Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Der Wolfskampf

Ein älterer Mann von den Cherokee-Ureinwohnern Amerikas belehrte seine Enkelkinder über das Leben. Er sagte zu ihnen: »Ein Kampf findet in meinem Inneren statt. Es ist ein fürchterlicher Kampf. Da kämpfen zwei Wölfe miteinander. Ein Wolf repräsentiert Furcht, Ärger, Neid, Sorgen, Bedauern, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Schuld, Vorurteile, Minderwertigkeit, Lügen, Stolz und Überheblichkeit.

Der andere Wolf steht für Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Anteilnahme, Gelassenheit, Menschlichkeit, Freundlichkeit, Wohlwollen, Freundschaft, Einfühlungsvermögen, Großzügigkeit, Wahrheit, Mitgefühl und Vertrauen. Derselbe Kampf findet auch in dir und in allen anderen Menschen statt.«

Die Kinder dachten darüber nach. Dann fragte eines von ihnen den Großvater:
»Und welcher Wolf wird gewinnen?«

Der alte Cherokee antwortete:
»Es wird der gewinnen, den ich füttere…«

Was in unserer Macht steht und was nicht

Was in unserer Macht steht und was nicht
Aus: Epiktets Handbüchlein der Moral

Das eine steht in unserer Macht, das andere nicht.

In unserer Macht stehen: Annehmen und Auffassen, Handeln, Wollen, Begehren und Ablehnen – alles, was wir selbst in Gang setzen und zu verantworten haben. Nicht in unserer Macht stehen: unser Körper, unser Besitz, unser gesellschaftliches Ansehen, unsere Stellung – kurz: alles, was wir selbst nicht in Gang setzen und zu verantworten haben.

Was sich in unserer Macht befindet, ist von Natur aus frei und lässt sich von einem Außenstehenden nicht behindern oder stören; was sich aber nicht in unserer Macht befindet, ist ohne Kraft, unfrei, lässt sich von außen behindern und ist fremdem Einfluss ausgesetzt.

Denk daran: Wenn du das von Natur aus Unfreie für frei und das Fremde für dein Eigentum hältst, dann wirst du dir selbst im Wege stehen, Grund zum Klagen haben, dich aufregen und aller Welt Vorwürfe machen; hältst du aber nur das für dein Eigentum, was wirklich dir gehört, das Fremde aber für fremd, dann wird niemand jemals Zwang auf dich ausüben, niemand wird dich behindern, du brauchst niemandem Vorwürfe zu machen oder die Schuld an etwas zu geben, wirst nichts gegen deinen Willen tun, keine Feinde haben, und niemand kann dir schaden; denn es gibt nichts, was dir Schaden zufügen könnte.

Wenn du nach einem so hohen Ziel strebst, dann sei dir bewusst, dass dies mit erheblicher Anstrengung verbunden ist: Du musst auf manches ganz verzichten und manches zeitweilig aufgeben. Wenn du aber nicht nur dieses willst, sondern auch noch der Macht und dem Reichtum nachjagst, dann wirst du wahrscheinlich nicht einmal hierin Erfolg haben, weil du zugleich das andere haben willst. Auf keinen Fall aber wirst du das bekommen, wodurch allein Freiheit und Glück möglich sind. Bemühe dich daher, jedem unangenehmen Eindruck sofort mit den Worten zu begegnen: „Du bist nur ein Eindruck, und ganz und gar nicht das, was du zu sein scheinst.“ Dann prüfe und beurteile den Eindruck nach den Regeln, die du beherrschst, vor allem nach der ersten Regel, ob sich der Eindruck auf die Dinge bezieht, die in unserer Macht stehen oder nicht; und wenn er sich auf etwas bezieht, was nicht in unserer Macht steht, dann sag dir sofort: „Es geht mich nichts an.“

Gefunden auf der Seite von Jürgen Eckel, die mich seit vielen Jahren begleitet. Er starb vor einem Jahr, und ich freue mich, dass jemand anderes die Seite weiter pflegt.

Mich von Ansprüchen lösen

„Manche können es nicht lassen – das nicht Loslassen können.“ – Gerhard Uhlenbruck, Die Wahrheit lügt in der Mitte,

Mit meinen Tagesmeditationen möchte ich dazu beitragen, das Konzept und die Haltung der Gewaltfreien Kommunikation weiter zu tragen. Es macht mir große Freude, gleichzeitig finde ich die Themen anspruchsvoll und ich brauche ziemlich lange, bis sie auch nur halbwegs so hier stehen, wie ich es gern hätte. Ich habe schon einige Jahre Übung damit, Tagesmeditationen zu kommentieren, sie zu verfassen ist aber noch etwas anderes.

ich freue mich darauf, abends mit den Tagesmeditationen für den folgenden Tag meinen Tag ausklingen zu lassen. Gleichzeitig ist es so, dass ich mich nicht immer fit genug fühle, um etwas Sinnvolles zu schreiben.

