Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Systemisches Konsensieren – Wie funktioniert das eigentlich?

Systemisches Konsensieren ist ein innovativer Moderationsansatz der die Nachteile der herkömmlichen Arten, in Gruppen eine Entscheidung zu treffen geschickt vermeidet und sich vor allem in Konfliktsituationen als besonders hilfreich erweist.

Wenn Menschen zusammenkommen um etwas zu bewegen oder um gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten gibt es pausenlos etwas zu entscheiden.

Von der weiteren Vorgehensweise („Machen wir heute länger um alles zu schaffen?“) über einzelne Tagesordnungspunkte („Für welchen Anbieter entscheiden wir uns?“) bis hin zur gemeinsamen Struktur („Wie gehen wir damit um, wenn sich einzelne nicht an Vereinbarungen halten?“).
Solange alle sich einig sind gibt es wenig Probleme, dann können Entscheidungen schnell und häufig sogar im Konsens getroffen werden. Wenn die Themen brisanter werden, die Anzahl der Optionen oder der Teilnehmer steigt oder Konflikte auftreten wird es häufig schwerer eine gemeinsame Lösung zu finden.

Verschiedene Lösungsansätze lassen sich dann häufig beobachten:

  1. Die Gruppe diskutiert solange über die einzelnen Möglichkeiten bis einzelne frustriert aufgeben und die Lösung letztlich von den zähesten Rednern gewählt wird. Für die Gruppe ist dieser Prozess oft sehr frustrierend und trägt zum schlechten Image der Gruppenentscheidungen bei, die Bereitschaft, sich in Zukunft auf eine Diskussion einzulassen sinkt.
    Konsens durch Ermüdung.
  2. Jemand aus der Gruppe übernimmt die Führung und schlägt einen Weg ein – und häufig auch mit der Faust auf den Tisch. Auch wenn diese Lösung bedeutet, dass letztlich eine Einzelperson die ganze Gruppe dominiert sind häufig viele froh darüber, dass jemand sie aus den endlosen Diskussionen rettet.
    Der Chef entscheidet.
  3. Die Gruppe entscheidet sich für eine formale Abstimmung zwischen den Optionen. Dabei gilt häufig die einfache Mehrheitswahl weil nichts anderes gemeinsam vereinbart wurde.

Die ersten beiden Varianten entsprechen eher einem informellen Entscheidungsprozess oder sind Ausdruck bestehender Machthierarchien. Variante 3 ist zwar von der Gruppe formal legitimiert, birgt aber auch einige Tücken, die sich mit dem Systemischen Konsensieren leicht vermeiden ließen. Je nachdem wieviele Optionen zur Verfügung stehen und wie gewichtig die Frage ist kann die Gruppe zwischen Schnellkonsensieren, Auswahlkonsensieren und vertieftem Konsensieren wählen um ein Problem zu lösen.

Ein Beispiel zum Auswahlkonsensieren

IMG_1546Am gemeinsamen Arbeitsplatz der Gruppe soll ein Bild aufgehängt werden das von einem regionalen Kunstsammler zur Verfügung gestellt wird. Die Gruppe ist sich einig, dass sie auf jeden Fall eines aufhängen wollen um die Athmosphäre im Raum zu verbessern. Wenn sie sich nicht einigen können entscheidet der Kunstsammler, welches er aufhängen wird. Zur Auswahl stehen 8 verschiedene Bilder.
IMG_1568Bei der sogenannten demokratischen Abstimmung hat jede Person eine Stimme für ihre bevorzugte Option. Die Option, die am meisten Stimmen bekommt, gilt als gewählt. In unserer Beispielgruppe sah die Abstimmung so aus, dass von den 8 Mitgliedern fast jeder ein bestimmtes, individuelles Bild bevorzugen würde, zwei Personen hatten dasselbe Lieblingsbild. Formal würde also Bild G mit 2 Stimmen als gewählt gelten.
Hier zeigt sich, dass das Mehrheitsprinzip wie wir es kennen nicht in der Lage ist, mit vielen Optionen umzugehen – um eine überzeugende Mehrheit zu vereinen muss die Anzahl der Optionen auf 2-3 reduziert werden. Es versagt also bereits bei banalen Fragestellungen.
Häufig erfolgt deswegen eine Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten oder es wird direkt eine Ja/Nein Frage gestellt: „Soll DIESES Bild aufgehängt werden? Wer ist dafür, wer dagegen?“)
Auf diese Weise werden zusätzlich künstliche Fronten geschaffen, ich fange an, um Zustimmung für mein Lieblingsbild zu kämpfen, Allianzen zu suchen und gegen andere vorzugehen.

