Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Es ist heiiiiiß!

Hallo, Welt!
Bei mir sind es 31 Grad, es ist Sommer. Man kann es nicht übersehen.
Erinnert Ihr Euch? Vor ein paar Monaten war ich mit einem Freund essen, und unser Gespräch war der Auslöser für die Entstehung dieses Blogs. Heute haben wir und wieder getroffen und fünf Stunden nur miteinander geredet, Das möchte ich feiern! Es war ein wunderbares, bereicherndes Gespräch. Er hat selber gerade eine Ausbildung abgeschlossen, in der GfK ein Bestandteil war, und aus seinen Rückfragen ist mir klar geworden, dass ich in meinem Coaching noch etwas verändern möchte. Zwischendurch pendelte unser Gespräch irgendwo zwischen Coaching und Supervision, und ich fand es wunderbar!
Es tat einfach gut zu merken, dass wir uns in die gleiche Richtung entwickelt haben. Denn einige Freundschaften sind in meinen GfK-Jahren auf der Strecke geblieben. Und dann ist es so entspannend, einen empathischen Zuhörer zu haben. Ach, ich bin heute wrklich so reich beschenkt worden!

Wir haben so viele spannende Themen heute gestreift, zwischendurch hatte ich immer den Impuls, etwas mitzuschreiben, und dann wollte ich doch den Gesprächsfluss nicht unterbrechen. Und jetzt ist mein Gehirn wie leergefegt. Es ist heiß.

Wenn mein Futterkasten wieder auf angemessene Betriebstemperatur ist, folgen wieder Tagesmeditationen und ein paar Wortschätzchen. Tzm Beispiel zum Thema „rausgekickt“ oder „ausgegrenzt“…?
Ich lass von mir hören.

So long!

Ysabelle

Selbstliebe

Diese Worte schrieb Charlie Chaplin an seinem 70. Geburtstag, am 16. April 1959:

Selbstliebe

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
konnte ich erkennen,
dass emotionaler Schmerz und Leid
nur Warnung für mich sind,
gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
Heute weiß ich, das nennt man
“AUTENTHISCH-SEIN”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden,
wie sehr es jemanden beschämt,
ihm meine Wünsche aufzuzwingen,
obwohl ich wusste, dass weder die Zeit reif,
noch der Mensch dazu bereit war,
auch wenn ich selbst dieser Mensch war.
Heute weiß ich, das nennt man
“SELBSTACHTUNG”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört,
mich nach einem anderen Leben zu sehnen
und konnte sehen, dass alles um mich herum
eine Aufforderung zum Wachsen war.
Heute weiß ich, dass nennt man
“REIFE”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden,
dass ich immer und bei jeder Gelegenheit,
zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin
und dass alles, was geschieht, richtig ist
– von da konnte ich ruhig sein.
Heute weiß ich, das nennt sich
“VERTRAUEN”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört,
mich meiner freien Zeit zu berauben,
und ich habe aufgehört,
weiter grandiose Projekte
für die Zukunft zu entwerfen.
Heute mache ich nur das,
was mir Spaß und Freude bereitet,
was ich liebe
und mein Herz zum Lachen bringt,
auf meine eigene Art und Weise
und in meinem Tempo.
Heute weiß ich, das nennt man
“EHRLICHKEIT”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich mich von allem befreit,
was nicht gesund für mich war,
von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen
und von allem, das mich immer wieder hinunterzog,
weg von mir selbst.
Anfangs nannte ich das “gesunden Egoismus”
aber heute weiß ich, das ist “SELBSTLIEBE”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört,
immer recht haben zu wollen.
So habe ich mich weniger geirrt.
Heute habe ich erkannt,
das nennt man “DEMUT”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
habe ich mich geweigert,
weiter in der Vergangenheit zu leben
und mich um meine Zukunft zu sorgen.
Jetzt lebe ich nur mehr in diesem Augenblick,
wo ALLES stattfindet.
So lebe ich heute jeden Tag und nenne es
“VOLLKOMMENHEIT”.

Als ich mich wirklich
selbst zu lieben begann,
da erkannte ich,
dass mich mein Denken
armselig und krank machen kann.
Als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte,
bekam der Verstand einen wichtigen Partner,
diese Verbindung nenne ich heute
“HERZENSWEISHEIT”.

Wir brauchen uns nicht weiter
vor Auseinandersetzungen,
Konflikten und Problemen
mit uns selbst und anderen fürchten,
denn sogar Sterne knallen
manchmal aufeinander
und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich,
DAS IST das Leben!