Ein Wolfsrudel sitzt dann an meinem Schreibtisch. „Das fängt ja gut an, wenn dir nach so kurzer Zeit schon nichts mehr einfällt“, jault der eine. Und ein anderer klagt: „du kannst da nicht irgendwelchen Mist reinschreiben, das muss schon Hand und Fuß haben…“ Ein dritter wiederum sagt: „du kriegst wieder nicht genug Schlaf. So geht das nicht weiter!“

Heute Abend habe ich mit einigen von ihnen verhandelt.
Ihr möchtet wirklich sicher sein, dass ich die Sache mit den Tagesmeditationen ernst nehme, ist das so? Euch ist es auch wichtig, dass ich Wertschätzung finde, wenn ich das ’schön‘ mache, stimmt das? Gleichzeitig seht Ihr auch, dass morgen wieder ein anstrengender Arbeitstag auf mich wartet, und Ihr wollt sicher gehen, dass ich dafür frisch und erholt bin, habe ich das richtig verstanden?

Wir haben uns geeinigt, dass es Abende gibt, an denen Schlaf und Ruhe einfach Vorrang haben vor dem Bedürfnis nach Beitragen, Kreativität, Wertschätzung für meine Autorenschaft und meine Leser. Das können die Wölfe gut hören, sie rollen sich friedlich zusammen und sehen auf einmal auch ganz anders aus…

Ein Wort gibt es, da heben sie sofort wieder die Köpfe, zeigen ihre wölfische Seite und fletschen die Zähne. „Leichtigkeit“. „Leichtigkeit ist nicht angesagt! Du hast hier eine Pflicht übernommen und jetzt willst du dich drücken. Nichts da, da kommt nichts nach! Das haben wir uns ja gleich gedacht, dass du das nicht ernst nimmst. Aber darauf werden wir schon achten!“ ertönt ihr schauriges Geheul. Oh ha! Damit ich mich von diesen Ansprüchen lösen kann, braucht es wohl noch viel Einfühlung für die Wölfe.

Heute bin ich bereit, auf meine inneren Stimmen zu hören und ihnen Einfühlung zu geben.

Im Zug in Tokio

Auch diese Geschichte fand ich auf der Webseite von Serena Rust. Ich konnte bei ihr keine Quellenangabe finden. In einer anderen Quelle, bei einem Verein für Homöopathie und Gesundheit, hieß es, es sei ein Brief an Ram Dass, den ein Freund übersetzt habe.

Ich habe die Geschichte ganz woanders abgespeichert:

Der leere Spiegel
Erfahrungen in einem japanischen Zen-Kloster
Von Janwillem van de Wetering

Vielleicht weiß ja einer von Euch mehr.

Betrunkener im Zug in Tokio
Der Zug ratterte an einem verschlafenen Frühlingsnachmittag durch die Vororte von
Tokio. Unser Abteil war vergleichsweise leer – ein paar Hausfrauen mit ihren
Kindern, einige alte Leute, die Einkaufen gingen. Geistesabwesend betrachtete ich
die düsteren Häuser und staubigen Hecken. An der Haltestelle öffneten sich die
Türen, und plötzlich wurde die Nachmittagsruhe von einem Mann gestört, der
unverständliche Flüche brülle. Er stolperte in unser Abteil. Er war von kräftiger
Gestalt, betrunken und schmutzig und trug Arbeiterkleidung. Brüllend holte er zum
Schlag gegen eine Frau aus, die ein Baby im Arm hielt. Der Stoß schleuderte sie
gegen ein sitzendes älteres Ehepaar. Es war ein Wunder, dass dem Baby nichts
passierte.
Entsetzt sprang das Ehepaar auf und hastete ans andere Ende des Wagens. Der
betrunkene Arbeiter wollte der flüchtenden alten Frau noch einen Tritt verpassen,
aber sie war ihm glücklicherweise schon entwischt. Dies machte ihn so wütend, dass
er nach einer Haltestange in der Wagenmitte griff und versuchte, sie aus ihrer
Verankerung herauszureißen. Ich konnte sehen, dass eine seiner Hände blutete. Der
Zug ratterte voran, und die Passagiere waren starr vor Angest. Ich stand auf.
Ich war damals noch jung, ungefähr zwanzig Jahre alt und in ziemlich guter Form. Ich
hatte die letzten drei Jahre jeden Tag ungefähr acht Stunden mit Aikido-Training
zugebracht. Die Würfe und Griffe brachten mir großen Spaß. Das Problem war, dass
meine Fähigkeiten noch nie in einem echten Kampf erprobt worden waren. Aikido-
Schüler durften nicht kämpfen.
„Aikido“ hatte mein Lehrer immer wieder gesagt, „ist die Kunst der Versöhnung. Wer
Lust zum Kämpfen hat, hat seine Verbindung mit dem Universum abgebrochen.
Wenn ihr versucht, andere Menschen zu beherrschen, seid ihr schon geschlagen.
Wir lernen, wie man Konflikte löst, nicht wie man sie verursacht.“
Ich hatte ihm immer aufmerksam zugehört. Ich gab mir sehr viel Mühe. Ich ging
sogar so weit, auf die andere Straßenseite zu gehen, um den Chimpera, den
Ausgeflippten, auszuweichen, die in der Nähe der Bahnhöfe herumlungerten. Meine
Umsicht erstaunte und begeisterte mich selbst. Ich fühlte mich stark und heilig.
Insgeheim jedoch sehnte ich eine Gelegenheit herbei, bei der ich die Unschuldigen
retten konnte, indem ich die Schuldigen vernichtete.
„Jetzt ist es soweit“, sagte ich zu mir, als ich aufstand. „Hier sind Menschen in
Gefahr. Wenn ich nicht schnell eingreife, wird wahrscheinlich jemand verletzt
werden.“
Als der Betrunkene mich aufstehen sah, nahm er die Chance wahr, seine ganze Wut
auf eine bestimmte Person zu konzentrieren. „Ah“, brüllte er, „ein Ausländer! Du
brauchst wahrscheinlich eine Lektion in japanischen Umgangsformen!“
Ich hielt die Halteschlaufe über mir locker in der Hand und sah ihn voller Abscheu
und Verachtung an. Ich hatte vor, diesem Rohling ein für alle Mal zu zeigen, was
Sache war, aber er musste den ersten Schritt tun. Ich wollte ihn provozieren, und so
spitzte ich die Lippen und warf ihm einen Kuss zu. „Okay!“ brüllte er, „Ich werde dir
mal eine kleine Lektion erteilen.“ Er sammelte sich, um mich anzugreifen.

