Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Spiegelbilder

Hallo, Welt!

Gestern habe ich versucht, einen Freund mit Giraffenohren zu unterstützen. Er hatte einen Dialog mit seiner Partnerin, in deren Verlauf sie sagte, sie habe immer um seine Liebe gekämpft und erlebe die aktuelle Situation als ihr Scheitern. Als sie sinngemäß meinte, nun fühle sie sich wieder wie die kleine fette hässliche dumme Frau, die nur aus Gnade oder Mitleid mal für ein paar Wochen das Gefühl haben durfte, wie es sich anfühlen könnte, geliebt zu werden, bin ich fast ausgerastet. In mir braust ein mächtiger Gefühlssturm bei diesen Worten. Und dabei wurde mir deutlich, dass ich selber in dieser Angelegenheit dringend Empathie brauche.
Was fühle ich, wenn ich diese Worte von ihr höre?
Ich bin ärgerlich
Alarmiert
Aufgeregt
Entsetzt
Genervt
Hilflos (hm, das habe ich gestern nicht gemerkt)
Kalt
Sauer
Schockiert
Streitlustig
Unwohl
Wütend

Und meine unerfüllten Bedürfnisse sind
Respekt
Wertschätzung
Schutz (für meinen Freund)
Selbstvertrauen
Verbindung
Leichtigkeit

Und jetzt, da ich Gefühle und Bedürfnisse mit meiner Taschenliste überprüfe, merke ich wieder einmal, dass ich wie beim berühmten und hier schon mehrmals zitierten Vexierbild mich immer einmal mit ihr und einmal mit ihm identifiziere. Und mir fällt auf, dass ich schon gestern nicht in der Lage war, Mitgefühl für sie zu finden – ein sicherer Beweis dafür, dass ICH Empathie brauche.
Jetzt gerade spüre ich, dass unter meiner Wut ganz viel Ohnmacht und Verzweiflung liegen. Auch Trauer, wie sich jemand so einschätzen kann. Schmerz, Tränen und Verzweiflung, die ich im ersten Anlauf nicht spüren konnte. Am liebsten würde ich mit Byron Katies „The Work“ unterm Arm losmarschieren und sie fragen: ist das wirklich wahr? Kannst Du hundertprozentig sicher sein, dass das wahr ist?
Gleichzeitig löst der Schmerz der Frau auch bei mir schmerzhafte Erinnerungen aus. Noch vor wenigen Wochen hatte ich eine Rückmeldung in GfK-Angelegenheiten bekommen, die mich so in Kummer und Verzweiflung abrutschen ließ, dass ich allen Ernstes überlegt habe umzusatteln, weil ich anscheinend eh nicht gut genug war, um auf diesem Weg weiter zu machen. Dieses „nicht gut genug sein“ als Gedanke ist auch mir sehr vertraut und ich lehne diesen Gedanken an mir ab. Eigentlich logisch, dass ich ihn auch an der Bekannten ablehne.
Und nun?
Ich glaube, ich werde versuchen, heute ein bisschen Zeit dafür freizuschlagen, mir selbst Empathie zu geben für all die Schmerzen, die dieses „nicht gut genug sein“ in mir auslöst. Und vielleicht bin ich dann auch in der Lage, der Freundin meines Freundes tiefe Empathie zu geben. Ich merke schon, wie es anfängt in meinem Herzen zu glucksen…

So long!

Ysabelle

Ressourcen erkennen

Hallo, Welt!

Ich bin zurück von meinem GfK-Wochenende – erschöpft, aber auch bestärkt und genährt von der Gemeinschaft und den vielen Umarmungen.
Eine Übung haben wir zum Schluss gemacht, die mich besonders begeistert hat. Wir haben uns im Kreis umgeschaut und in unseren Mitmenschen den Ressourcen nachgespürt, die wir selber bei uns verstärken möchten. Auf einmal verwandelten sich Kröten in Wunderpillen! Der Mensch, der regelmäßig zu spät kommt – was kann ich von ihm lernen? Er gibt sich offenbar immer wieder die Erlaubnis, seinen eigenen Rhythmus zu finden, nachzuspüren, was für ihn passt. Damit ist er auf wunderbare Weise mit seinen wahren Bedürfnissen verbunden. Ich erkenne bisher meine wahren Bedürfnisse gar nicht, wenn ich die Pflicht rufen höre. Noch liegen bleiben, obwohl ich immer um neun im Büro bin? Unvorstellbar! Kuscheln soll wichtiger sein als Wäsche aufhängen? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, so ist mein Gehirn programmiert worden. Und ein schwarzer Riesenwolf mit acht Beinen und Feueratem achtet darauf, dass es so bleibt. Im Alltag ist er ein winziges Schoßhündchen, das neben meinem Stuhl schläft. Aber gestern habe ich erlebt, wie er es sich anfühlt, wenn er wach wird und mit seiner ganzen Kraft dafür sorgen will, dass ich auch wirklich „meine Pflicht“ erfülle. Da kann ich mir doch gut von jemand anderem ein bisschen mehr Selbstverbundenheit abgucken.
Ich finde Ressourcen in Menschen, die ich bewundere, und in Verhaltensweisen, die ich ablehne. So wird mir immer deutlicher, dass jeder Mensch mein Lehrer ist. Was für eine beglückende und verbindende Erkenntnis!

So long!

Ysabelle

Wortschätzchen: gierig

Hallo, Welt!

Heute etwas ganz Besonderes – ein Wortschätzchen von Oliver Heuler zum Thema „gierig“.

Viel Spaß mit dem Text und *D*A*N*K*E* an Oliver für den Beitrag.

So long!

Ysabelle

Gier hat Konjunktur. Gier wird gerne beim Thema Finanzkrise
ausgegraben. In der Gier wähnen Prominente, Journalisten und
Professoren die Hauptursache der aktuellen Misere. Politiker sowieso.
Niemand fühlt sich allerdings selbst gierig. Gierig sind immer die
anderen. Wie könnte sich jemand fühlen, der Gier bei den anderen
diagnostiziert?
Vielleicht allein, einsam, abgetrennt, hilflos, niedergeschlagen,
traurig, besorgt, deprimiert, verletzlich, misstrauisch, eifersüchtig,
unsicher, verwirrt, erschrocken, unzufrieden, verbittert, zornig oder
erschüttert?

Welche seiner Bedürfnisse könnten unerfüllt sein?
Vielleicht Sicherheit, Zuversicht, Gemeinsamkeit, Unterstützung,
Kooperation, Wertschätzung, Empathie, Mitgefühl, Rücksicht,
Gerechtigkeit oder Frieden?