Ein besseres Leben

„Wenn Hamlet plötzlich anfängt, Zeilen aus einem ganz anderen Drama zu sprechen, dann muß auch Ophelia ihren Text ändern, um den Ganzen einen Sinn zu geben, und die Vorstellung verläuft danach in ganz anderen Bahnen. Es könnte passieren, daß die beiden dann gemeinsam fortgehen, anstatt ständig um das Schloss herumzuschleichen. Das mag vielleicht ein schlechtes Stück sein, vermutlich ist es aber ein besseres Leben“
Was sagen Sie, nachdem Sie Guten Tag gesagt haben? Von Eric Berne, Fischer, Frankfurt am Mai 1983, ISBN 3-596-42192-7, Seite 53

Gestern Morgen bekam ich einen Anruf, an dem ich noch immer zu knabbern habe. Ein langjähriger Berufskollege war am Telefon. „Kennst du einen Paartherapeuten? Meine Frau und ich müssen so schnell wie möglich eine funktionierende Kommunikation aufbauen!“
Zum einen überrascht es mich, dass Menschen, von denen ich annehme, dass sie glücklich miteinander leben, anscheinend keine funktionierende Kommunikation haben. Ich habe eigentlich bei vielen Paaren, die äußerlich betrachtet friedlich miteinander leben, die Vermutung, sie hätten eine funktionierende Kommunikation. Das gilt besonders dann, wenn sie viel miteinander reden. Dabei weiß ich aus meinem eigenen Erleben, dass der Ausstoß von Worten keine Aussage übe die Qualität der Kommunikation zulässt.
Zum zweiten war ich sehr berührt, dass der Kollege mich anrief. Ich glaube, für viele von uns ist es noch immer mit Scham verbunden zuzugeben, dass etwas nicht funktioniert, dass wir nicht alles im Griff haben, dass wir Hilfe brauchen. Seine Stimme wirkte auf mich drängend, aber auch entschlossen. Als riefe jemand die Feuerwehr an: „Es brennt in der Goethestrasse!“ Ich hatte auch den Eindruck von Ohnmacht. Es muss etwas passieren, sofort!
Ein Freund fragte mich dieser Tage, „meinst du, meine Ehe hat noch eine Chance?“ Ich bin überzeugt, dass all unsere Beziehungen eine Chance haben, wenn es uns gelingt, eine funktionierende Kommunikation aufzubauen. Wenn Hamlet einen neuen Text lernt, wenn Ophelia es schafft, einfühlsam zuzuhören. Und zu teilen, was wirklich in ihr lebendig ist.

Heute will ich in all meinen Beziehungen darauf achten, ob ich wirklich Verbindung spüre – zu mir und zum anderen.

Die Grenzen des Fatalismus

Ein Gedicht von Rumi

Du hast doch Füße – was stellst du dich dann lahm?
Du hast doch Hände – warum versteckst du sie?
Drückt er dem Diener den Spaten in die Hand,
braucht der Herr keine Worte, um zu befehlen.
Ebenso klare Zeichen Gottes sind die Hände;
Versteh die Zeichen, die Er dir ins Herz legt,
Und lebe ganz in der Pflicht, sie zu befolgen.
Es wird dich nach und nach zu den Mysterien führen,
Die Last dir nehmen und dir Vollmacht geben.
Du trägst an Seiner Bürde? Er wird dir Kraft verleihen.
Du hörst Seinen Befehl und du wirst Sein Zeuge:
Streb Einssein mit Ihm an, und du wirst eins sein.
Dein freier Wille ist dein Bemühen, Gott seine reichen Gaben zu vergelten.

Schicksalsergebenheit ist die Verleugnung all dieser Gaben.
Für seine Handlungsfähigkeit zu danken stärkt dies Vermögen.
Schicksalsergebenheit beschneidet es.
Schicksalsergebenheit heißt, unterwegs zu schlafen.
Schlaf nicht, ehe du das letzte Ziel erreichst!
Schicksalsergebenheit heißt unter Dieben schlafen –
Kann der zu frühe Hahn je Frieden finden?
Vertraust du wahrhaft Gott, bestell den Acker,
Säe die Saat und nutze Gottes Hilfe,
Ringe so lang du kannst, gleich den Propheten.
Streben bedeutet nicht, dem Schicksal trotzen.
Das Schicksal selbst gab uns dies Streben ein.

Rosa Tütchen

Hallo, Welt!

Heute gibt es so viele Dinge zu feiern, dass ich es hier aufschreiben möchte. Wenn ich es nicht wirklich notiere, flutscht mir das Glück oft zwischen den Fingern durch und hinterher wundere ich mich, wo es geblieben ist.