Einige Zehntelsekunden, bevor er sich in Bewegung setzen konnte, rief jemand:
„Hey!“ Der Ruf berührte alle Anwesenden bis ins Innerste ihrer Seele. Ich erinnere
mich an den seltsam fröhlichen, schwungvollen Klang – als ob Sie und ein Freund
längere Zeit nach etwas gesucht hätten, und plötzlich hätte er es entdeckt. „Hey!“
Ich schwenkte nach links; der Betrunkene drehte sich nach rechts. Unser beider
Blicke fielen auf einen kleinen alten Japaner. Er musste über siebzig sein, dieser
kleine Herr, der untadelig adrett in seinem Kimono dasaß. Er nahm keine Notiz von
mir, aber er strahlte den Arbeiter erfreut an, als ob er ihm ein höchst wichtiges,
angenehmes Geheimnis mitzuteilen hätte.
„Kommen Sie her“, sagte der alte Mann und winkte den Betrunkenen heran.
„Kommen Sie her, und sprechen Sie mit mir!“
Der große Mann näherte sich ihm, als würde er von einem unsichtbaren Faden
gezogen. Er stampfte vor dem alten Herrn provozierend mit dem Fuß auf und brüllte
lauter als die ratternden Räder: „Verdammt noch mal, warum sollte ich mit Ihnen
reden?“ Der Betrunkene stand nun mit dem Rücken zu mir. Wenn sich sein
Ellenbogen auch nur einen Millimeter bewegte, würde ich ihn zu Boden strecken.
Der alte Mann strahlte den Arbeiter immer noch an. „Was haben Sie denn
getrunken?“ fragte er, und seine Augen leuchteten wohlwollend. „Ich habe Sake
getrunken“, brüllte der Arbeiter zurück, „und das geht Sie überhaupt nichts an.“ Er
brachte das so heftig hervor, dass er den alten Mann mit seinem Speichel besprühte.
„Oh das ist ja wunderbar!“ erwiderte der Alte, „Absolut wunderbar! Wissen Sie, ich
mag Sake auch sehr gern. Jeden Abend wärmen meine Frau (sie ist jetzt
sechsundsiebzig, wissen Sie) und ich eine kleine Flasche Sake und nehmen sie mit
in den Garten. Dort setzen wir uns auf unsere alte Holzbank. Wir schauen uns den
Sonnenuntergang an und sehen nach, was unser Dattelbaum macht. Mein Großvater
hat den Baum gepflanzt, und wir hoffen sehr, dass er sich von den eisigen Stürmen
des letzten Winters wieder erholen wird. Aber der Baum hat sich besser gemacht, als
ich erwartet hätte, besonders wenn man die schlechte Qualität des Bodens
berücksichtigt. Es ist schön, ihn anzuschauen, wenn wir im Garten sitzen, den Abend
genießen und unseren Sake trinken – wir machen das sogar, wenn es regnet!“ Er
schaute den Arbeiter an und zwinkerte ihm freundlich zu.
Während der Betrunkene sich darum bemühte, der Erzählung des alten Mannes zu
folgen, entspannte sich sein Gesicht. Nach und nach öffneten sich seine Fäuste.
„Ja“, sagte er, „ich liebe Dattelbäume auch sehr.“ Er verstummte. „Ja“, sagte der alte
Mann lächelnd, „und ich bin sicher, dass Sie eine wunderbare Frau haben.“
„Nein“, erwiderte der Arbeiter, „meine Frau ist gestorben.“ Ganz leise, mit der
Bewegung des Zuges schaukelnd, begann er zu schluchzen. „Ich habe keine Frau.
Ich habe kein Zuhause. Ich schäme mich so sehr.“ Tränen rollten ihm über die
Wangen. Ein verzweifeltes Zucken schüttelte seinen Körper. Plötzlich fiel es mir wie
Schuppen von den Augen. Wie ich so in meiner jugendlichen Unschuld, meiner
naiven Selbstgerechtigkeit dastand, fühlte ich mich dreckiger als er es war. Der Zug hatte meine Station erreicht. Als sich die Türen öffneten, hörte ich den alten Mann mitfühlend sagen: „Oje, oje, das sind aber schwierige Vorherbestimmungen. Setz dich zu mir und erzähle mir davon!“ Ich drehte meinen Kopf für einen letzten Blick. Der Arbeiter hatte sich am Sitz zusammengekauert, mit dem Kopf im Schoß des Alten. Sanft strich ihm der Alte durch das verfilzte Haar. Als der Zug die Station verließ, setzte ich mich auf eine Bank und dachte: „Was ich versucht hatte mir Muskeln und Kraft zu tun, war mit Liebe vollbracht worden“.