Hier eine kleine Provokation für GfKler: Schaut euch mal Gordon Gekkos
Auftritt in Wall Street an:

http://www.youtube.com/watch?v=Muz1OcEzJOs

Was fühlt ihr? Unverständnis? Fühlt ihr euch angewidert? Ärgerlich?
Vielleicht sogar hasserfüllt? Oder einfach nur sprachlos? Ist ja nur
ein Film. Aber solche Menschen soll es wirklich geben. Ich bin so
einer. Ich bin gierig: gierig nach Neuem, gierig nach Liebe und auch
gierig nach Sicherheit und Effizienz. Und ja, auch gierig nach Geld.
Ich würde mich freuen, wenn der Golfschläger, den ich entwickelt habe,
zum Kassenschlager würde. Dann müsste ich mir keine Gedanken mehr
machen um meinen Broterwerb, sondern würde wahrscheinlich den Rest
meines Lebens forschen, schreiben, Sport treiben, Freundschaften
pflegen und meditieren.

Bei der Recherche zum Thema Gier bin ich auf eine alte Stossel-Sendung
gestoßen, die das Thema aus meiner Sicht fast vollständig befriedigend
behandelt. Leider hat der Chip-Hersteller noch nicht die Erfahrung
gemacht, dass man eine Firma noch erfolgreicher führen kann, wenn man
nicht den harten Chef raushängen lässt, sondern es mit Vertrauen und
Empathie versucht.
Warum nur scheinen sich Gier-Befürworter wie -Kritiker einig, dass
sich Eigenschaften wie Tüchtigkeit, Ehrgeiz oder Wettberwerbsfähigkeit
und eben Gier ausschließen mit Einfühlsamkeit, Besonnenheit, Fairness
oder Reife? Ich weiß zumindest, warum ich lange so dachte: Weil ich
nie etwas anderes gelernt habe. So bekommt man es eben beigebracht von
Eltern, Lehrern und Professoren. Also wird es mal Zeit, eine andere
Perspektive zu präsentieren. Viel Spaß mit John Stossel:

(Leute, das zweite Video lässt sich nicht einbetten. Bitte einfach das Link anklicken und den Beitrag bei Youtube anschauen. Wiederkommen nicht vergessen…)

watch?v=EGkEziYbcJo

Wortschätzchen: abgebügelt

Hallo, Welt!
Diesen kraftvollen Ausdruck „abgebügelt“ hörte ich heute in einem Gespräch. Ich kriegte gleich wieder rote Bäckchen vor Aufregung, weil mir sofort klar war, Achtung, Interpretationsgefühl!
Ich vermute, jeder von uns kennt Situationen, in denen man sich „abgebügelt“ wähnt. Ein eigener Vorschlag wird nicht gehört, ein Einwand nicht so gewürdigt, wie wir es wünschen. Wir haben ein Anliegen und unser Gegenüber geht darauf nicht in der Weise ein, wie es unseren Bedürfnissen entspricht. Aber welche Gefühle sind in uns lebendig, wenn wir sagen, wir seien abgebügelt worden?

Ärgerlich
Aufgeregt
Beklommen
Besorgt
Eventuell bestürzt
Betroffen
Wenn es schon öfter vorgekommen ist, bitter
Einsam
Enttäuscht
Frustriert
Gelähmt
Niedergeschlagen
Traurig
Teilnahmslos
Widerwillig
Unwohl
Unbehaglich
Im Schmerz
Wütend
Verzweifelt
Zornig

Erstaunlich, wie viele Gefühle dahinter stecken können, wenn man sagt, man sei abgebügelt worden. Jetzt gucken wir doch mal, welche Bedürfnisse unerfüllt sind, wenn diese Gefühle unterwegDs sind. Meine Freundin Anke sagte eben spontan,
Struktur
Und ich finde außerdem,
Schutz
Selbstständigkeit
Autonomie
Selbstvertrauen
Anerkennung
Wertschätzung
Unterstützung
Vertrauen
Verbindung
Unbedingt gesehen und gehört werden
Veständnis
Klarheit
Harmonie
Leichtigkeit
Und Freude.

Kein Wunder, dass ich so tief empfinde, wenn der Eindruck entsteht, ich sei abgebügelt worden. Wenn so viele Bedürfnisse unerfüllt sind…

Im übrigen scheint dieses so harmlose Haushaltsgerät geradezu prädestiniert für Gewalttätigkeiten. Neben „abgebügelt“ gibt es ja auch noch „übergebügelt“, was gern für „über den Mund gefahren“ oder“ nicht an Entscheidungen beteiligt“ verwendet wird. Bin ich „geplättet“, fehlen mir die Worte, ich bin verblüfft, meine Stimmungslage liegt zwischen fassungslos und überrascht. Und dann denke ich mit Unbehagen an „verplättet“, ein Euphemismus dafür, dass jemand geschlagen, verprügelt wird. Dieser Aspekt ist mir demnächst einen neuen Beitrag wert!
So long!

Ysabelle

Wert-Voll

Hallo, Welt!
Noch immer bewegt mich das Thema Rangordnung, und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Facetten finde ich. Heute besuchte mich eine Bekannte, die ich voriges Jahr im Frühling zuletzt gesehen hatte. sie brachte mir ein Geschenk aus Afrika mit. Es hat mich sehr berührt, dass sie an mich gedacht hat. Und es fiel mir schwer, einfach so ein Geschenk anzunehmen. In mir schwang die Frage mit, ob ich diesen schönen Druck überhaupt verdient hätte. War ich so wert-voll für sie? Konnte ich das glauben? Oder steckte etwas anderes dahinter?
Zack! Da ist es wieder durch die Hintertür hereingekommen, das Nummerngirl mit den „Richtig“- und „Falsch“-Schildern. Wenn mit mir alles in Ordnung ist, ich also die Anforderungen erfülle, verdiene ich ein Geschenk, eine Belohnung, Aufmerksamkeit, Verbindung. Wenn mit mir nicht alles in Ordnung ist, gibt es nicht nur keine Geschenke, sondern noch dazu Strafe, also keine Verbindung, keine Aufmerksamkeit. Und wie kann ich mir das schöntanzen? Ganz einfach! Indem ich mein Gegenüber abwerte. Mit dir ist etwas falsch, weil du…
Zum Glück geht es am Wochenende wieder auf Giraffentour. Dort gibt es hoffentlich Gelegenheit, einen Stachel aus meinem Fell zu ziehen. Mir ist aufgefallen, dass ich aus Informationen, die ich vor einigen Wochen gehört habe, ein Urteil konstruiert habe, und das würde ich gern auflösen, bevor sich Eiter bildet.

So long!