In der Firma bin ich eingeladen worden, bei der Fortbildung der Ausbilder wieder ein Modul zu gestalten. Genauer gesagt hatte ich mich angeboten, und der zuständige Personaler sagte daraufhin, ich hatte gehofft, dass Du das sagst. Nun wird es um empathisches Zuhören gehen. Ich freue mich schon auf die Vorbereitung!

Heute habe ich realisiert, dass ich ein paar wunderbare Reisen vor mir habe, geschäftlich und privat. Demnächst fliege ich nach Schottland zu einem internationalen GfK-Workshop, später im Jahr geht es nach Barcelona und im Herbst auf ein Hausboot in Frankreich. Sind das nicht wunderbare Aussichten?

Außerdem fand ich eine Mail in meinem Posteingang, die mich sehr erleichtert hat. Seit April laboriere ich an einem Konflikt herum, und jetzt kommt auf einmal Bewegung auf. ich bin total froh, auch wenn ich noch keine Ahnung habe, wie es weiter geht.

Ich bin heute sehr zufrieden mit meinem Leben. Es sind gar nicht unbedingt große Dinge, die dazu führen. Was mit Sicherheit den größten Anteil an meiner Zufriedenheit hat, ist der Blickwinkel. Während ich früher oft auf den Mangel schaute (der heutige Tag hätte auch einiges an Mangel zu bieten gehabt…), schaue ich auf das, was mein Leben bereichert. So hat mir zum Beispiel heute Abend ein Kollege 20 Euro geliehen, damit ich mir noch schnell den wöchentlichen Blumenstrauß kaufen kann (der nicht 20 Euro kostet, der aber der Kollege hatte es nicht kleiner). So seltsam, wie es sich anhört… ich freue mich auch, dass eine Telefonverabredung nicht zustande gekommen ist. Ich bin müde und habe das Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung, da bin ich nicht traurig drum dass mein Gesprächspartner sich nicht wie verabredet meldet. Ich könnte daraus eine kleine Selbstabwertung stricken… aber ich bin nicht verpflichtet dazu.

So long!

Ysabelle

Es geht voran… aber laaangsam!

Hallo, Welt!

Heute gibt es mal wieder einen Film. Er ist nicht gewaltfrei, aber erscheint mir heute Abend dennoch sehr passend.

Natürlich gibt es dazu auch was zu sagen. Ich bin im Moment gerade schwer von mir genervt, weil ich merke, dass ich schon wieder anderer Leuts Probleme lösen will, aber gar nicht richtig zuhöre. Es ist nicht dran, dass ich irgendjemandem eine Bürogemeinschaft vermittele oder erkläre, wie er oder sie seine Beziehungsprobleme bewältigen könnte. Es ist ein alter Reflex, die Heimwerkermütze aufzusetzen und anderen zu erzählen, wie sie ihr Leben regeln könnten. Ich muss erst mal wieder die Wölfe einfangen, die um mich herum gerade ein Mordsradau machen. Ich habe eine Kollegin, die wirklich einfühlsam zuhören kann. Ich glaube, die ist schon so geboren. Für mich ist das nach wie vor Arbeit, ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass ich nicht dazu da bin, ungefragt Ratschläge zu geben.

Insgesamt werde ich besser damit, oder es fällt mir leichter. Gestern Abend hat jemand sehr frustriert und wütend über sein Problem gesprochen und ich habe es geschafft, einfach nur die Klappe zu halten. Zu sagen hatte ich nichts, ich war einfach nur zu müde und zu erschöpft, um Einfühlung geben zu können. Da war es schon ein Geschenk und ein Fortschritt, nicht noch ein Urteil perlen zu lassen.

Es geht voran! (Ich verkneif es mir, den gleichnamigen Song von Fehlfarben einzustellen… )

So long,
Ysabelle

Mächtige Gefühle

„Die Stärke der Gefühle kommt nicht so sehr vom Verdienst des Gegenstandes, der sie erregt, als von der Größe der Seele, die sie empfindet.“ – Das grüne Heft
Théodore Simon Jouffroy (1796-1842)
französischer Philosoph