Ist nicht alles umsonst?

Diese Geschichte fand ich auf der Seite von GfK-Trainerin Serena Rust.


Ist nicht alles umsonst?

Am Rande der Wüste lebte ein Eremit. Eines Tages besuchte ihn ein Jüngling und klagte ihm sein Leid. „Ich lese so viel heilige Texte“, sagte er. „Ich studiere in den Büchern und vertiefe mich in die Schönheit der Worte. Ich möchte sie behalten und als einen Widerschein der ewigen Wahrheit in mir bewahren. Aber es gelingt mir nicht. Alles vergesse ich! Ist die mühevolle Arbeit des Lesens und Studierens umsonst?“ Der Eremit hörte ihm gut zu. Als er fertig war mit dem Sprechen, gab er ihm einen Binsenkorb. „Hol mir aus dem Brunnen dort drüben Wasser“, sagte er zu dem Jüngling. „Hat er meine Frage nicht verstanden?“ fragte sich dieser. Widerwillig nahm er den vom Staub verschmutzten Korb auf und schöpfte Wasser, das längst herausgelaufen war, als er zurückkehrte. „Geh noch einmal“, sagte der Eremit. Der junge Mann gehorchte. Immer wieder füllte er Wasser in den Korb, immer wieder rann es zu Boden. Nach dem zehnten Mal konnte er aufhören. „Sieh den Korb an“, sagte der Eremit. „Er ist ganz blank geworden. So geht es dir mit den Worten, die du liest und bedenkst. Du kannst sie nicht festhalten, sie gehen durch dich hindurch, und du hältst die Mühe für vergeblich. Aber, ohne dass du es merkst, klären sich deine Gedanken und machen dein Herz rein.“

aus: Barbara und Hans Hug, „Blätter, die uns durch das Jahr begleiten“, Kreuz Verlag

Klare Linie

„Wir sind das in sein eigenes Bild eingesperrte Märchen. Wir kommen und gehen, ohne Klarheit zu erlangen.“ – Jostein Gaarder, Maya

Wer eine klare Linie vertritt, gilt als verlässlich. Selbst wenn die Haltung anderen nicht zum Vorteil diente, werden Menschen, die an ihrer Überzeugung festhalten, für ihre Prinzipientreue oft hoch geschätzt. Einer, der sich viel Achtung erworben hatte, wird aber gern mit einem ganz anderen Satz zitiert: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“, soll Konrad Adenauer gesagt haben. Die Gewaltfreie Kommunikation lädt geradezu dazu ein, sich immer wieder neu zu entscheiden und Entscheidungen immer wieder unter dem Blickwinkel zu treffen: Was ist jetzt gerade lebendig in mir?

Die Partnerschaft ist ausgereizt, die Trennung beschlossene Sache, doch plötzlich stehen sich zwei Menschen gegenüber, die sich nicht gehen lassen können. Hilft hier Prinzipientreue? Was vorbei ist, ist vorbei? Oder gibt es noch eine Chance auf einen Neubeginn? „Ich verliere doch im Freundeskreis mein Gesicht, wenn ich mich offensichtlich nicht entscheiden kann“, sagt ein Freund. Und ein anderer fürchtet: Wenn ich jetzt gegenüber meinem Chef wieder einknicke, bin ich doch völlig unglaubwürdig. Es muss doch irgendwann mal Klarheit sein…

Die Klarheit kommt, wenn die Zeit reif ist. Die Klarheit kommt, wenn alle anderen Bedürfnisse angemessen berücksichtigt sind. Solange verschiedene Bedürfnisse in uns lebendig sind, ist es schwierig, zur Klarheit zu finden. Wenn es uns gelingt, allen Bedürfnissen unsere Aufmerksamkeit zu schenken, wird die Klarheit sich einstellen.

Wenn wir noch keine Klarheit haben, ist das kein Zeichen von Schwäche oder Unfähigkeit. Es heißt einfach nur, dass wir noch nicht alle unsere Bedürfnisse in Einklang gebracht haben.

Heute will ich gelassen bleiben, auch wenn ich noch keine Klarheit gefunden habe.

Nicht motiviert…

Hallo, Welt!

Vor ein paar Wochen hatte ich bei einer Firma onine Kalender bestellt. Ein Teil der Lieferung war fehlerhaft und ich habe sie reklamiert. Nach drei Wochen und zwei Nachfragen kam jetzt eine Mail mit der Benachrichtigung, dass die Kalender (neu und kostenlos) auf dem Weg zu mir sind. PLUS zwei Mails mit Befragungen zur Kundenzufriedenheit. Eine für eine andere Lieferung, die ok war, und eben eine zum Reklamationsmanagement.

