gemacht.

Wir sind dann anschließend noch ein bisschen praktisch geworden und haben uns für Donnerstag in zehn Tagen erneut verabredet. Auf dem Weg nach Hause habe ich überlegt, dass ich gern mit Menschen arbeiten würde, die sich neuen Herausforderungen stellen, Arbeit suchen, ihr Leben neu ordnen. Ich habe meinen Gesprächspartner als wunderbar offen und zugänglich erlebt und ganz viel Wertschätzung erfahren. Mein Bedürfnis nach Beitragen, Unterstützen und Lernen ist auf wunderbare Weise genährt und ich freue mich darauf, mit ihm die Arbeit fortzusetzen.

Ich glaube, ich habe das gut hingekriegt, und das möchte ich heute feiern.

So long!

Ysabelle

Du sollst Vater und Mutter ehren…

Hallo, Welt!

Heute war ich in einem Workshop, in dem es im weitesten Sinne um Marketing ging. Ein Produkt wurde genauestens unter die Lupe genommen und gefragt, welche Rolle dieses Produkt im Leben eines Menschen spielen könnte (tun wir mal so, als wäre es um eine Hautcreme gegangen). Viele Produzenten würden es begrüßen, wenn ihr Produkt als Freundin der Benutzerin angenommen würde. Unser Produkt schien uns aber eher männlich.

Ich habe eine Weile in mich hineingespürt und dann gesagt, für mich wäre das Produkt so etwas wie Vater und Mutter, zu denen man kommen kann, von denen man Liebe, Wertschätzung, Trost, Unterstützung, Pflege und sonst noch so einiges bekommt. Und bei dem Gedanken an solche Eltern wurde mir warm und geborgen zumute.

In den folgenden Stunden bekam ich dazu Rückmeldungen von den anderen Workshop-Teilnehmern, und alle äußerten ihre Bedenken. Mehrmals hörte ich, das Bild der Eltern sei bei den meisten Menschen nicht (so) positiv besetzt. Von Regression war die Rede, davon, dass Eltern nicht so großzügig, neutral, unterstützend wären, wie ich ihr Bild gemalt hätte. Eltern stünden für Ermahnung, für spaßfreie Zone, für Kritik, die wirklich trifft, weil die Eltern die Kinder eben so gut kennen…

Je mehr Rückmeldungen ich bekam, desto trauriger wurde ich. Mir ging auf, dass auch mein Verhältnis zu meinen Eltern keineswegs ungetrübt ist. Wenn ich in meinem Gehirnkasten krame, kenne ich eigentlich keinen Vater, keine Mutter, die meinem Idealbild von Eltern wirklich nahe kommen. Beim Grübeln, woran das liegt, fiel mir auf, dass in meiner Generation die Eltern immer genau zu wissen glaubten, was richtig oder falsch war. Und häufig hatten sie keinen Zugang zu ihren Gefühlen. Sie waren eher Instanzen oder Richter als empathische Gesprächspartner und Förderer.

Ich fürchte, dass ich selbst auch nicht gerade so eine Mutter bin, die von ihrem Kind als warmherzig, unterstützend, liebevoll und wertschätzend angesehen wird. Aber ich habe Hoffnung für mich, und ich bin dankbar für alle Kinder, die in GfK-Partnerschaften geboren werden und von Giraffeneltern aufgezogen werden. Wer weiß, vielleicht werde ich ja eine Giraffen-Großmutter…

So long!

Ysabelle

Lass dich fallen

Lass dich fallen,
lerne Schlangen beobachten,
pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemanden
Gefährlichen zum Tee ein,
mache kleine Zeichen,
die „Ja“ sagen und
verteile sie überall in deinem Haus.
Werde ein Freund von
Freiheit und Unsicherheit.
Freue dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen,
schaukle so hoch du kannst
mit deiner Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen,
verweigere „verantwortlich zu sein“,
tue es aus Liebe.
Glaube an Zauberei,
lache eine Menge,
bade im Mondlicht.
Träume wilde phantasievolle Träume,
zeichne auf die Wände.
Lies jeden Tag.
Stell dir vor,
du wärst verzaubert,
kichere mit Kindern,
höre alten Leuten zu.
Spiele mit allem,
unterhalte das Kind in dir,
du bist unschuldig,
baue eine Burg aus Decken,
werde naß,
umarme Bäume,
schreibe Liebesbriefe.

(Joseph Beuys)

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