In letzter Zeit fällt mir auf, dass ich meine Gefühle intensiver wahrnehme. Vor einer Woche hatte ich ein richtiges Brausen in der Brust, und die Gefühle waren Schmerz, Ohnmacht und Einsamkeit. Die Bedürfnisse im Mangel waren Verbindung, Vertrauen und Nähe. Heute hatte ich eine Verabredung mit drei GfK’lern und das geplante Treffen ging gründlich in die Hose. Ich verbrachte eine Stunde wartend auf dem Kieler Hauptbahnhof in Bullenhitze, ich habe ein kleines Vermögen für (falsche) Fahrkarten ausgegeben, und letzten Endes war ich so abgenervt, dass ich auf das Treffen verzichtet habe und wieder nach Hause gefahren bin.
Trotzdem hatten diese mächtigen Gefühle eine neue Qualität. Ich konnte sie wahrnehmen, ganz tief spüren. Es waren Frustration, Ohnmacht, Verzweiflung, Trauer und eine Prise Wut. Und ich konnte sie ansehen wie in einer Gemäldegalerie. Oh, schau mal, Frustration! Und da, die Ohnmacht! Verzweiflung, da ist sie ja… Die Gefühle brausten in mir herum, und ich konnte mir dabei zuschauen und überlegen, welche Bedürfnisse im Mangel waren. Ich wurde nicht mehr von den Gefühlen getrieben wie eine Rakete, deren Hintern in Flammen steht.

Disidentifikation

Disidentifikation ist der Prozess einer systematischen Unterscheidung des Wahrnehmenden, des Beobachters vom Wahrgenommenem, dem Beobachteten. Beispielsweise gelangen wir von einem „ich bin wütend“, von einer Identifikation mit der Wut durch konsequentes Beobachten zu einem „ich beobachte, wie sich etwas wie Wut im Bauch anfühlt“. Dies führt eben zu einer Disidentifikation von der Wut, eine Identifikation mit dem gelassenen oder unberührbaren „Inneren Beobachter“ wird möglich. „Ich bin der, der beobachtet“.
Disidentifikation ist ein wesentlicher transformatorischer Wirkmechanismus der Achtsamkeitspraxis. Die Loslösung von Identifikationen, die Disidentifikation ist wesentlicher Teil jeder Persönlichkeitsentwicklung, insbesondere in transpersonale Bereiche.
Geprägt wurde dieser Begriff ursprünglich von R. Assagioli im Rahmen der von ihm entwickelten „Psychosynthese“.

Also: Meine Gefühle sind nur Gefühle. Sie weisen auf meine unerfüllten Bedürfnisse hin. Im konkreten Fall hatte ich das tiefe Bedürfnis nach Autonomie und nach Effektivität und Sinnhaftigkeit. Rumstehen und warten, dass jemand kommt, war in dem Moment weder effektiv noch sinnhaft für mich. Das Besondere an der Situation war jedoch, dass ich niemandem die Schuld geben musste, weder mir noch anderen. Ich konnte annehmen was ist. Ich konnte mich mit den guten Gründen für das zu spät kommen verbinden. Und ich konnte trotzdem eine Entscheidung treffen, die meiner Verantwortung mir gegenüber Rechnung trug.

Heute will ich mir vergegenwärtigen, dass Gefühle nur Gefühle sind. Ich habe die Wahl, wie ich mich von ihnen beeinflussen lassen will.

Hirnen

Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen als zu unbekannten fliehn.
So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll,
Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,
Verlieren so der Handlung Namen. – Still!
Die reizende Ophelia! – Nymphe, schließ
In dein Gebet all meine Sünden ein!

Aus: Hamlet, von William Shakespeare

Heute Morgen hatte ich ein wunderbares und bereicherndes Telefonat mit einer GfK-Freundin, die gerade sehr mit ihren inneren Stimmen ringt. Was ist richtig, was ist falsch? Wir hatten Begriffe wie herzlos oder im Stich gelassen am Wickel, haben Wölfe eingefangen und innere Richter übersetzt. Mir bereitet das eine tiefe Freude, auf diese Weise zu kommunizieren. Es bringt mich in Verbindung mit dem Leben und mit einer Höheren Macht, für die es kein Richtig und kein Falsch gibt. Gott sitzt nicht mit einer Excel-Tabelle bewaffnet auf einem Berg und notiert sich unsere Sünden. Und wenn er es nicht tut, brauchen wir es auch nicht zu tun, weder mit unseren eigenen noch mit denen anderer.