Darin fand ich doch tatsächlich die Formulierung:

Der/ die Kundenbeauftragte schien nicht sehr motiviert, meine Anfrage zu bearbeiten

Uff.
Wi soll ich denn damit umgehen? Da bietet mir ein Wolf einen Mitarbeiter zum Fraß an, oder?
Zu meinem Glück gab es auch noch ein Feld für offene Antworten, in das ich reinschreiben konnte, dass ich leider in den drei Wochen überhaupt keinen Kontakt mit einem Mitarbeiter hatte. Schön wär’s gewesen… Nun bin ich mal gespannt auf die Ersatzlieferung.

So long!

Ysabelle

Dazu kann ich so nicht ja sagen…

Die GFK entwickelt ihre Kraft und Schönheit nur da, wo Menschen in die Tiefe ihres Herzens gehen. Gewaltfreiheit ist nicht billig zu haben. Sie kostet uns etwas. Sie kostet Zeit. Sie kostet Wahrhaftigkeit. Sie kostet uns den Schmerz, unsere  Wolfsshow zuzulassen und zu durchdringen. Sie kostet die Mühe der Selbstreflexion.
Aus einem Essay von Gerlinde Fritsch

Je länger ich mich mit der Gewaltfreien Kommunikation beschäftige, desto klarer wird mir Marshalls Aussage: „GfK ist nichts für Weicheier“. Es erfordert Mut, uns selbst genau anzusehen, unsere Gefühle anzunehmen, unsere Bedürfnisse willkommen zu heißen. Es scheint viel leichter, durchs Leben zu dümpeln, mich möglichst nicht anzulegen mit anderen Leuten, nicht anzuecken, nicht aufzufallen. „Nice dead people“, nette tote Leute nennt Marshall solche Zeitgenossen.

Eine der schwierigsten Übungen ist das Neinsagen. Nein, ich möchte jetzt nicht telefonieren, nein, ich möchte nichts mehr essen, nein, ich möchte diesen Film nicht sehen, nein, ich schaffe diese zusätzliche Arbeit nicht mehr, nein, ich muss mein Geld selbst zusammenhalten…

Jedes dieser „Nein“ ist ein Ja zu uns selbst. Es besagt: Ich nehme meine Bedürfnisse ernst. Wir sind es gewohnt, ein Nein als Absage, als Ablehnung zu hören. Doch in der Gewaltfreien Kommunikation geht es um Verbindung. Zunächst einmal um die einfühlsame Verbindung zu mir selbst. Und dann um die Verbindung zu meinem Gegenüber. Mein Nein ist also ein Ausdruck meiner Verbindung zu mir und meinen Bedürfnissen. Doch wie finde ich jetzt die Brücke zum anderen?

Wir haben verschiedene Möglichkeiten. Zunächst können wir fragen: Wie geht es dir, wenn du mein Nein hörst? Eine weitere Möglichkeit ist es, dem anderen Einfühlung zu geben. Bist du enttäuscht, weil du dir für die Zubereitung des Essens Wertschätzung gewünscht hättest? Und eine weitere Möglichkeit ist das Verhandlungs-Nein, das zunächst nicht wie ein Nein daher kommt: „Dazu kann ich so nicht ja sagen“, heißt aber zunächst mal im Klartext: Nein! Aber es hält eben eine Tür der Verbindung offen. „Vielleicht finden wir heraus, wie wir beide ja sagen können. Deine Bedürfnisse sind mir ebenso wichtig wie meine…

Heute will ich meinen Gefühlen nachspüren und herausfinden, wann ein Nein in mir entsteht.

Mit Frustrationen fertig werden

Hallo, Welt!

Heute Abend rief mich eine Freundin an. Ich habe nicht gemerkt, wie mich das Gespräch nach und nach echt in Not brachte. Die Freundin kämpft mit Selbstabwertung und Projektionen, was andere Menschen über sie denken, und ich bin sehr, sehr unzufrieden, dass ich es nicht schaffe, ihr einfach nur Einfühlung zu geben. Ich bin immer wieder in so einem „hörst du, was du gerade gesagt hast“ oder „kannst du das noch mal ohne ’sollte‘ formulieren?“ Erst als wir schon fast eine Stunde gesprochen haben, habe ich losgebrüllt, dass ich das nicht hören kann und echt in Not gerate. Ich habe schon eine ganze Weile vorher gemerkt, dass (bei mir) etwas nicht stimmt, aber ich konnte es nicht benennen, bis dann wieder eine Selbstabwertung kam und ich einfach expodiert bin.

Ich vermute, dass ich in der Beziehung zu meiner lieben Freundin nicht wirklich an die Macht der Empathie glaube. Irgendwie denkt ein Teil von mir noch immer, ich müsse irgendetwas tun, um sie zu unterstützen. Dabei wäre es wahrscheinlich am besten, wenn es mir gelänge, ihr einfach nur zuzuhören.