Ysabelle

Ein Platz in der Rangordnung

„Wer aufgrund seines Reichtums und seiner Ehrenstellung einen höheren Rang einnimmt, ist nicht groß. Warum erscheint er aber als groß? Weil man ihn mit dem Sockel misst.“
Seneca d.J., Moralische Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), IX, LXXVI, 31

Heute habe ich mein Schuhputzzeug durchsortiert und dann 90 Minuten lang zwei Drittel meiner Schuhe geputzt. Es war eine wunderbar meditative Zeit und ich habe es genossen, mit der Bürste über das Leder zu striegeln und mich am Glanz zu erfreuen. Früher hat mein Großvater Samstagnachmittags die Schuhe der ganzen Familie geputzt, und es war eine wichtige und anerkannte Arbeit. Wir waren dankbar, wenn er unsere verhuntzten Stiefel mit Muskelkraft und Schuhcreme wieder in einen tragfähigen Zustand versetzte. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich vor vielen Jahren mal meinen Sohn bat, für mich ein paar Schuhe zu putzen. Er wähnte sich dadurch komplett degradiert und schimpfte, „nur weil ich der Kleinste bin und mich nicht wehren kann, muss ich diese Dreckarbeit machen…“
Viele von uns leben mit einer imaginären Rangordnung. Wir sortieren Dinge nach Wichtigkeit, ordnen Vorgänge und Bedürfnisse ein. Marshall Rosenberg sagt, wir können uns immer nur zuerst um die oben liegenden Bedürfnisse kümmern. Erst wenn wir keinen Hunger mehr haben oder – ganz banal – auf dem Klo gewesen sind, können wir uns zum Beispiel um Verbindung, Kreativität oder Spiritualität kümmern. Diese Reihenfolge ist quasi natürlich vorgegeben. Aber anderen Dingen verleihen wir Wertigkeiten. Damit ist nichts falsch, solange wir sie nicht dazu benutzen, uns selbst abzuwerten.
Vor ein paar Jahren haben meine Eltern aus gesundheitlichen Gründen das Autofahren aufgegeben. Zu dieser Zeit hatten sie einen sehr schönen Audi mit großartiger Ausstattung. Irgendwann erzählten sie am Telefon, sie hätten den Wagen im Bekanntenkreis verkauft. Ich war tief getroffen. Hätten sie mich nicht wenigstens fragen können, ob ich den Wagen kaufen wolle? War ich so unwichtig, dass sie mich gar nicht auf dem Zettel hatten? Das Gleiche wiederholte sich noch zwei Mal mit sehr schönen Möbeln. Erst als ich mit der GfK in engeren Kontakt kam, konnte ich sehen, dass ihre Handlungen nichts mit meinem Wert zu tun hatten. Sie haben sich mit der Schenkung der Möbel im Bekanntenkreis ein paar wundervolle Bedürfnisse erfüllt. Und das hatte gar nichts mit mir zu tun.
Beim Nachspüren darüber, wann ich was wert bin, fiel mir ein früherer Freund ein, der ein leidenschaftlicher Motorradfahrer war. Ich habe Angst vor dem Motorradfahren, gönnte ihm seine Touren aber von Herzen. In unserer Anfangszeit fand er das wunderbar und sagte, „es ist so schön, dass du mir das gönnen kannst!“ Gegen Ende der Partnerschaft wurde dann aus „gönnen“ Desinteresse. Du interessierst dich nicht für mich und für das, was ich tue…
Wir nutzen die Informationen, die wir in Beziehungen erhalten, um daraus unseren imaginären Platz in der Werteskala zu errechnen. Der Kollege wird befördert und ich nicht? Jetzt ist meine Stellung bedroht. Die Nachbarn bekommen die Möbel geschenkt und ich nicht? Meinen Eltern bin ich nicht wichtig. Er fährt ohne sie in den Wintersport, weil sie keine Lust zum Skilaufen hat – und schon ergibt sich daraus die Beziehungsfrage: Bin ich dir überhaupt wichtig?
Gestern und heute habe ich viel über diese Rangordnung nachgedacht. Der eine übernimmt als Familienoberhaupt die wichtige Arbeit des Schuheputzens. Der andere fühlt einen Schmerz, wenn er Schuhe putzen soll, weil er denkt, es degradiere ihn… und in beiden Fällen geht es doch nur darum, ein paar Schuhe zu putzen…
Was kann ein Maßstab für meine persönliche Rangordnung im Umgang mit Menschen sein? Ist es mein dickes Auto mit eingebauter Vorfahrt? Die Kohle auf dem Konto, die mir das Recht gibt, von anderen etwas zu erwarten, denn schließlich bezahle ich sie ja auch dafür? Wie ordne ich mich ein in einem sozialen Gefüge? Bin ich Top oder bin ich Flop?
Beim Schuheputzen ist mir klar geworden, dass ich einfach nur bin. Ich stürze nicht ab, wenn mein Kollege befördert wird. Ich bin nicht unwichtig, nur weil mein Sohn sich vier Wochen nicht meldet. Mein Wert als Mensch ist inhärent, er ist mir angeboren. Mich einzuordnen in die gefühlte Rangordnung des anderen dient nur dazu, mir selbst Schmerzen zuzufügen. Es denkt in mir, dies sei mein Status, wenn ich die Schuhe putzen muss oder nicht mit in den Skiurlaub fahren kann. Ich quäle mich selbst, wenn ich glaube, mein Platz in der Rangordnung hänge von irgendetwas ab, was ein anderer tut oder unterlässt.

Heute will ich mein Augenmerk darauf richten, wonach ich meinen Wert bemesse. Wenn ich ihn von anderen abhängig mache, will ich mir ins Gedächtnis rufen, dass mein Wert damit nichts zu tun hat. Als geliebtes Kind einer höheren Macht bin ich mit einem natürlichen Wert ausgestattet, der nicht von anderen abhängt.

Vorbereitungen

Hallo, Welt!
Es ist ordentlich was los in meinem Oberstübchen. Heute Morgen habe ich noch einmal sehr genau bei „The Work“ zugehört und finde mehr und mehr Schönheit in dieser Methode von Byron Katie. Ich habe die Hoffnung, dass sich in mir allerlei vorbereitet, was mir künftig zum Segen wird. Auf dem Weg zum Altkleider-Container merkte ich heute, wie ich gleich etwas umdrehte, noch bevor mich der Stachel erwischen konnte. Ich habe mir das Arbeitsblatt „Urteile über deinen Nächsten“ runtergeladen und beim Durchgehen wieder einmal festgestellt, dass ich von wunderbaren Spiegeln umgeben bin. Andere Menschen sagen Dinge, die mich massiv anticken, und wenn ich dem nachgehe, entdecke ich auf einmal Perlen und Edelsteine. Heute genieße ich es sehr, in meinem eigenen Rhythmus aktiv zu sein. Am liebsten würde ich noch einen Tag frei machen. Der Gedanke ist unglaublich verlockend. Gleichzeitig hat die kommende Woche so viele Herausforderungen – ich schätze mal, der freie Tag muss noch ein bisschen warten.