In dem Gespräch ist mir erneut eingefallen, wie viel Zeit unseres Lebens wir mit „Hirnen“ verbringen. Das Wort habe ich von einer Bekannten im Breisgau aufgeschnappt und ich finde es wunderbar! Hirnen ist die Zusammenfassung für all den Kram, den wir im Kopf haben, und der uns weder weiterbringt noch glücklich macht. Urteile gehören in die Kategorie Hirnen. Was wäre wenn… ist hirnen, die Interpretationsgefühle gehören in diese Tüte. Wenn es uns gelingt aufzuhören zu hirnen, Dinge wiederzukäuen, unseren Kopf damit zu verstopfen, was andere denken, warum wir nicht kriegen, was wir wollen oder brauchen, dann steht unserem Glück nichts im Weg. Das Bewusstsein macht uns feige, sagt Hamlet. Ich denke, hirnen raubt uns Kraft und Lebensfreude. Es reicht, einfach zu akzeptieren was gerade ist.

Heute will ich aufmerksam sein, wenn ich mich in endlosen Gedanken verstricke. Ich nutze meine Kraft dafür, meinem Leben die Richtung zu geben, die ich mir wünsche.

Bedürfnisse, die oben liegen

„Die schönste Harmonie entsteht durch Zusammenbringen der Gegensätze.“

Heraklit, Fragmente, B 8

Heute sprach ich mit einem Freund über seine Bedürfnisse. Wir fanden heraus, dass ihm Harmonie so wichtig war, dass andere Bedürfnisse dafür bei ihm in den Hintergrund traten. Autonomie zum Beispiel scheint ein Bedürfnis zu sein, dass der Harmonie im Wege steht. Wenn einer etwas unternimmt oder plant, was der andere nicht gutheißt, kann die schöne Harmonie in der Partnerschaft schnell am Ende sein.
Doch was geschieht, wenn wir wieder und wieder unsere Bedürfnisse nach Autonomie, Selbstausdruck, Authentizität, Ehrlichkeit und Echtheit unter dem Deckel halten, um die Harmonie nicht zu gefährden?

Wie bei einem Baumkuchen oder bei den Jahresringen einer dicken Eiche können wir meist nur die oberste Schicht unserer Bedürfnisse sehen. Vielleicht liegt unter unserem tiefen Bedürfnis nach Harmonie ja eigentlich das Bedürfnis nach Verbindung. Vielleicht geht es gar nicht um Harmonie, sondern um das Vertrauen, dass ich auch dann noch geliebt werde, wenn ich eine abweichende Meinung vertrete.Vielleicht fürchte ich, Nähe und Sexualität zu verlieren, wenn ich mich nicht an die Regeln halte. Vielleicht geht es mir um Leichtigkeit, weil ich einfach keine Lust habe, ein Thema wieder und wieder durchzukauen…
Es lohnt sich, einen Blick unter das zuoberst liegende Bedürfnis zu werfen. Denn die Bedürfnisse, die zugunsten eines anderen unterdrückt werden, sind ja deshalb nicht verschwunden. Vielleicht gärt es längst in uns, vielleicht rotten sich die Wölfe zusammen, vielleicht gibt es eines Tages gar keine Beziehung mehr, weil sie in Harmonie erstickt ist und nun nur noch leblos über dem Sofa hängt.
Wenn wir herausfinden, welche weiteren Bedürfnisse in uns lebendig sind, können wir einen Weg finden, dass alle erfüllt werden. Vielleicht nicht alle zur gleichen Zeit. Vielleicht müssen wir erst den Bedürfnissen Aufmerksamkeit schenken, die oben liegen. Doch danach ist es an der Zeit zu fragen:
was brauche ich jetzt, um wirklich glücklich zu sein?

Heute wil ich es wagen, all meine Bedürfnisse willkommen zu heißen.

Loslassen

The most exquisite paradox — as soon as you give it all up, you can have it all. As long as you want power, you can’t have it. The minute you don’t want power, you’ll have more than you ever dreamed possible.
Ram Dass
 

Immer wieder entdecke ich bei mir den Gedanken, wenn ich etwas nur schön GfK formuliere, dann wird meine dahinter liegende Bitte auch erfüllt. Marshall erzählt auf einer seiner CD’s von einer Mutter, die bei ihm einen Kurs besuchte und am zweiten Tag mit den Worten wieder kam: „Marshall, es funktioniert nicht!“ Er fragte nach, was sie meinte, und sie erzählte, sie sei abends nach Hause gekommen und habe ihren Sohn angesprochen, etwas Bestimmtes zu erledigen. Wenn ich sehe… fühle ich mich… weil mir … wichtig ist. Wärest du bereit, … zu tun?
Als der Sohn dazu nicht bereit war, wurde sie wütend und frustriert (und beschimpfte ihn).

