Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Versprechungen

„Selbstverständlich hat jede Religion ihre Geschichte, die ihr gemäßen Versprechungen von Gott, dessen Propheten und deren weise Lehrer, die gesagt haben … Die Beweise der Wahrheit gehen immer vom Zentrum der eigenen Religion aus. Das Ergebnis ist ein befangenes Denken, in dem wir von Kindheit an zu denken und zu glauben erzogen wurden; immerhin lebten und leben Generationen in der Überzeugung, daß sie die »Wahrheit« haben.“
Erich von Däniken, Erinnerungen an die Zukunft. Ungelöste Rätsel der Vergangenheit. Düsseldorf und Wien: Econ-Verlag, 1968. S. 85

Warum ist es sinnvoll, Gewaltfreie Kommunikation zu erlernen? Anfangs dachte ich, es wäre schön, mich in Auseinandersetzungen so ausdrücken zu können, dass es den anderen nicht verletzt. Dieses Verhalten nennt man Co-Abhängigkeit. Als nächstes dachte ich, ich könnte den anderen besser verstehen, und besser auf ihn eingehen, wenn ich seine Gefühle und Bedürfnisse klarer erkennen könnte. Auch dieses Verhalten kann man mit der Diagnose Co-Abhängigkeit belegen, wenn der Betreffende sich nicht gleichzeitig auch selbst im Fokus hat, was ich sehr gern aus den Augen verliere. Denn Co-Abhängigkeit ist seit vielen Jahren ein wichtiges Thema für mich. Dann las ich eine Aussage von Marshall, GfK sei nichts für Weicheier. Oh ha! Und das mir, da ich mich doch so oft als ängstlich erlebte. Irgendwo schnappte ich dann die Aussage auf, in der GfK hätten alle Bedürfnisse von verschiedenen Leuten die gleiche Wertigkeit, den gleichen Rang. Wie, auch meine?!
Das war der Durchbruch. Meine Bedürfnisse sind ebenso wichtig wie deine, und ich will sie ebenso achten.
Im vorigen Jahr war ich dann beim internationalen Intensivtraining (IIT) bei Marshall in der Schweiz. Dort wollte eine Teilnehmerin die Inhalte des Seminars aufnehmen und neun Tage tobte der Kampf darum, ob das Bandgerät laufen dürfe oder nicht. Nach dem dritten Tag gab es einige Teilnehmer, die die Frau am liebsten in die nächste Schlucht geworfen hätten, und ich bekam eine Vorstellung davon, warum Cato der Ältere im römischen Senat nicht sonderlich beliebt war, denn über Jahre beendete er jede Rede mit dem Ausspruch: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“ * (Original lat.: „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.“). Obwohl mir die Prozessarbeit unendlich auf den Senkel ging, habe ich jedes Mal gefeiert, wenn die Frau sich meldete und sagte, sie würde aber gern jetzt den Workshop aufnehmen. Sie kämpfte meinen Kampf! Sie sagte stellvertretend für mich: Meine Bedürfnisse sind wichtig! Ich setze mich für mich ein! Ich stehe auf für meine Interessen!
Dieses Jahr hatten wir wie bereits berichtet ein Baby mit im Workshop. Wieder prallten verschiedene Bedürfnisse aufeinander. Lernen, Wachstum, Leichtigkeit, Bindung (an das Kind) und so manches andere. Als das Thema am zweiten Tag öffentlich wurde, war ich erstaunt, für wie viele Menschen es schwierig war, das Baby mit im Raum zu haben (plus gelegentlich noch vier Jungs). Und trotzdem verdunstete irgendwie die Energie, die zuerst in die Richtung gegangen war, das Kind muss hier raus! Dann müssen sich eben die Eltern abwechseln in der Workshop-Teilnahme…
Meine Beobachtung ist, dass mehrere Menschen, die zu diesem Thema gesprochen haben, anschließend kein (großes) Problem mehr mit der Anwesenheit des Kindes hatten. Ich weiß aber auch von Menschen, die nicht in der Gruppe ihre Meinung gesagt haben, und für sie war es nicht leicht, die Anwesenheit des Babys hinzunehmen.
Eine Zeit lang hatte ich geglaubt, wenn man nur genug GfK machen würde, ließen sich alle Konflikte irgendwie beilegen. Das war die Vision, das Heilsversprechen, das ich aus Marshalls Worten destilliert hatte. Am praktischen Beispiel erlebe ich, dass es nicht immer klappt, auch wenn 65 GfKler im Saal sich nach Kräften darum bemühen. Aber ich weiß, dass meine Chancen, meine Bedürfnisse erfüllt zu sehen steigen, wenn ich bereit bin, sie offen zu machen und mich dafür einzusetzen.

Heute bin ich bereit, einem Bedürfnis Ausdruck zu geben und mich für seine Erfüllung einzusetzen.

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