IMG_1569Ganz anders bei der Bewertung mit Widerstandsstimmen. Hier ist die Idee, dass jede/r für jede Option 10 Widerstandsstimmen (W-Stimmen) vergeben kann, und zwar abhängig davon, wie groß die eigenen Bedenken wären, würde diese Option umgesetzt.
Hier zeigt sich am selben Beispiel eine ganz andere Verteilung.
Offentsichlich könnten die meisten Mitglieder der Gruppe mit Bild A ganz gut leben. Ein Kampf um Zustimmung erübrigt sich, jeder möchte lieber die Widerstände der anderen reduzieren und wird schnell lernen, dass das nur durch Entgegenkommen möglich ist. Auf diese Weise sind vielfältige Optionen möglich, die die Wirklichkeit wesentlich besser abbilden als Schwarz-/Weiße Ja/Nein Fragen. Konflikte werden nicht künstlich erzeugt und verstärkt sondern durch die Systemeigenen Regeln abgebaut.

Wie es wirkt

Schluss mit…

  • endlosen Diskussionen
  • unzufriedenen Gruppenmitgliedern
  • halbgaren Kompromissen

Das „Systemische Konsensieren“ führt unabhängig von moralischen Appellen oder Regeln nahezu automatisch zu einer Verhaltensänderung in der ganzen Gruppe:

Statt einem Kampf gegeneinander führt es zu mehr Miteinander bei der Lösungssuche.
Der Name weist auf das Ziel hin, eine Lösung zu finden, die einem Konsens möglichst nahe kommt, aber ohne den Druck, ihn erreichen zu müssen. Damit sind Entscheidungen tragfähiger, es gibt keine Sieger und Verlierer mehr!

 

Mehr Infos auf systemisches-konsensieren-berlin.de/

Zahlenmystik

Hallo, Welt!
Gern pflege ich ja das Image, dass ich nicht rechnen kann. Welches Bedürfnis erfülle ich mir eigentlich damit? Vielleicht nach Schutz, damit andere mich nicht fragen, und ich womöglich die Antwort nicht kenne. Vielleicht habe ich auch ein Bedürfnis nach Unterstützung. Bitte hilf mir beim Rechnen… Oder geht es um Ruhe? Damit will ich nichts zu tun haben…? Oder um Verständnis: Schließlich habe ich gesagt, dass ich es nicht kann, dann versteht doch sicher jeder, dass in meiner Rechnung Fehler sind, oder? Leichtigkeit: Ey, rechnen strengt mich so an, könnt Ihr das nicht machen?
Jedenfalls habe ich es mir in dieser Nische ganz gemütlich eingerichtet, einen kuscheligen Sessel und eine Stehlampe reingestellt und kann mich prima dorthin zurückziehen.
Heute nun war wieder mal einer der Termine beim Steuerberater. Mich betreut ein reizender junger Mann, der meine Bedürfnisse nach Respekt, Unterstützung, Verstehen und Vertrauen voll erfüllt. Wenn es nicht gerade ein Besuch beim Steuerberater wäre, würde ich sagen, der Kontakt beglückt mich, natürlich in rein professioneller Hinsicht.
Heute nun gab es drei Situationen, in denen ich wunderbar gerechnet habe. Mein Berater hat sich verrechnet, ich ich hatte das richtige Ergebnis. Da flogen auf einmal Zahlen durch die Luft, von denen ich wusste, dass sie falsch waren. Und bei allen drei Gelegenheiten, bei denen ich nun heute gerechnet hatte, war das Ergebnis richtig.
Ich saß also beim Steuerberater und freute mich, dass ich richtig gerechnet hatte. Und ich fing laut an, mir selbst Wertschätzung zu geben: So schlecht, wie ich immer sage, kann ich anscheinend im Rechnen gar nicht sein. Anscheinend kann ich viel besser rechnen, als ich mir das selber zutraue. Ich möchte noch mal erwähnen, wie zufrieden und froh ich darüber bin, wie gut ich insgesamt mit diesem Buchhaltungskram klarkomme, obwohl ich doch immer wieder denke, ich könne gar nicht rechnen…