So long!

Ysabelle

Waffen und Gewaltfreiheit

Hallo, Welt,

wie gestern bereits angekündigt, heute dieser interessante Aufsatz von Oliver Heuler zum Thema Waffen und Gewaltfreiheit. Danke, Oliver, dass ich ihn hier zitieren darf.

So long!
Ysabelle


Waffen und Gewaltfreiheit — wie passt das zusammen? Diese Frage stellt sich offensichtlich immer mehr Lesern oder Zuschauern. Die Frage kann ich nicht in drei Sätzen beantworten, aber ich versuche es so knapp wie möglich.:

Zunächst einmal ist der Ausdruck »gewaltfreie Kommunikation« problematisch:
1. Er drückt etwas aus, was man nicht will: »keine Gewalt«. Kann man das nicht positiv ausdrücken?
2. »Gewaltfreie Kommunikation« klingt so, als ginge es nur um eine Kommunikationsform. Es ist jedoch viel mehr.
3. Viele Leute meinen, sie hätten gewaltfrei kommuniziert, wenn sie sich höflich ausgedrückt, freundliche Begriffe verwendet und allgemeine Nettigkeit an den Tag gelegt hätten. Das ist es aber sicher nicht. Gewaltfreies Kommunizieren ist manchmal dezidiert nicht nett.

Ich werde deshalb künftig auch versuchen, den Begriff gewaltfreie Kommunikation (GfK) sparsamer zu verwenden. Das CNVC (center for non-violent communication) möchte auch nicht, dass jemand sagt, er lehre gewaltfreie Kommunikation, wenn er kein zertifizierter Trainer ist. Ich habe deshalb einen neuen Ausdruck: Er ist positiv und man kann damit ausdrücken, was man will; er ist nicht geschützt und er macht klar, dass es um mehr geht als um Sprache: die Philosophie der Freiwilligkeit (PdF). Der Ausdruck ist ja auch eng verwandt mit dem Begriff des Voluntaristen.

In der Wikipedia wird verständlich beschrieben, wie die Technik der GfK konkret aussieht, also die vier Schritte:

Ich versuche hier das Wesen der Grundhaltung der PdF in wenigen Punkten zusammenzufassen. Dass es auch vier Punkte sind, ist reiner Zufall, und ich denke, dass kein Student der GfK Einwände hätte und auch die Grundhaltung der GfK als richtig zusammengefasst gelten lassen würde.

Die Philosophie der Freiwilligkeit — vier Schlüssel

Die Philosophie der Freiwilligkeit ist für mich die befriedigendste Antwort auf die Frage, wie man es schafft, in Frieden und glücklich mit sich und den anderen zu leben. Die folgende Grundannahme, ist der erste Schlüssel dieser Philosophie, um Konflikte zu vermeiden und bereits entstandene befriedigend zu lösen.

Die wohlwollende Grundhaltung

Die Grundannahme lautet: Alle Menschen tun in jedem Moment das aus ihrer Sicht Beste, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Annahme unterscheidet sich ganz erheblich von der gängigen Konfliktbewältigung: Bis jetzt wird bei einem Konflikt in der Regel gefragt, »Wer hat recht bzw. unrecht?« oder »War die strittige Handlung moralisch oder unmoralisch?« Sobald das geklärt ist, soll derjenige, der angeblich Unrecht getan oder unmoralisch gehandelt hat, sich und dem anderen seine Schuld eingestehen und sich bei seinem »Opfer« ent-schuldigen. Wenn er sich dabei für sein kritisches Verhalten schämt, ist das nach vorherrschender Meinung ebenso nützlich wie angemessen. Diese Art der Strafe diene der Wiedergutmachung für das Opfer, sorge für die Läuterung des Täters und trage zur Abschreckung zukünftiger Täter bei. Soweit die Theorie der üblichen Konfliktbewältigung – aber wie läuft es in der Praxis?
1. Niemand will unrecht haben oder das Prädikat »unmoralisch« zugewiesen bekommen. Also gibt es einen endlosen Streit darüber, wer Recht hat.
2. Wird jemand schuldig gesprochen, fühlt er sich ungerecht behandelt und er wird die anderen dafür später einen Preis zahlen lassen. Die anderen, das sind möglicherweise Opfer, Ankläger, Zeuge, Richter und Vollzugsbeamter. Nicht selten spielt ein Mensch all diese Rollen gleichzeitig.
3. Sollte der Täter tatsächlich von seiner Schuld überzeugt worden sein, und verurteilt er sich jetzt selbst, hilft das auch niemandem, denn es besteht die Gefahr, dass jemand, der sich selbst den Stempel »unmoralisch« auf die Stirn gedrückt hat, sich damit die Genehmigung gibt, genau so weiterzumachen wie bisher, schließlich »ist« er ja so.
4. können wir doch nicht wollen, dass die Menschen aus der negativen Energie der Schuld, Scham oder Depression heraus die Bedürfnisse der anderen achten. Wünschenswert wäre doch, dass sie davon überzeugt sind, dass das Achten der Bedürfnisse anderer der Königsweg ist, um glücklich zu werden. Gleiches gilt für das Argument der Abschreckung. Glauben wir wirklich, dass sich echte Einfühlsamkeit aus Angst entwickelt?

Die Alternative: Empathie

Nehmen wir den Fall, bei dem jemand einen anderen zweifelsfrei belogen hat. Statt den Lügner nun moralisch zu verurteilen und ihn mit Moralpredigten zu beschämen, fragt man einfühlsam, welches Bedürfnis er sich mit der Lüge erfüllen wollte. Dahinter können natürlich in jedem einzelnen Fall ganz verschiedene Bedürfnisse stehen, aber nehmen wir einmal an, es sei das Bedürfnis nach Beachtung und Anerkennung. Statt nun dem anderen vorzuwerfen, wie verwerflich Lügen sind, ihm im Falle von Wiederholungsfällen Strafen anzudrohen und eine ungefragte Psychoanalyse als Beigabe zu servieren, wird der Anhänger der Philosophie der Freiwilligkeit vielleicht Folgendes fragen: »Warst du unzufrieden, weil du dir Anerkennung wünschtest und hättest du die gerne unabhängig von deinen Leistungen? So eine Frage könnte der Anfang eines Gesprächs sein, an dessen Ende meist klar wird, dass der »Täter« lediglich Bedürfnisse befriedigen wollte, die deshalb für jeden nachvollziehbar sind, weil sie universell sind. Er hat dazu leider eine ungeschickte Strategie verwendet, bei der die Bedürfnisse der anderen unberücksichtigt blieben. Hat der Täter Empathie für seine Gefühle und Bedürfnisse bekommen, entsteht fast immer Mitgefühl für sein Opfer und der Wunsch der Wiedergutmachung. Das ist jedoch jetzt keine erzwungene Wiedergutmachung, sondern dem Täter ein echtes Bedürfnis. Auch steigt so die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter beim nächsten Befriedigen eines Bedürfnisses auch die Bedürfnisse der Mitbetroffenen berücksichtigt.