GfK ist keine Zauberformel, um von anderen zu bekommen, was wir wollen. Im Gegenteil. Die Haltung, die wir mit der GfK verbinden, schenkt ja gerade uns und unserem Gegenüber die Freiheit, nach den eigenen Bedürfnissen zu handeln. Aber: Eines der stärksten menschlichen Bedürfnisse ist das Bedürfnis beizutragen. Wenn wir die Freiheit des andern genau so hoch schätzen wie unsere eigenen Wünsche, erhöhen wir die Chance, dass wir genau das kriegen, was wir uns wünschen.

Vor 14 Tagen hatte meine Mutter Geburtstag. Wir trafen uns zu einem gemütlichen Abendessen und ich hatte mein IPad mit, um ihnen die Fotos von der Hochzeit ihres Enkels zu zeigen (und weil ich so verliebt in die Flunder bin, dass ich ohne sie sowieso nicht aus dem Haus gehe). Bei der Anreise merkte ich, wie sehr ich mir wünschte, meine hochbetagten Eltern würden sich ein wenig für die digitale Technik öffnen. Es wäre so viel leichter, mit ihnen per Mail Kontakt zu halten. Im Zug gab ich mir Empathie für diese Wünsche nach Leichtigkeit, Verbindung, Beitragen, Autonomie (für meine Eltern, die aus gesundheitlichen Gründen kaum aus dem Haus kommen), Beteiligung, Vertrauen, Begeisterung, Spaß und gesehen und gehört werden.
Dann rief ich mir in Erinnerung, warum ich im Zug saß. Ich wollte mit meiner Mutter ihren Geburtstag feiern, und nicht etwa ihr meinen Willen aufzwingen.
Wir verbrachten einige schöne Stunden miteinander. Mein Vater spielte ein bisschen mit dem IPad, bewunderte die Fotos und staunte über einzelne kleine Programme. Meine Mutter erzählte, dass sie bis vor wenigen Monaten eine eifrige Nutzerin von Videotext war, aber es mit dem neuen Fernseher noch nicht ausprobiert hatte. Ich war überrascht es zu hören und berührt, als sie davon sprach, wie anstrengend manche Dinge zur Zeit für sie seien und wie schwierig, sich auf Neues einzustellen.

Im Zug habe ich mir gratuliert, meine Klappe gehalten zu haben. Ich hatte viel Neues über meine Eltern erfahren, wie es ihnen geht, was sie bewegt. Und ich war dankbar, dass wir eine echte Verbindung gefunden hatten.

Gestern rief mich mein Vater im Büro an. Wir wollen ein IPad! Wie sieht es aus, kannst Du uns eins besorgen?

Heute will ich mich daran erinnern, dass im Loslassen unseres eigenen Willens ein wunderbarer Zauber innewohnen kann. Ich gewinne eine neue Freiheit, indem ich meinem Gegenüber die Freiheit schenke, sich nach seinen Bedürfnissen zu entscheiden.

Beitragen ist angeboren

Caring is a reflex. Someone slips, your arm goes out. A car is in the ditch, you join the others and push. You live, you help.
(Sich kümmern/sorgen um ist ein Reflex. Jemand rutscht aus, dein Arm streckt sich aus. Ein Auto ist stecken geblieben, du schließt dich den anderen an und schiebst. Du lebst, du hilfst).
Ram Dass

Ist das nicht eine wunderbare Vorstellung? Beitragen ist uns Menschen eingebaut. Wenn ich mich umsehe in meiner Welt, habe ich an manchen Tagen den Eindruck, dass einige Menschen in meiner Umgebung hart daran gearbeitet haben, sich diesen Reflex abzutrainieren. Als ich ein Schulkind war, wurde selbstverständlich erwartet, dass ich für Ältere im Bus aufstehe. Der Schönheitsfehler war, dass ich es nicht gemacht habe, um zum Wohl des älteren Menschen beizutragen. Ich tat es, um zu vermeiden, dass die Nachbarin beobachtet, dass ich sitzen bleibe, und es anschließend meiner Oma steckt. Und diese würde dann strafen, weil sie keine andere Alternative sah, mir beizubringen, was sie für gesellschaftlich erwünscht hielt. Aufstehen war richtig, sitzen bleiben war falsch. Falsches wurde bestraft…

In meiner Familie gab es einen Großonkel, den ich vielleicht ein Dutzend Mal im Verlauf von ein paar Jahren gesehen habe. Er starb bevor ich zehn Jahre alt war. Bei jeder Begegnung sollte ich diesen fremden alten Mann küssen, und zwischendurch wurde von mir erwartet, dass ich ihm schreibe. „Das gehört sich so, und du kriegst auch was dafür!“ Das Traurige an der Geschichte: auch hier ging es nicht wirklich um Verbindung, sondern um „bezahlte“ Dienstleistung. Den eigenen Bedürfnissen nach Autonomie, Respekt und Schutz folgen war falsch und wurde kritisiert, das widerwillige Küssen oder Schreiben wurde belohnt…