Na, das war schon verteilt auf 90 Minuten. aber trotzdem dürfte es auffällig gewesen sein. Ich glaube, dass es für mich gewirkt hat, vor allem das laute Aussprechen und Anerkennen, dass der alte Glaubenssatz nicht zutrifft. Ich fühle mich mutiger und kompetenter (jetzt bitte keine Diskussion darüber, wie man sich fühlt, wenn man sich kompetenter fühlt. Kraftvoll. Punkt.) Und was passiert? Ich entdecke heute Abend eine Rechnung, die komplett falsch ist. Hm, vielleicht nicht komplett (was ist die Beobachtung?). Aber bei einzelnen Positionen hat der Kunde einen falschen Preis bekommen. Hui! Statt jetzt wieder in die alte Schleife einzubiegen „ich kann halt nicht rechnen“ möchte ich feiern, dass ich diesen Fehler entdeckt habe. Der Kunde hat ihn nämlich nicht gefunden und eine überhöhte Rechnung bezahlt. Da bin ich doch heute echt spitze!

So long!
Ysabelle

Zettel allüberall

Hallo, Welt!
Ich bin ein Papiermessi. Messies sind Menschen, die alles aufheben möchten, weil man „das“ doch noch mal gebrauchen kann. Das führt dazu, dass meine Küche aktuell aussieht als sei ein Papiercontainer explodiert. Unterrichtsvorbereitungen, meine eigene Werbung, Rechnungen, die Abrechnung meiner Heizung, die vor einem Jahr eingebaut wurde, Trauerpost, Rechnungen an meine Mutter, Rechnungen wegen meiner Mutter, Gebrauchsanleitungen, Kundenzeitschriften, Flyer… und kleine Zettel. Im Portemonnaie, in Büchern, zwischen anderen Papieren, überall sind kleine handgeschriebene Zettelchen von meiner Mutter. Ermahnungen, Liebesgrüße, Einkaufsanweisungen, Erinnerungen, Gesprächsnotizen… Jedes Mal, wenn mir wieder einer in die Finger fällt, kommen die Tränen. Es wird keine neuen Zettelchen mehr geben.

Irgendwie möchte ich dieses Papierchaos bis Donnerstagabend lichten, sortieren, beseitigen. Aber wie?
Denn Freitag kommt meine Familie, wir werden die Asche meiner Mutter beisetzen. Und ich merke, wie viel Scham es gibt, dass meine Familie sieht, wie hier die Papierberge wuchern. Ich kann mit mir diskutieren, dass ich drei Jobs habe und den Haushalt meiner Mutter abwickele, und mich daher nicht mit einer verrenteten Vollzeithausfrau zu vergleichen brauche. Der Gedanke, nicht zu genügen, ist gerade mal sehr aktiv.

Und deshalb gehe ich heute nicht auf den Golfplatz, wie ich noch um 10 Uhr gedacht hatte. Die vergangenen zwei Stunden habe ich Zahlungsverkehr erledigt, jetzt lege ich mich ein bisschen hin, dann stelle ich neue Produkte im Shop ein und dann lade ich mein Auto aus, das bis unters Dach voll ist mit Sachen fürs Sozialkaufhaus. Damit ist dann der Samstag auch schon wieder „sinnvoll“ gefüllt. Es ist einfach zu viel.

Wenigstens mit mir kann ich freundlich sein. Ich muss mich nicht wolfen für das, was unerledigt bleibt. Ich kann anerkennen, dass ich zu jeder Zeit mein Bestes gebe.

So long!

Ysabelle

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