Selbstverantwortung für Gefühle

Eine weiterer Schlüssel betrifft die Selbstverantwortung: Es ist nützlich, die Verantwortung für die eignen Gefühle zu übernehmen und nicht zu glauben, unsere Gefühle seien das Ergebnis von dem, was »da draußen« abläuft. Statt also zu sagen: »Ich fühle mich unwohl, weil du dies gesagt oder jenes getan hast«, sagt man »ich fühle mich unwohl, weil eines meiner Bedürfnisse nicht befriedigt ist.« Selbstverantwortung lässt sich auch noch auf andere Weise verleugnen; hierzu ist die so genannte Amtssprache hervorragend geeignet: »Ich musste das tun.« »Ich hatte keine Wahl.« »Befehl von oben.« »Ich hatte keine Zeit.« »So sind doch die Gesetze.«

Vertrauen in Bitten

Der letzte Schlüssel besteht darin, darauf zu vertrauen, dass der Verzicht auf Forderungen und Drohungen die Freude unter den Menschen mehrt und deren Leid mindert. Wer das verinnerlicht hat, der formuliert keine Forderungen mehr, sondern nur noch Bitten. Eine Bitte unterscheidet sich von einer Forderung dadurch, dass man sie auch ablehnen kann, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Der implizite Zusatz einer echten Bitte lautet daher eigentlich immer: »Erfülle meine Bitte nur, wenn du ihr mit Freude nachkommen kannst und nicht aus Pflichtgefühl, um Scham, Schuld, Strafen oder Liebesentzug zu vermeiden oder weil du Belohnungen erwartest.«

Zu dieser philosophisch-psychologischen Grundhaltung kommt noch die rechts-philosophische, die ich hier beschrieben habe und die bei einigen GfKlern auf Widerstand stoßen könnte:
Marshall Rosenberg war bei der Vorstellung allerdings erstaunlich aufgeschlossen.

Der Voluntarist zeichnet sich also durch maximale Toleranz aus: Er lässt jeden machen, was er will, wenn er dabei nicht das Leben, die Freiheit oder das Eigentum anderer verletzt. Und so lässt sich diese Haltung auch mit dem Besitz von Waffen in Einklang bringen. Sie ließe sich natürlich nicht in Einklang bringen mit Überfällen, Morden oder Entführungen. Die Frage lautet also eigentlich viel eher: Wie passen Gewaltlosigkeit bzw. Freiwilligkeit und Politik zusammen? Und darauf habe ich keine Antwort, denn initiierende Gewalt und Zwang sind die Grundlagen der Politik. »Gewalt« rührt von dem althochdeutschen Verb »waltan« her, was so viel bedeutet wie »beherrschen«. Von Gewalt kann man also sprechen, wenn ein Einzelner oder eine Gruppe über andere herrscht und Gebote wie Verbote erlassen werden — so wie in der Politik. Wenn der Staat den Bürger zwingt, Steuern zu zahlen, auch wenn der das nicht möchte, ist das eine Form von Gewalt. Auf Steuern, die nicht freiwillig sind, basiert aber unser gesamtes System.

Kraut & Rüben (2)

Hallo, Welt!
Heute wieder ein fröhliches Sammelsurium.
Zum einen habe ich mich über den Kommentar von Gabriel gefreut. Dass er gerade jetzt noch Zeit gefunden hat, das gestrige Thema zu kommentieren, finde ich wunderbar. Es erfüllt mein Bedürfnis nach Gesehen werden und gibt einen Boost an Wertschätzung.

Heute fand ich auf Spiegel online eine Erklärung zum Thema „Kinder wie die Zeit vergeht“, die ich hier gern nachtragen möchte, weil sie zu gut zum gestrigen Thema passt. In dem Artikel ging es um die hirnorganischen Unterschiede bei Menschen mit Tourette-Syndrom und mit Parkinson. Hier nur die Stellen, die sich mit der Verarbeitung von Zeit im Gehirn beschäftigen:

Es ist, als halte mich jemand ständig mit einem starken Gummiband zurück“, sagt Jan Güttich (Anm.: der Parkinson-Patient).

„Es ist, als lebe ich mit einem eingebauten Porsche“, sagt dagegen Christian Hempel (Anm.: der Tourette-Syndrom-Patient) auf seinem Sofa in Lüneburg über das Ungleichgewicht in seinem Kopf. Den einen macht so ein Ungleich – gewicht schneller, den anderen macht es langsamer. Der eine erlebt dadurch viel in kurzer Zeit, der andere an langen Tagen wenig. Für den einen verfliegt die Zeit deshalb, für den anderen vergeht sie so, als habe die Stunde 120 Minuten.

„Wenn uns langweilig ist, vergeht die Zeit ja auch nicht“, sagt Ernst Pöppel, Hirnforscher und Psychologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. An den Wänden in seinem Büro hängen gerahmte Bilder, Kunstwerke. Einige zeigen, bunt und vereinfacht, das menschliche Gehirn. Pöppel beschreibt, wie Dauer funktioniert. Er erklärt, warum Zeit nicht gleich Zeit ist und abweichen kann von der Zeit, die die Küchenuhr anzeigt.

„Die Maschinerie im Gehirn ist bei jedem Menschen die gleiche“, sagt Pöppel, „die Frage ist nur, womit er diese füllt.“

Der Mensch hört, sieht, riecht, schmeckt, er erlebt etwas und heftet es zusammen, bündelt es, 30 bis 40 Millisekunden lang, dann erst stößt die Maschine das Bündel weiter auf die nächste Rampe wie auf einer fließbandgesteuerten Packstation.

Dort wird das Bündel abgescannt nach seiner Größe. Das Bündel kann groß oder klein sein, leicht oder schwer, je nachdem, was eingegangen ist an Erlebnissen.

Viele? Weil jemand schnell die Treppen hochgerannt ist?

Wenige? Weil jemand langsam die Treppen hinabsteigt?

