Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Und immer wieder: Verbindung…

Hallo, Welt!
Vor ein paar Wochen hatte ich einige Leute gebeten, ob ich mich ihrer Übungsgruppe anschließen dürfe. Just zu meinem Geburtstag kam die Absage. Man brauche einen geschützten Raum zum Üben und Lernen, ein erfahrener GfK’ler störe da nur (frei übersetzt).
Ich habe eine Woche gebraucht, um diese Mail lesen zu können und mich mit den wunderbaren Absichten hinter dieser Nachricht zu verbinden. Ich habe dann schwer darum zu ringen, nichts „falsch gemacht“ zu haben, oder, schlimmer noch, falsch zu sein. Und da grüßt sie schon wieder, die Scham! Es dauert jedenfalls immer ein bisschen, bis ich aus diesem Loch herausgekrabbelt bin. Die Absage wirkte auf mich wie eine Tür, die ins Schloss fällt, auch noch feste von innen zugehalten wird. Und beim Bebrüten der Nachricht ist mir klargeworden, dass nicht die Absage an sich am meisten schmerzt. Es kann ja viele gute Gründe geben, warum man in der bisherigen Konstellation weiter machen möchte. Was so schwierig ist, ist dass es keine Verbindung gibt. Heute erkläre ich den Satz:
„Wie geht es dir damit?“
für den wichtigsten in der deutschen Sprache. Denn er – aus dem Herzen gesprochen – besagt: Du bist mir wichtig. Deine Bedürfnisse sind mir nicht egal. Er versüßt das Nein, indem ein JA zur Verbindung bleibt. Beim Nachdenken über diese Zusammenhänge komme ich mit einer tiefen Traurigkeit in Kontakt. Wie sehr hat mir das in meinem Leben gefehlt, die Schleife vom „Was brauche ich UND was brauchst du? Wie geht es mir UND wie geht es dir?“ Wenn keine Verbindung besteht, spüre ich schnell eine tiefe Not, einen Schmerz, eine Verzweiflung, die mit Sicherheit ihren Ursprung nicht in 2012 hat sondern eher 1960. Und da war „kein Kontakt“ auch immer mit akuter Lebensgefahr verbunden. Meine schwer kranke Mutter war damals oft wie betäubt, nicht ansprechbar, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie angstbesetzt das war, wenn sie sich nicht bewegte, kein Lebenszeichen von sich gab.

Ich habe ein paar Freunde, die ich nur selten sehe oder spreche. Einer lebt nahe München. Manchmal hören wir ein halbes Jahr nichts voneinander. Aber ich habe keine Angst, dass unsere Beziehung darunter leidet. Sie ist gesetzt. Da hat es einmal ein Erlebnis gegeben, wo dieser Mann in einer Situation für mich da war, in der ich wahrscheinlich eher nicht ans Telefon gegangen wäre. Und wenn ich in den vergangenen zehn Jahren Angst um die Stabilität der Beziehung hatte, erinnerte ich mich an diese Situation und konnte mich wieder entspannen. Auch meinen Freund Helmuth sehe und höre ich nur alle Jubeljahre. Und gleichzeitig weiß ich: Wenn bei mir die Hütte brennt, ihn kann ich immer anrufen, mich zumuten. Erfreulicherweise geht es mir auch mit meiner Freundin Tabasco so. Gerade neulich habe ich sie überfallen: Kann ich Morgen Nacht bei dir schlafen? Hurra, das klappt! Und dann gibt es Menschen, die tauchen einfach unter, sind weg, so unerreichbar als lebten sie auf Beteigeuze. Selbst wenn ich sie anrufe, bekomme ich keinen Kontakt, selbst wenn sie auf eine SMS antworten, gibt es keine Verbindung. *kreisch* . Das macht was mit mir!
Bei Helmuth, Tabasco, Berliner Freunden und einigen anderen Menschen habe ich den Eindruck, die Tür zu ihnen ist immer auf, auch wenn wir nichts voneinander hören. Bei anderen habe ich den Eindruck, die Tür ist fest verrammelt. In meinem Gehirn rappelt es gerade: Was ist die Beobachtung dazu? Vielleicht, wenn Anfragen nicht oder nur einsilbig beantwortet werden. Wenn es auf der anderen Seite (gerade in diesem Moment) keine Offenheit gibt, aber eben auch keine Verbindung. Also: Wenn der andere nichts von sich preisgibt: Warum ist es gerade so mit mir? Ich will dir ermöglichen, das zu verstehen. Ich erlebe das als Bedrohung, und fast bin ich wieder das kleine Mädchen, das sagt, Mami, mach doch mal die Augen auf…
Heute ist es nicht einmal mehr meine Lieblingsstrategie, gerade von diesen „verschlossenen“ Menschen gesehen und gehört zu werden. Es ist eine erprobte Strategie, vermutlich ein verzweifelter Versuch, die Wunden der Kindheit zu heilen. Aber statt mich an Menschen abzuarbeiten, mit denen ich keine verlässliche Verbindung, keine offene Tür etablieren kann, habe ich heute die Wahl, mich dorthin zu wenden, wo es für mich immer einen Platz gibt. Es fällt mir nur an manchen Tagen so schwer, daran zu glauben…

So long!
Ysabelle

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