Den Vorfall kann ich jetzt wunderbar benutzen, um MICH niederzumachen. Das werde ich jetzt nicht tun. Ich bin frustriert, und ich gucke genauer hin, warum. Als ich nicht „früher“ gesagt habe, wie es mir geht, habe ich mir das Bedürfnis nach Unterstützung, Integrität, Beteiligung und Wertschätzung erfüllt. Dabei kamen leider die Bedürfnisse nach Authentizität, Schutz, Ruhe (ich bin nach diesem Arbeitstag ziemlich geschafft), Harmonie und Leichtigkeit krass zu kurz. Ich war nicht gut in Verbindung mit meinen Gefühlen. Das konstatiere ich jetzt einfach mal und werde mich nicht dafür wolfen.

So long,

Ysabelle

Ein Gruß nach Oldenburg

Heute hat eine GfK-Freundin Geburtstag, in deren Gesellschaft ich mich sehr wohl fühle. Es gibt nicht viele Leute, die es so klaglos aushalten, wenn ich zum vierten Mal am Tag frage: Was ist die Beobachtung dazu? Es ist so, dass ich von ihr auch ganz viel Wertschätzung erfahre, was mich glücklich macht, weil ich merke, dass es von Herzen kommt. Ich bin gern mit ihr zusammen, weil es leicht und warm ist. Wir müssen uns beide nicht verstellen, so mein Eindruck. Ach, ich bin einfach sehr glücklich, dass ich sie immer näher kennen lernen darf und hoffe, dass unsere Freundschaft noch lange blüht.

Liebe <..,>,
Dir eine ganz dicke und warme Umarmung und einen Gruß nach Oldenburg!

Ysabelle

Von Herzen ja sagen

„Aber das Leben ist kurz und die Wahrheit wirkt ferner und lange: Sagen wir die Wahrheit.“ – Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Vorrede zur ersten Auflage

Wie oft sagen wir ja, ohne es wirklich zu meinen? Wir sagen Ja zu Lebensumständen, die uns nicht glücklich machen, wir sagen ja zu Aufgaben, zu denen wir eigentlich keine Lust haben. Manche antworten auf die Frage „hat es geschmeckt?“ auch dann mit ja, wenn sie das Essen überhaupt nicht mochten. Doch welche Bedürfnisse erfüllen wir uns damit, wenn wir ja sagen, obwohl wir eigentlich nein meinen?

Häufig ist es so, dass wir uns gar nicht bewusst sind, dass unsere Antwort eigentlich bestensfalls ein „ich weiß nicht“ ist. Wir antworten automatisch mit ja und haben keine Verbindung mit unseren Gefühlen.

Oder wir sagen ja, weil es sich so gehört, weil wir den anderen nicht verärgern wollen, die Partnerin, den Chef, den Kellner. In diesem Fall ist uns vielleicht Harmonie wichtiger als Ehrlichkeit, oder es geht um Unterstützung, Gemeinschaft, Friede.
Doch jedes Ja, das eigentlich ein Nein ist, hat fatale Folgen für die Beziehung. „Jeder der Beteiligten wird dafür bezahlen“, sagt Marshall Rosenberg und lädt dazu ein, wirklich nur ja zu sagen, wenn es von Herzen kommt.

Ich habe es schon häufig erlebt, dass ich für ein Ja bezahlt habe. Mein Gegenüber kann nicht wissen, was wirklich in mir lebendig ist. Und er hat das Recht, mein Ja für bare Münze zu nehmen. „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ heißt es bei Matthäus 5,37 im Neuen Testament. Da ist kein Platz für Herumlavieren, Tricksen oder Verbiegen.

Doch was können wir tun, wenn uns partout kein Nein von den Lippen kommen will, wenn andere, wunderbare Bedürfnisse uns daran hindern, das nein so herauszuschmettern, wie es sich eigentlich im Inneren anfühlt? Dann gibt es einen wunderbaren Satz, der einen neuen Ansatz für die Schleife der Verbindung ermöglicht: Dazu kann ich so nicht ja sagen!

Heute will ich genau nachspüren, ob mein Ja auch wirklich ein Ja ist.

Unsere Bedürfnisse kennen lernen

„Je besser Du Dich und Deine Bedürfnisse kennst, desto weniger können die Dinge Dir anhaben.“ Bill Murray als Bob Harris in dem US-Spielfilm „Lost in Translation“ von 2003

Kennen wir unsere Bedürfnisse? Und handeln wir danach? Im Grunde sind es nur wenige Dinge, die wir Menschen zum Leben brauchen. Neben Luft, Nahrung, Obdach oder Schutz sind es ichbezogene und soziale Bedürfnisse wie Autonomie, Ehrlichkeit, Beteiligung, Verbindung, Zugehörigkeit, Anerkennung, Vertrauen, Nähe, Zärtlichkeit, Gesehen werden, Sinnhaftigkeit, Spaß und Spiritualität.
Viele Menschen sind sich nicht darüber im Klaren, was ein Bedürfnis, und was eine Strategie ist. „Ich möchte mit Dir zusammenwohnen“ ist kein Bedürfnis, sondern eine Strategie, um sich bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen, zum Beispiel nach Verbindung, Nähe, Unterstützung, Sexualität und Gemeinschaft. Geld auf dem Sparbuch zu haben ist kein Bedürfnis, sondern eine Strategie. Das zugrunde liegende Bedürfnis ist vielleicht Sicherheit, Autonomie oder Leichtigkeit, sich die Dinge kaufen zu können, die man sich wirklich wünscht.