Was herauskommt, ist ein Zeitfenster, das dem Menschen ein Gefühl von Dauer gibt. Die Zeit stößt sich voran, rhythmisch, nicht fließend, alle paar Sekunden neu. „Wenn jemand wenig erlebt, vergeht die Zeit nicht, in der Rückschau aber schrumpft die Zeit, weil nichts drin liegt in so einem Bündel. Wenn jemand viel erlebt, in einer neuen Stadt oder mit einem neuen Menschen, verfliegt für ihn die Zeit.“

Dass sie verfliegt, dass alles schneller geht, bemerkt er aber erst durch den Vergleich mit anderen. „Ohne Umgebung fehlt ihm der Bezugspunkt“, sagt Pöppel. (snip)

(…) Das Medikament hat hemmende Wirkung, wenn das Gehirn, zum Beispiel, zu große Mengen an Dopamin freisetzt. Dopamin ist ein Botenstoff und ist für den Bewegungsablauf des Menschen verantwortlich.

Er ist wichtig, damit die Nervenzellen im Kopf arbeiten, damit das Gehirn Reize aufnimmt und sie verarbeitet. Ist zu viel Dopamin vorhanden, herrscht eine Art Überflutung von Reizen im Kopf, also werden die Bündel aus der Pack – station, über die der Hirnforscher spricht, zu voll.

Ist zu wenig Dopamin da, herrscht eine Art Ebbe an Reizen, es verlangsamt, es lähmt. Bei Menschen, die mit Parkinson leben, so wie Jan Güttich in München- Giesing, produziert das Gehirn nur noch 15 Prozent dieses Botenstoffs. Er nimmt ein Medikament, das den Dopaminspiegel erhöht, der amerikanische Neurologe Oliver Sacks hat es mitentwickelt, es bringt ihn für eine Zeit lang wieder in Bewegung. Aber die Nebenwirkungen machen ihn an manchen Tagen müde.

(…)
Dass er langsamer ist als die anderen, bemerkt er erst, wenn er sich umsieht, wenn er sieht, wie die das machen. Oder beim Bezahlen an der Kasse. „Die holen einfach das Geld raus.“ Es ist die Umgebung, die ihm einen Bezug liefert, erst im Vergleich nimmt er wahr, dass seine Zeit eine andere ist als die der anderen Menschen. Seine persönliche Zeit weicht ab von der „Uhr- Zeit“.

„Ich denke immer, der Tag müsste mehr als 24 Stunden haben“, sagt er (Anm.: der Parkinson-Patient). Denn: In seiner inneren Packstation sind die Bündel klein und leicht, es sind nur wenige Informationen drin, er langweilt sich zwar nicht, aber in der Rückschau auf das, was er getan hat, erscheint ihm die Zeit, als sei sie geschrumpft. Es ist nichts drin, leer, fast nichts da.

Christian Hempel sagt in Lüneburg über seinen Tag, dass viel drin sei, dass seine Zeit schnell vergehe und dass sie ihm in der Rückschau lang erscheine.

Ist das nicht oberspannend?

Kommen wir nun zum Thema „Lieber gut geklaut als schlecht abgeschrieben“. Auf Olivers Blog weise ich ja schon bei den Links in. Im Frühling hatten wir hier mal eine interessante Diskussion zum Thema Waffenbesitz. Oliver hat dazu in seinem Blog im wahrsten Sinne des Wortes Aufregendes geschrieben und ich habe ihn um Erlaubnis gebeten, davon hier etwas zitieren zu dürfen. Dem hat er zugestimmt, und morgen findet Ihr also an dieser Stelle einen Text von ihm, der sich unter anderem mit dem Gewaltmonopol des Staates befasst.
Danke dafür, Oliver.

Mein Freund, der mit auf der Kanalreise durch Frankreich war, schickte mir heute den Hinweis auf einen anderen Blog und schrieb dazu: ICH bin Dir übrigens dankbar für das Vertrauen, zu Deiner Crew gehören zu dürfen, und die wunderbare Bootsfahrt!
DANKE
Und in dem anderen Blog fand ich eine wunderbare Idee, die ich sofort stehle. Die Autorin hat nämlich einen Monat der Dankbarkeit aufgerufen, und diese Idee hat mich so begeistert, dass ich das ebenfalls tun werde. Allerdings nehme ich dafür den Weihnachtsmonat und nehme mir hiermit vor, ihn unter das Motto Dankbarkeit zu stellen. Vielleicht folge ich der Gliederung der Erfinderin (ich habe nur die Einleitung gelesen und alles andere wird also dann wirklich meines), vielleicht gliedere ich auch selbst. Ist ja nicht so, dass wir hier nicht genug Rubriken haben.

Last but not least ein Rückblick auf „My private Kabbalah“, über das ich ja am 21. Oktober geschrieben habe. Irgendwann in den Tagen danach hat Tabasco, meine wunderbare Freundin, die auch noch programmieren kann wie Teufel, einen Hinweis auf diesen Blog in das Forum „Gewaltfrei im Norden“ eingebaut. Sie war nicht ganz zufrieden, ich bin todbeeindruckt, denn alle paar Minuten flasht jetzt ein Teaser für diesen Blog auf. Ruckartig sprangen die Zahlen hoch. Nur mittlerweile glaube ich überhaupt nicht mehr, dass es echte Zahlen sind. 153 Zugriffe an einem Tag wie heute, davon 21 eindeutig? Egal wie, der Blick auf die Zahlen hat seinen Schmerz verloren und wenn wieder einmal exorbitante Werte auf der Uhr sind, kann ich nur noch lachen. Ich den vergangenen vier Wochen sind angeblich über 5000 Klicks hier gekommen, all die Monate von Januar bis Oktober zusammen aber nur 10000. Wer’s glaubt…! Aber völlig egal, die Zahlen haben ihren Schrecken verloren und das ist wunderbar.
Ansonsten gibt es ein paar Leute, für die ich gern Zeit hätte (Hallo nach Oldenburg, Bremen und Braunschweig) und ein paar Jobs, auf die ich heute keine Lust habe (Katzenklos…). So, jetzt seid Ihr glaube ich perfekt im Bilde!

So long!
Ysabelle

Meine Zeit

Hallo, Welt!
Was mache ich mit meiner Zeit? Wann ist es wertige Zeit? Warum habe ich bei Terminen am Abend das Gefühl, sie stehlen mir die Zeit? Warum habe ich nicht genug Zeit? Warum nehme ich mir nicht die Zeit…

Ich merke bei diesem Thema, dass mir Glaubenssätze das Denken und Fühlen erschweren. Wenn ich zum Sport gehe, tut mir das gut, ich mache etwas für meine Gesundheit, erfülle mir ein paar wunderbare Bedürfnisse. Trotzdem: Abende im Sportstudio stehlen mir Zeit. Wie kann das sein?