Gehorsam, Pflicht, Benehmen, Anstand – nach diesem Muster funktionieren wir bis heute. Ich sehe mich heute noch täglich mit diesen Anforderungen konfrontiert. Wer von uns Lernenden kennt schon wirklich seine eigenen Bedürfnisse und traut sich, danach zu leben?
Die Giraffensprache kann uns helfen, unser mitfühlendes Wesen neu zu entdecken. Die Stimme des Herzens, unsere mitfühlende Seele findet nur schwer Gehör. Und diese Stimme kann eben auch sagen: Ich möchte den fremden Mann nicht küssen. Und ich bin selber müde! Meine Bedürfnisse zählen ebenso wie deine, und deshalb bleibe ich im Bus sitzen. Oder wir können uns den Platz teilen…

Heute will ich daher versuchen, die Stimme meines Herzens zu hören und ihr zu folgen.

Kurzurlaub

Hallo, Welt!

Ich habe mal ein paar Tage Urlaub gemacht. Ab Morgen geht es hier wieder intensiv los.

Irgendwelche besonderen Wünsche?

ich plane etwas über Nähe und über Oxitocin und über markierende Kater.
Zum Neugierig machen hier ein Zitat aus einem Interview, das im aktuellen Stern-Gesundheitsheft steht:

Sex baut auch bei Frauen Stress ab, nur hat sie auch bei mäßigem Stress erst mal keine Lust darauf. Denn der weibliche Organismus produziert nur sehr geringe Mengen Testosteron, die keine Wirkung auf das Stresshormon Cortisol haben. Um dieses abzubauen, ist bei ihr ein anderes Hormon zuständig: das Oxytocin. Und dessen Konzentration steigt in ganz anderen Situationen an: beim Kuscheln, beim Reden, beim Bad im Kerzenschein.

Das ist doch eine spannende Mischung, oder?

So long!

Ysabelle

Annehmen was ist

„Bei Trübsal ist Gleichmut die beste Würze.“
Plautus, Das Schiffstau, 402 / Trachalio

Dieser Tage hatten zahlreiche Menschen in meinem Leben Geburtstag. Die eine fühlte sich zu schwach, um eine Feier auszurichten. Doch ohne ihr Zutun kamen Menschen zu Besuch und sie verbrachte, verteilt über mehrere Tage, einen anregenden und liebevollen Geburtstag.
Eine andere Person hatte sich entschlossen, zu einem Fest einzuladen und schwärmte im Nachhinein: Hättest du dabei sein können, du hättest dich rundum wohl gefühlt.
Eine dritte Person war in gedrückter Stimmung und voller Schmerz. Menschen, die ihm wichtig waren, würden nicht da sein, im Rückblick auf die vergangenen Jahre schien das Leben voller Mühsal und Verzweiflung.
Es lässt mich nicht kalt zu sehen, wie jemand, der mir nahe steht, so im Schmerz ist. Und heute Nacht gab Marshall mir eine Antwort, wie ich solche Situationen für mich einschätzen kann.
Ich habe es mir angewöhnt, zum Einschlafen Marshalls CD „Nonviolent communication“ zu starten. Irgendwann döse ich dann weg und es fühlt sich an, als lese mir ein lieber Mensch eine Gute-Nacht-Geschichte vor. Gestern Nacht sprach Marshall zum Thema „Connecting empathetically“, so steht es auf dem CD-Label. Eigentlich handelt sein Exkurs davon, andere zu unterbrechen, wenn man nur ein Wort mehr gehört hat als man hören mag. Und er beschreibt, wie man „Auntie“ unterbrechen kann, die 20 Jahre nach dem Scheitern ihrer Ehe noch immer über den bösen Ex-Mann klagt: Ist dein Bedürfnis nach Fairness nicht erfüllt?
Manchmal verstellt uns der Schmerz aus der Vergangenheit den Blick auf das Heute. Unser Leben scheint trüb, es ist, als trügen wir wie beim Zauberer OZ eine Brille, die unsere Sicht auf die Dinge – diesmal jedoch in einem gleichmäßigen Grau – erscheinen lässt.
Wir können diese Brille abnehmen, indem wir annehmen, was ist.
Wenn wir bereit sind zu erkennen, welche unerfüllten Bedürfnisse aus der Vergangenheit uns noch heute festhalten, können wir dafür Sorge tragen, dass unsere Bedürfnisse im Hier und Jetzt erfüllt werden. Der amerikanische Lebensberater und Autor Dale Carnegie („Sorge dich nicht, lebe!“) schrieb dazu: Heul nicht über verschüttete Milch!
Die Worte klingen harsch, und doch können sie einen Segen für uns beinhalten. Die Milch ist fort, im Ausguss, nicht mehr zu verwenden. Doch wir können es nicht ändern. Der einzige Tag, den wir gestalten können, ist der heutige. Wir können heute die Empathie finden, die wir brauchen, wir können heute tatkräftig Dinge verändern, die uns stören, wir können heute feiern, trauern, bedauern, Wiedergutmachung leisten, Dinge anders machen. Die Vergangenheit ist vorbei, wir können sie nicht ändern. Den heutigen Tag aber können wir so begehen, dass wir uns gern an ihn erinnern.