Wenn wir uns über unsere Bedürfnisse klar werden, geschieht etwas Wunderbares. Wir können feststellen, dass es eine Vielzahl von Strategien gibt, um sie zu erfüllen. Und wir entlasten damit häufig DEN EINEN MENSCHEN, den wir im ersten Moment im Visier haben, von der Bürde, gerade dieses Bedürfnis jetzt am besten sofort bei uns erfüllen zu müssen. Ich habe vielleicht das Bedürfnis, gesehen und gehört zu werden. Aber muss es wirklich der Partner sein, der dieses Bedürfnis in diesem Augenblick befriedigt? Kann es nicht auch die Freundin sein? Wir können also Bedürfnisse und Personen entkoppeln. Vielleicht ist es unsere Lieblingsstrategie, dass gerade jetzt der Sohn sein Zimmer aufräumt, um unser Bedürfnis nach Schönheit zu erfüllen. Vielleicht gibt es aber auch noch unzählige andere Strategien. Und vielleicht merke ich beim Nachspüren auch, dass es letzten Endes vielleicht gar nicht ums Aufräumen und damit um Schönheit oder Ordnung geht, sondern um Wertschätzung, um Gemeinsamkeit, um Ausgleich oder um Beteiligung.

Heute will ich meinen Bedürfnissen nachspüren und mich daran freuen, dass es viele Strategien gibt, um sie zu erfüllen.

Abschied von Projektionen

Hallo, Welt!

Ich habe regelmäßig mit jemandem Kontakt, der intensive Gefühle bei mir auslöst. Ich schaffe es bisher nicht, objektive Beobachtungen zu registrieren. Ich merke einfach nur an irgendeinem Punkt des Kontakts, dass ich mich nicht wohl fühle.

Die Gefühle kann ich gut benennen.
ich bin dann traurig, frustriert, manchmal auch empört, deprimiert, besorgt, Ich habe Angst, ich fühle Druck.

Die unerfüllten Bedürfnisse sind Sicherheit, Wertschätzung, Beteiligung, Gesehen/gehört werden, vielleicht auch Autonomie, Gemeinschaft, mein Vertrauen ist im Mangel, Leichtigkeit, Freude und Harmonie verflüchtigen sich.

Heute endlich bin ich auf die Idee gekommen, mich künftig im Kontakt neben der Sachebene auf zwei Dinge zu konzentrieren. WAS genau macht mein Gegenüber, und welche Gefühle löst das bei mir aus?

Ich hatte auf einmal den Eindruck, dass ich da ganz netten Projektionen aufsitze. Und ich bin zuversichtlich, dass ich Entlastung finde, wenn ich wenigstens die Beobachtung schon mal benennen kann. WANN fange ich an, mich so unwohl zu fühlen? WAS ist dann vorher geschehen?

Eigentlich total banal. Trotzdem bin ich echt froh, dass ich heute auf diesen Gedanken gekommen bin.Damit gibt es etwas, worauf ich mein Augenmerk richten kann, statt mich in Interpretationen zu ergehen…

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Außerdem habe ich heute einen Vogel frei gelassen, bildlich gesprochen.
Ich habe seit 11 Jahren eine Freundschaft, die in den letzten zwei Jahren extrem rumdümpelte (braucht jemand GfK-Übersetzung?). Nach erneuten vier Monaten ohne Lebenszeichen konnte ich heute schreiben:

<...>
Ich weiß aber nicht, wie ich eine Verbindung aufrechterhalten kann, wenn ich nicht weiß, ob am anderen Ende der Leitung überhaupt jemand ist. Es ist schwierig für mich, in einen dunklen Raum hinein zu verbinden, Verbindung heißt ja eben FÜR MICH auch, dass ein Austausch stattfindet – nicht nur dass ICH mich melde.

Es gibt keine Schuld und kein Versagen. Es gibt keine Pflicht, kein MUSS.

Wenn es von Deiner Seite keinen Wunsch mehr nach Verbindung gibt, ist das vollkommen in Ordnung. Keine Pflichten, kein Muss.

Wenn es den Wunsch gibt und Du es nicht tust, weiß ich:

Ein Nein zu unserer Verbindung ist ein Ja zu etwas anderem. Vielleicht ist es der Wunsch nach Harmonie zu Hause, das Bedürfnis nach Erholung? Nach Leichtigkeit? Ich bin nicht verpflichtet, es persönlich zu nehmen, ich muss keine Ablehnung meiner Person daraus konstruieren.

Ich kann einfach annehmen, was ist.

In diesem Sinne wünsche ich Dir einen schönen Abend. Ohne Stress, ohne Schuldgefühle.

Du bist frei und ich bin frei.

-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-
Ja, ich muss mich nicht mehr an die Beziehung klammern, ich muss nicht „ganz Opfer“ warten, dass er Mails beantwortet. Ich kann ihn noch immer wertschätzen und unsere gute Zeit als kostbare Erinnerung schätzen.

Ich erlebe das als eine große Freiheit. Und wenn ich auch nur drei Jahre zurückdenke, weiß ich, dass diese Entwicklung damals für mich nicht mal vorstellbar war. Himmel, bin ich froh, dass mir dieses Buch mit dem Artikel über GfK in die Hände gefallen ist.