Ich fand dazu eine interessante Meldung:
Mit zunehmendem Alter wird die Zeit beschleunigt erlebt. Diese subjektive Erfahrung wurde erstmals durch exakte Messungen nachgewiesen, wie der deutsche Psychologe Richard Mahlberg in der Zeitschrift „Psychiatrische Praxis“ belegt.

Bei dem Versuch präsentierten die Forscher Testpersonen einen Reiz über eine bestimmte Dauer. Anschließend mussten die Probanden ein möglichst gleichlanges Zeitintervall reproduzieren. Die Ergebnisse zeigten laut Mahlberg, dass die Versuchspersonen mit zunehmendem Alter die Dauer des vorgegebenen Reizes länger einschätzten und daher auch einen längeren Reiz reproduzierten. Verantwortlich dafür sei eine Störung der Aufmerksamkeit.

Das Erstaunen älterer Leute über die schnell vergangene Zeit sei jedoch eher ein retrospektives Phänomen. Ein gut erinnerter Zeitpunkt sei seit einer erheblich längeren Zeitspanne vergangen, als im Gedächtnis repräsentiert, erklärt Mahlberg.

Oh ha! Eine andere Quelle behauptet, es liege am Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn… Wieso ist es nun in Ordnung, morgens Sport zu machen, aber abends stiehlt es mir die Zeit? Wieso ist es in Ordnung, in einen komatösen Erschöpfungsschlaf zu fallen, der zwölf Stunden dauert, aber es fühlt sich „falsch“ an, 90 Minuten Mittagsschlaf zu machen?
Es gibt Dinge, von denen etwas in mir denkt, ich müsse sie machen. Papierkram zum Beispiel. Bügeln. Bestimmte Hausarbeiten. Und dann gibt es wieder Dinge, die kann ich manchmal nicht machen, obwohl ich gern möchte. Golf spielen zum Beispiel, wenn ich 14 Tage durchgearbeitet habe. Und gerade dann bin ich zu erschöpft und fühle mich auch einsam, wenn ich allein zum Golfplatz fahre. Ich gehe also lieber ins Bett. Ich jaule rum, weil ich keinen Kinofilm mehr zu sehen kriege. Aber wenn mich die Kollegen fragen, ob ich um 20.15 Uhr mit ins Cinemaxx komme, winke ich ab. Es wird mir dann zu spät mit dem Nachhausekommen…
Was will ich mit meiner Zeit anfangen? Was tut mir gut?
Ich glaube, diesem Thema möchte ich in den nächsten Wochen mehr Aufmerksamkeit widmen.
Wie geht es Euch mit dem Thema Zeit? Mögt Ihr mal erzählen?

So long!

Ysabelle

Zugfahrt

„Freie Bahn für alle Tüchtigen, das sei unsere Losung.“
Theobald von Bethmann Hollweg, Reichstagsrede vom 28. September 1916, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 1871-1918, Band 302, S. 1694

Von meinem Dorf in Schleswig-Holstein fahre ich morgens mit dem Zug in die große Stadt. Zurzeit gibt es im Verlauf der Strecke größere Baumaßnahmen, die zur Folge haben, dass unser Abschnitt mit Fahrzeugen bedient wird, deren Typ man früher Schienenbus nannte. Zwischendurch fahren ein paar 30 Jahre alte Regionalbahnen. „Das ist ein schöner Zug“, sagte heute ein Dauerfahrgast, der wegen des besseren Komforts vom „Schienenbus“ in den alten roten DB-Zug wechselte. Ich antwortete, „aber nur bis E.“, denn dort steigen immer sehr viele Passagiere zu und es wird voll. „Stimmt!“, sagte mein Mitreisender. „Da steigen immer die Rabauken ein!“
Fast hätte ich zurückgefragt, was für ihn einen Rabauken ausmacht. Dann lag mir auf der Zunge, „Ihnen ist Respekt wirklich wichtig, oder?“ und dann beschloss ich, ein wenig über unterschiedliche Wahrnehmungen zu sinnieren. Meine Wahrnehmung ist, dass in E. oft zehn oder mehr Menschen in unser Abteil einsteigen. Das geschieht nicht geräuschlos. Dann lesen manche Zeitung, andere holen ihren Laptop aus der Tasche, rufen ihre Mails ab, telefonieren, dritte dösen, hören Musik oder sehen aus dem Fenster.
Was nimmt mein Mitreisender wahr, dass er sich von Rabauken umgeben wähnt? Ich vermute, es liegt daran, dass die neu Zugestiegenen nicht grüßen. Außerdem nehmen sie oft keinen Blickkontakt auf mit denen, die schon im Abteil sitzen. Vielleicht ist es auch der veränderte Geräuschpegel, der dadurch entsteht, dass plötzlich 20 statt fünf Menschen in einem Abteil sitzen. Ich vermute, das Urteil „Rabauken“ entsteht, wenn wichtige Bedürfnisse unerfüllt sind oder bleiben. Es ist eine Einladung, uns für ihre Erfüllung einzusetzen.

Heute will ich meinen Urteilen nachspüren. Welches unerfüllte Bedürfnis kann ich dahinter erkennen?

Zaubersprüche

Hallo, Welt!

Ich habe ja bei Anu Garg ein „Word a day“ abonniert und bekomme jeden Tag ein wunderbares englisches Wort per Mail geschickt. Heute fand ich folgende Mail in meinem Briefkasten, die mich sehr angesprochen hat. Falls jemand von Euch ebenfalls Interesse hat, ein Wort zu abonnieren, hier die Adresse.

So long!

Ysabelle


The Magic of Words

There’s a new exhibit here in Seattle, showcasing props from the Harry Potter series. As I make my way through it, I see kids holding magic wands in their little fingers and pretending to cast spells. If only we all had a book of spells we could use to make things happen!
It turns out we do. It’s called a dictionary. It has all the magical words we need (though some assembly is required). We can use them to convince (from Latin vincere: to overcome), to motivate (from movere: to move), to inspire (from inspirare: to breathe [life] into), and more.

At Wordsmith.org we’d like to continue introducing you to spells new and old, but we need your help.

Autumn Contributing Membership Drive: If you enjoy reading our daily A.Word.A.Day, please consider becoming a contributing member:

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We appreciate your support in any amount. Those contributing $100 or more are invited to choose one of the following thank-you gifts:
o MooT, a game of etymology and semantics, courtesy Blair Arts
o An autographed copy of any one of my books
As always, keep us posted with your feedback.

