Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Über die Liebe

Hallo, Welt!

Dieser Tage erinnerte mich eine Freundin daran, dass Marshall der Ansicht ist, Liebe sei ein Bedürfnis und kein Gefühl. Gelesen habe ich diesen Gedanken schon öfter, auch hier vertreten. Doch zur Zeit beschäftigt mich die Frage: Wenn Liebe kein Gefühl, sondern ein Bedürfnis ist, welche Gefühle habe ich dann, wenn ich sage, ich fühle Liebe? Das ist doch das, was man landläufig sagt: Ich liebe dich…

Ich habe verstanden, dass ich mein Bedürfnis nach Liebe auf verschiedene Weise erfüllen kann. Vielleicht mit einer Schmusestunde, mit einem empathischen Gespräch, die Füße beim anderen unter die Bettdecke stecken, sich ankuscheln, im Kino an einer spannenden Stelle Hände halten… – das und vieles mehr kann mir mein Bedürfnis nach Liebe erfüllen. Aber was sind das für GEFÜHLE, die bisher immer mit Liebe umschrieben wurden?

Meine so hoch geschätzte Liste der Gefühle und Bedürfnisse gibt dazu Folgendes her:
Wenn mein Bedürfnis nach Liebe erfüllt ist, fühle ich mich je nach Verfassung

angenehm
angeregt
ausgeglichen
behaglich
berührt
beschwingt
bewegt
ekstatisch
energiegeladen
enthusiastisch
entspannt
entzückt
erfreut
erfüllt
ergriffen
erstaunt
friedlich
froh
gebannt (im Sinne von fasziniert)
gelassen
gerührt
geschützt (ist das ein Gefühl oder ein Interpretationsgefühl?)
glücklich
heiter
hellwach
inspiriert
kraftvoll
klar
lebendig
leicht
lustvoll
satt
selbstsicher
selig
sicher
still
strahlend
überwältigt
unbeschwert
wach
zärtlich
zuversichtlich.

So weit mal die Liste der Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen. Das sind so gut 4/5 aller Gefühle auf der Liste.
Bei den Gefühlen bei unerfüllten Bedürfnissen springt mich eigentlich nur Schmerz an.

Ich bin mit dieser Aufzählung unzufrieden, weil ich spüre, dass all diese Worte nicht das beschreiben, was ich fühle, wenn ich in der Vergangenheit gesagt habe, ich liebe dich.
Wie fühlen sich weiche Knie an? Was ist mit dieser tiefen Freude der Verbundenheit? Ist nicht Liebe ein gefühlter Mix aus den verschiedensten erfüllten Bedürfnissen? Respekt, Wertschätzung, Nähe, Verbindung, Wärme, erotische Anziehung, Intimität, Spiritualität? Der Eindruck, gesehen, erkannt zu sein, angenommen. Den anderen anzunehmen, ihn genau so zu akzeptieren, wie er ist, in diesem einen kostbaren Moment. Vielleicht kann ich es am ehesten beschreiben, wenn ich wirklich versuche, bei den Körpersensationen zu bleiben, die ausgelöst werden, wenn mein Bedürfnis nach Liebe erfüllt ist. Oder ist muss noch mal mit Marshall sprechen, wie es sich das genau vorgestellt hat. Kann Liebe nicht beides sein, ein Gefühl und ein Bedürfnis?

So long!

Ysabelle

William Shakespeare
Sonett No. 116

Let me not to the marriage of true mindes
Admit impediments, love is not love
Which alters when it alteration findes,
Or bends with the remover to remove.

O no, it is an ever fixed marke
That lookes on tempests and is never shaken;
It is the star to every wandring barke,
Whose worths unknowne, although his hight be taken.

Lov’s not Times foole, though rosie lips and cheeks
Within his bending sickles compasse come,
Love alters not with his breefe houres and weekes,
But beares it out even to the edge of doome:

If this be error and upon me proved,
I never writ, nor no man ever loved.

116

Was man sich treu gelobt, wenn man sich liebt,
gilt ausnahmslos. Denn wahre Liebe, die
weicht nicht vom Weg, wo es sich grad ergibt,
mag auch der Wind sich drehn, sie dreht sich nie.

O nein, sie bleibt auf festgelegter Bahn,
steht auch bei Stürmen fest am Firmament,
und dient als Leitstern dem verirrten Kahn,
unschätzbar, selbst wenn man die Höhe kennt.

Sie ist nicht an Vergänglichkeit gebunden,
wenn auch der Wangen Rot verfallen mag,
sie ändert nicht in Wochen oder Stunden,
sie bleibt bestehen bis zum jüngsten Tag.

Wenn man mir dies als falsch beweisen kann,
wär ich kein Dichter, liebte nie kein(’n) Mann.

Copyright © 2025 by: Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren! • Template by: BlogPimp Lizenz: Creative Commons BY-NC-SA.