So long!

Ysabelle

Fleischwölfe in den Ruhestand!

„Ein wirklich unvoreingenommenes Urteil kann man nur über Dinge abgeben, die einen nicht interessieren, und das ist zweifellos der Grund, dass unvoreingenommene Urteile immer wertlos sind.“ – Oscar Wilde, Der Kritiker als Künstler, Szene 2 / Gilbert

Was geschieht mit unseren Gefühlen? Was passiert, wenn wir Schmerz, Trauer, Wut oder andere Gefühle wahrnehmen? Ganz häufig ist es so, dass wir eben nicht einfach zur Kenntnis nehmen: Ah, solche Gefühle werden bei mir ausgelöst! Offensichtlich gibt es unerfüllte Bedürfnisse bei mir. Welche könnten es denn sein?
Häufig landen die Gefühle im Kopf, und dort ist schon der Fleischwolf installiert.

Der Fleischwolf und seine Einzelteile

Oben werden die Gefühle eingespeist und unten kommt eine Bewertung raus. Der Fleischwolf ist eine unerschöpfliche Quelle für Urteile, Interpretationen und so genannte Opfergefühle. Wenn wir uns als angegriffen, ausgenutzt, manipuliert missbraucht, missverstanden, hintergangen, ignoriert, niedergemacht, provoziert, verarscht oder vernachlässigt wahrnehmen, können wir sicher sein, dass der Fleischwolf ganze Arbeit geleistet hat. Er vermengt das ursprüngliche Gefühl mit einem Glaubenssatz, einer Bewertung, einem Urteil, und heraus kommt ein so genanntes Interpretationsgefühl.
Wie gut, dass wir in der gewaltfreien Kommunikation lernen, diese aktive Maschine im Kopf abzuschalten, in den Ruhestand zu versetzen. Wir können uns fragen: Was fühle ich, wenn mein Kopf meldet: du wirst manipuliert…. fühle ich mich unsicher, irritiert und besorgt, weil mir Klarheit und Ehrlichkeit wichtig sind? Was fühle ich wirklich, wenn ich die „Fehlermeldung“ erhalte: du wirst angegriffen… Fühle ich mich dann unter Druck, ängstlich, entsetzt? Sind vielleicht meine Bedürfnisse nach Respekt, Schutz, Selbstständigkeit und Beteiligung im Mangel?
Wenn ich ganz bei mir angekommen bin und weiß, was ich brauche, gibt es vielleicht sogar schon Raum zu hören, was mein Gegenüber mir wirklich sagen möchte. Und vielleicht können wir es jetzt hören, ohne dass der Fleischwolf im Kopf anspringt…

Heute will ich mir vergegenwärtigen, dass Opfergefühle durch mein Denken entstehen, nicht durch die Handlungen anderer.

Blumenladen der Gefühle

Heute will ich mir erlauben, alle Gefühle, die mich überkommen, anzuerkennen und anzunehmen. Ohne Scham werde ich mich in Einklang bringen mit dem emotionalen Bereich meines Innern. Melody Beattie, Kraft zum Loslassen vom 15. Dezember

heute lernen wir unsere Gefühle näher kennen. Drei Listen mit Gefühlswörtern stehen uns zur Verfügung. Doch es ist nicht wichtig, auf welcher Liste wir das Gefühl finden, das wir benennen. Wichtig ist es uns zu vergegenwärtigen, dass Gefühle „nur“ Gefühle sind.

Rund 90 Gefühle bei erfüllten Bedürfnissen listet meine kleine Gfk-Karte auf. Ebensoviele stehen unter der Rubrik „Gefühle bei unerfüllten Bedürfnissen. 44 Begriffe umfasst die Liste der so genannten Interpretations- oder Opfergefühle. Und sicher sind diese Aufzählungen nicht vollständig.

All diese Gefühle ließen sich auch hinunterbrechen auf eine Handvoll Kategorien: Liebe, Freude, Schmerz, Wut, Trauer, Angst und Scham. Für einen schnellen Überblick kann es nützlich sein, nicht 250 Gefühle im Kopf Revue passieren zu lassen um vielleicht zu prüfen, welche Gefühle gerade in meinem Gegenüber – oder in mir – lebendig sind. Der genauere Blick auf die Gefühlsworte eröffnet uns jedoch tiefe Einsichten. Wie der Duft einer Blume weisen uns die Gefühle auf unsere Bedürfnisse hin. Ich fühle mich ängstlich, beklommen und verwirrt? Dann brauche ich vielleicht Klarheit und Sicherheit. ich bin froh, kraftvoll und eifrig? Da ist wahrscheinlich mein Bedürfnis nach Wachstum erfüllt, nach Kreativitöt und Selbstvertrauen.

Gefühle sind wundervolle Wegweiser hin zu unser aller Bedürfnisse. Wenn wir ihrem Duft folgen, finden wir eine Verbindung zu uns selbst und zu anderen.

heute will ich all meine Gefühle willkommen heißen. Wenn mich ein mächtiges Gefühl irritiert, will ich überprüfen, was ich brauche – oder mein Gegenüber.

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