Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Spiel mit meinem Schmerz

Niveau ist keine Creme. Empathie ist kein Problem.

Zum Songtext von Sportfreunde Stiller – Alles Roger!

Gestern hatte ich Besuch zum Kaffee. Während wir uns unterhielten und das Baby fröhlich krakeelte, klingelte das Telefon und ich bekam die Nachricht, dass jemand aus meiner Familie an Krebs erkrankt ist. Während ich noch zuhörte, gestikulierte mein Gast, ich vernahm „Vitamin C intravenös“ und ein paar andere Satzfetzen.
Ich legte auf und erzählte kurz, wen der Anruf betraf. „Ich weiß alles über Krebs“ sagte mein Besucher und fing an, mir Behandlungsvorschläge zu machen. Die Patientin müsse ihre Ernährung auf Rohkost umstellen. Vitamin C nehmen etc. Ich holte tief Luft und dachte, er erfüllt sich sein Bedürfnis beizutragen. Es ging ihm sicher um Unterstützung und Beteiligung. Aber ich konnte es wirklich kaum hören. Später fiel mir ein, dass Marshall von einer Freundin in der Schweiz erzählte. Sie war schwer krank. Wenn er in der Nähe war, rief er sie an, und sie sagte zu ihm, „komm und spiel mit meinem Schmerz“. Marshall erwähnte, dass es für viele Kranke schwer ist, mit „normalen“ Menschen zusammen zu sein, weil diese sich schwer tun im Umgang mit dem Leid. Eigentlich bräuchten sie selbst Empathie. Doch dann geben sie Ratschläge, machen sich vielleicht Vorwürfe, zerfließen vor Mitleid. Das alles macht es den Kranken nicht leichter.

Irgendwann habe ich meine Gäste dann gebeten zu gehen.
Dann habe ich mir meine Liste genommen und versucht nachzuspüren: Wie mag es jemandem gehen, der so eine Diagnose bekommen hat? Tumor im Rachen… und wie mag sich der Partner fühlen? Was brauchen die beiden?
Dann habe ich tief Lust geholt und angerufen.
Inzwischen habe ich auch auf meine Email an die beiden eine Rückmeldung bekommen. Es scheint, dass ich den passenden Ton gefunden habe und mein Angebot von Unterstützung und Sehen/Hören ihre Bedürfnisse getroffen hat.

Was habe ich gelernt? Mit ist wieder einmal deutlich geworden, wie kostbar Empathie ist. Und ich habe gespürt, wie wenig hilfreich es ist, wenn man etwas anderes bekommt, wenn Empathie gebraucht wird.

Heute will ich genau nachspüren, was ich brauche und ich werde darum bitten es zu bekommen.

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