Anu Garg

Wortschätzchen: Frivol

„O, frivol ist mir am Abend“
(Titel einer Show, in Anspielung an das Lied „O, wie wohl ist mir am Abend“)

Neulich stolperte ich in einem Gespräch über den Ausdruck „eine frivole Frau“ und stellte dabei fest, dass unterschiedliche Menschen sehr unterschiedliche Gefühle mit dem Wort verbinden. Also ein perfektes Objekt für ein Wortschätzchen!
Zunächst mal zur Grammatik.
frivol
Adjektiv
Positiv Komparativ Superlativ
frivol frivoler am frivolsten

Silbentrennung:

fri·vol, Komparativ: fri·vo·ler, Superlativ: am fri·vols·ten

Aussprache:

IPA: [fʀiˈvoːl], Komparativ: [fʀiˈvoːlɐ], Superlativ: [fʀiˈvoːlstən], [fʀiˈvoːlstn̩]

Bedeutungen:

[1] frech, schamlos
[2] veraltend: leichtfertig

Herkunft:

lat. frivolus → la > franz. frivole → fr

Synonyme:

[1] anstößig, anzüglich, unanständig
Mit Frivolität bezeichnet man:

* eine mit sexueller Anspielung versehene Mehrdeutigkeit meist schlüpfrigen Charakters
* eine Handarbeit in der Spitzenmacherei, auch Occhi genannt, siehe Spitze (Stoff) #Occhi (Frivolitäten)

Das war doch schon mal aufschlussreich, oder?
Also, ich verbinde mit dem Wort frivol eher Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen:
angeregt
aufgedreht
belebt
beschwingt
energiegeladen
fröhlich
gut gelaunt
inspiriert
lebendig
leicht
mutig
schwungvoll
selbstsicher
unbekümmert
unbeschwert
vergnügt
wissbegierig
zärtlich

und meine erfüllten Bedürfnisse wären wahrscheinlich
Autonomie
Selbstvertrauen
Authentizität
Echtheit
Zärtlichkeit
eventuell Gesehen/gehört werden
Heiterkeit
Leichtigkeit
Freude
und auch Spiritualität, obwohl ich gerade dieses nicht begründen kann.

Meine Großmutter war vermutlich jemand, der sich über Marlene Dietrichs Film „Der blaue Engel“ aufregen konnte. Und die Dietrich, aber auch Hildegard Knef waren für sie frivole Frauen. Wenn ich mal nachspüre, welche Gefühle da bei ihr aktiv gewesen sein mögen, komme ich auf
ärgerlich
alarmiert
beklommen
bestürzt
hoppla – da ist wahrscheinlich auch ganz viel Angst im Spiel, denn eine Frau, die sich nimmt, was sie will – die nimmt sich vielleicht auch meinen Mann… Oder sie wird gesellschaftlich geächtet, weil Frau sowas nicht tun darf…
hasserfüllt – so benimmt man sich nicht!
schockiert
unbehaglich
unter Druck – muss ich vielleicht auch so sein?
wütend
zornig

Und welche Bedürfnisse sind bei mir dann im Mangel, wenn ich mit einer „frivolen Person“ konfrontiert bin?
Schutz, denke ich mal als erstes.
Sicherheit
Ordnung
Zugehörigkeit
Vertrauen und damit verbunden wahrscheinlich auch
Selbstvertrauen
Intimität, Nähe, Geborgenheit, wie ich sie verstehe
Harmonie

So ungefähr könnte es für meine Oma gewesen sein.
Ist es nicht spannend, wie sich mit dem Zeitgeist der Geschmack eines Wortes verändern kann? Außerdem fällt mir auf, dass „frivol“ ein Urteil sein kann. Und je nach Standort des Betrachters schwingt Leichtigkeit und Spaß oder Angst und Zorn mit, also Billigung oder Missbilligung. Worte sind doch wirklich faszinierend, oder?

So long!

Ysabelle

Vom Nichtstun

Hallo, Welt!

Heute war ein besonderer Tag, denn ich habe fast nichts getan. Das ist bei mir mit interessanten Gedanken-Lieferungen verbunden. Das Wörtchen „faul“ konnte ich die meiste Zeit für mich übersetzen mit „bist du besorgt, dass Arbeit liegen bleibt, die dringend erledigt werden muss?“. Ich habe zum Beispiel die DVD mit dem Konzert von Simply Red auf Kuba, die schon seit zwei Jahren hier liegt, zum Laufen gebracht. Ich habe mein Bett frisch bezogen, mir fiel zwischendurch ein, das könnte man ja mal wieder machen. Die zweite Maschine Wäsche läuft. Ich hatte ein 45-minütiges Telefonat mit meinem Sohn, der von seiner Arbeit erzählt hat und von seiner Sorge, wer mich pflegt, wenn ich alt bin. So richtig nett hat er das nicht verpackt, und er hatte auch gleich eine Idee, wie man das outsourcen könnte, aber immerhin. Es fällt mir schwer, „nichts“ zu tun, weil es gleichzeitig so viele Dinge gibt, von denen meine inneren Stimmen der Meinung sind, sie müssten aber jetzt unbedingt getan werden… Gleichzeitig merke ich, dass ich müde und erschöpft bin, dass mir Ruhe und Entspannung gut tun. Noch drei solche Tage, und ich würde wahrscheinlich von allein anfangen zu putzen. Aber dafür reicht die Energie einfach nicht.
Ich merke, wie mir Umarmungen und Berührungen fehlen. Mich anlehnen können, durchatmen. Der Urlaub hatte davon leider nicht so viel auf Lager, und die Menschen, mit denen ich das gern tun würde, sind leider alle nicht um die Ecke. *winkt_nach_Oldenburg,_Bremen,_Hannover_und_Braunschweig*. Alles Mögliche kriege ich organisiert, technischen Support, Hausmeisterservice, sogar Fahrdienst. Aber das mit der Wärme klappt nicht so recht. Vielleicht sollte ich auf dieses unerfüllte Bedürfnis mal mein Augenmerk richten. Was kann ich dazu beitragen, um es zu erfüllen? Nächsten Sonntag ist „Leicht und lebendig“ in Hamburg, nur leider muss ich arbeiten. Ich könnte noch mal durch mein Telefonbuch gehen und gucken, wer da zum Kuscheln zur Verfügung steht. Hm, da geht die Energie eher in den Keller als nach oben. Da meldet sich ein Stimmchen, „da kuschelt sowieso keiner…“. Oh, ha, dann ist dieses Thema offenbar gerade dran. Ich halte Euch auf dem Laufenden.

So long!

Ysabelle

Empathie – aber richtig!

Hallo, Welt!

Habt Ihr ein paar Miniten Zeit? Dann möchte ich Euch dieses Video empfehlen. Ich habe bisher noch nirgendwo so klar und plastisch den Begriff Empathie erläutert gefunden. Oliver hat einen Film daraus gemacht.

Und wer es lieber nachlesen möchte: „Gewaltfreie Kommunikation Eine Sprache des Lebens“ von Marshall Rosenberg, Seite 114.

So long!

Ysabelle

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