Heute ist die einzige Zeit die zählt.

Es ist, wie es ist…

Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Erich Fried

Die Erben von Erich Fried sollen sehr eigen sein, was die Verwendung von Frieds Gedichten angeht. Ich hoffe, es gibt keinen Ärger, wenn ich hier darauf Bezug nehme.

In den vergangenen Tagen habe ich zwei Texte eingestellt, die ich schon länger kenne, und die mich im Moment beschäftigen. Zum einen ist es die Geschichte Wer weiß, wozu es gut ist… und zum anderen die Geschichte Gott fügt alles wunderbar und in gewisser Weise haben beide Geschichten den gleichen Inhalt. Ich kann heute zu einer Einschätzung kommen, die unter einem anderen Blickwinkel ganz anders aussieht. Der König, der sich den Finger abschneidet, der Sohn des alten Mannes, der vom Pferd fällt – beides sieht auf ersten Blick aus wie ein Unglück. Im Nachhinein erweist es sich als glückliche Fügung, dass es genau so gekommen ist. Ich kann aus beiden Geschichten die gleiche Lehre ziehen. Es ist, was es ist. Es ist weder gut noch schlecht. Es reicht völlig, wenn ich auf die Tatsachen schaue und überlege, wie ich damit verfahren kann. Der alte Bauer macht die Feldarbeit allein, der Minister des Königs geht fort… Es reicht vollkommen aus, wenn wir mit diesen Situationen umgehen. Ich muss keine tiefere Bedeutung hineinlegen, ich muss mich nicht als Opfer oder Glückskind sehen. Es reicht einfach zu akzeptieren, dass es ist wie es ist.

Heute bin ich bereit, die Realität anzunehmen, ohne daraus eine Bewertung abzuleiten.

Gott fügt alles wunderbar

Ein König hatte einen Minister, der bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit sagte: „Gott fügt alles wunderbar.“ Nach einiger Zeit hatte der König diesen Satz so oft gehört, daß er ihn nicht mehr ertragen konnte.

Die beiden sind auf der Jagd. Der König schießt einen Hirsch. Minister und König sind hungrig, machen Feuer, grillen den Hirsch, der König beginnt zu essen und schneidet sich in seiner Gier einen Finger ab. Der Minister sagt auch dieses mal: „Gott fügt alles wunderbar.“ Jetzt reicht es dem König. Wütend entläßt er den Minister aus seinen Diensten und befiehlt ihm, sich fortzuscheren. Er wollte ihn nie wiedersehen.

Der Minister geht. Der König, vom Hirschbraten gesättigt, schläft ein. Wilde Räuber, Anhänger der Göttin Kali, überfallen und fesseln ihn, wollen ihn ihrer Göttin opfern und – verspeisen. Im letzten Moment bemerkt einer der Kalianhänger den fehlenden Finger. Die Räuber beratschlagen sich und befinden: „Dieser Mann ist unvollkommen. Ihm fehlt ein Körperteil. Unserer Göttin darf nur Vollkommenes geopfert werden.“ Sie lassen ihn laufen.

Der König erinnert sich an die Worte des Ministers: „Gott fügt alles wunderbar“ und begreift: Genau so ist es. Auch in diesem Fall. Er fühlte sich schuldig, weil er den Minister verbannt hat, und läßt ihn suchen. Nach langer Zeit wird er gefunden. Der König entschuldigt sich und bittet ihn, wieder in seine Dienste zu treten. Der Minister entgegnete: „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin dankbar, daß du mich fortgeschickt hast. Mich hätten die Räuber geopfert. Mir fehlt kein Finger. Gott fügt alles wunderbar.“

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