Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Wortschätzchen: Ungeduldig – heute mit einem Ausflug in die Sprachwissenschaften

Wie – ungeduldig? Das ist doch ein ganz normales Wort! Na klar, es hat zehn Buchstaben, damit endet dann auch schon die Normalität. Als ich heute über das Verhalten eines bestimmten Menschen in meinem Umkreis nachdachte, „hörte“ ich mich denken: „Sie ist so ungeduldig“, und dann läuteten bei mir die Alarmglocken.

Welche Beobachtung gehört zu „ungeduldig“?
Tja, meine Lieben, dann wird die Luft dünn!

Als ihr in einer Arbeit etwas auffiel, sagte sie solche Sachen wie „ich verstehe das nicht“ und ihr Tonfall war dabei genervt, (Achtung, Bewertung…!).
Ich nahm ihre Gefühle wahr als

Ärgerlich
ein bisschen frustriert
genervt (sicher auch ein Wortschätzchen wert…)
kribbelig
ruhelos
streitlustig
unter Druck
unbehaglich
unzufrieden
widerwillig

oh oh! Heute ist es mal ganz schwer mit meinen Beobachtungen. Mir kommt es doch so vor, als ob das eine oder andere doch einen leicht bewertenden Zungenschlag hat. Da ist es mir schon leichter, die (unerfüllten) Bedürfnisse zu benennen:

Effizienz
Klarheit
Verstehen
Leichtigkeit

in welchen Situationen würde ich mich selbst als ungeduldig bezeichnen? Als ich vorige Woche versucht habe, etwas mit Dropbox hochzuladen und es klappte nicht. Da war die vorherrschenden Gefühle Frustration, Ohnmacht und Wut. Meine Bedürfnisse waren Effizienz, Leichtigkeit, Autonomie (kann ich all alleine…) und Selbstvertrauen. Das muss doch gehen…

Je länger ich mich mit dem Thema Wortschätzchen befasse, desto interessanter finde ich einzelne Worte. Vor allem inspiriert mich die Konnotation. Und weil ich diesen Begriff so schick finde, hier gleich die Wikipedia-Erklärung dazu:
Konnotation im Sinne von Nebenbedeutung
In der Sprachwissenschaft, genauer in der Semantik, bedeutet Konnotation die Nebenbedeutung eines sprachlichen Ausdrucks. Im Vordergrund der Betrachtung steht meist die Konnotation von einzelnen Wörtern. Man kann aber auch „Wort-, Satz- oder Textkonnotationen beschreiben.“. In der Wortsemantik bezeichnet Konnotation die zusätzliche gedankliche Struktur, die die Hauptbedeutung (die Denotation, das Denotat) eines Wortes begleitet und die stilistischen, emotionalen, affektiven Wortbedeutungskomponenten enthält – also das, was bei der Verwendung eines Begriffs bewusst oder unbewusst noch mitschwingt.
Konnotation wird mitunter von einer bloßen Assoziation abgegrenzt, die im Gegensatz zur Konnotation nicht zur eigentlichen Bedeutung gehört, jedoch als deren Begründung(en) anzusehen sein soll. So hat das Wort Köter im Vergleich zu Hund eine negative Konnotation. Der Gedanke an Flöhe bei Hund soll nur eine Assoziation sein. Richtig erscheint zudem die Unterscheidung zwischen konventionalisierter und rein individueller Konnotation.
Kulturelle Abhängigkeit
Konnotationen des gleichen Wortes können sich je nach Sprecher, Sprechergruppen (zum Beispiel Pensionsbesitzer) und Kultur unterscheiden.
Durch einem ursprünglich neutralen Begriff quasi „schleichend“ zugeschriebene Beibedeutungen über Zeiten und Kulturen hinweg kann es zu einem Bedeutungswandel und zur Bedeutungsumkehr kommen, beispielsweise bei den Begriffen Regime und Weib.
Ein Verfahren, mit dem die Konnotationen erforscht werden können, die eine Versuchspersonengruppe mit einem beliebigen Wort oder mit einem anderen Stimulus verbindet, ist das semantische Differential. Bei diesem Verfahren werden Versuchspersonen gebeten, zu einem Wort (Stimulus) auf einer Skala von Gegenbegriffen anzukreuzen, wie stark für sie eine vorgegebene Skaleneigenschaft zutrifft. So kann etwa das Wort „Mutter“ auf Skalen wie „groß….klein“, „stark….schwach“ eingestuft werden. Bearbeitet man mit einer Versuchspersonengruppe eine ganze Reihe solcher Skalen für ein Wort oder einen anderen Stimulus, etwa Berufsgruppen, erhält man eine durchschnittliche Einstufung, die anschließend Vergleiche zwischen verschiedenen Gruppen von Personen zulässt.
Individuelle Unterschiede
Konnotationen sind nicht nur charakteristisch für Personengruppen. Aufgrund unterschiedlicher Lebenserfahrungen können die persönlichen Konnotationen bei bestimmten Ausdrücken sehr verschieden ausfallen. Wer etwa unter der Obhut einer liebevollen Mutter aufgewachsen ist, hat beim Wort „Mutter“ wahrscheinlich andere Konnotationen als jemand, dessen Mutter ihr Kind misshandelt hat.
Beispiele
•    Verschiedene Konnotationen sind eine Methode, um Synonyme zu unterscheiden (bzw. ein Grund, warum es keine „echten“ Synonyme sind). So teilen die Wörter „Quacksalber“, „Onkel Doktor“ und „Halbgott in Weiß“ alle die Denotation „Arzt“, aber unterscheiden sich durch die Konnotationen („taugt nichts“, „familiäre Beziehung“, „kann alles, oder glaubt das zumindest“).
•    Vielzitiert ist der Ausspruch Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose von Gertrude Stein, mit dem auf die verschiedenen Konnotationen des Begriffes angespielt wird. „Eigentlich“ ist die Rose nur eine Zierpflanze, mitschwingende Bedeutungen sind hier Liebe, Wohlgeruch, Vergänglichkeit und verschiedene politische Bedeutungen sowie Schmerz durch die „mitgedachten“ Stacheln.
•    Eigennamen sind üblicherweise nicht konnotativ, da sie nur Individuen, aber nicht deren Eigenschaften bezeichnen. Ausnahmen bilden Eigennamen von wichtigen Orten, Personen oder sonstigen Sachverhalten, die Konnotationen erhalten können, zum Beispiel Mallorca, Hitler und Atombombenexplosion.

Na, was sagt Ihr dazu? Welche Konnotation, welchen Beigeschmack hat für Euch das Wort ungeduldig?

Ysabelle

Nachklapp, eine Stunde später.

Ich glaube, ich hatte ein Urteil an Bord. Man darf nicht ungeduldig sein, jedenfalls nicht, wenn es um andere Menschen geht. Also, mit mir selbst muss ich keine Geduld haben (wa?), aber mit anderen… und da mein Gegenüber vermeintlich keine Geduld mit jemand anderem hatte, war das also schlecht…

Worte sind schon was Spannendes!

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