Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Es geht um mich… in der GfK

Hallo, Welt!
Meine Gedanken kreisen immer intensiver um das vierteilige Seminar, das am kommenden Wochenende startet. Mein erster Mehrteiler, wenn man mal von BH und Slip im gleichen Look absieht. Ich merke, dass ich in meiner Begeisterung die Kursteilnehmer geradezu überschütten möchte mit all diesen wunderbaren Informationen, die ich in den vergangenen zehn Jahren zum Thema Kommunikation gesammelt habe. Und ich versuche, meine Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken, gewissermaßen einzudampfen, Consommé zu kochen sozusagen. Was ist die Essenz der GfK? Worum geht es? Warum ist es schön (nützlich/sinnvoll/bereichernd), sich sich damit zu befassen?

Als wichtigsten Aspekt sehe ich dabei die Chance, sich selber besser kennen zu lernen. Auf Spiegel online entdeckte ich dazu einen interessanten Artikel, aus dem ich hier zitieren möchte:

Psychotherapie? Das schien ihm lange „wie ein Eingeständnis individueller Schwäche“. Schließlich sei er im Freundeskreis mit der Trennung von seiner Frau „in bester Gesellschaft“. Aber seine Traurigkeit wollte kein Ende nehmen. Und es schwante ihm, dass sein Zustand weniger mit seiner Frau zu tun hatte. Eines Tages musste er sich eingestehen: „Ich glaube, es geht hier um mich.“

In meinem Bücherregal stehen auch Infos zum Enneagramm, über den Myers-Briggs-Typen-Indikator und Riemanns „Grundformen der Angst“. Die Frage „Wer bin ich und wie ticke ich?“ hat mich schon in der Schulzeit beschäftigt, damals verbunden mit den Gedanken: So wie ich bin, scheint was mit mir nicht zu stimmen, und wenn ich wüsste, wie ich bin und was mich treibt, könnte ich mich ja so verändern, dass ich von anderen geliebt werde… Die Frauenbewegung schien mir in den 80er und 90er Jahren Antworten zu geben. Aus meiner heutigen Einschätzung halfen mir die Antworten nicht weiter. Aus meinem (so gern zitierten) „ich bin Scheiße“ wurde dann einfach „du bist Scheiße“. Na, dann hatten wir doch einen Schuldigen gefunden. Der Partner, die Männer, die Gesellschaft…
Warum also GfK betreiben?
Antwort: Weil uns die Gewaltfreie Kommunikation Wege zu Authentizität, Eigenverantwortung und Bewusstheit aufzeigt. Richard Beauvais schrieb 1964 in einem Text:

„Wir sind hier, weil es letztlich kein Entrinnen vor uns selbst gibt. Solange der Mensch sich nicht selbst in den Augen und Herzen seiner Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht.

Solange er nicht zulässt, dass seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben, gibt es für ihn keine Geborgenheit. Solange er sich fürchtet, durchschaut zu werden, kann er weder sich selbst noch andere erkennen – er wird allein sein. Wo können wir solch einen Spiegel finden, wenn nicht in unserem Nächsten.

Hier in der Gemeinschaft kann ein Mensch erst richtig klar über sich werden und sich nicht mehr als den Riesen seiner Träume oder den Zwerg seiner Ängste sehen, sondern als Mensch, der Teil eines Ganzen zu ihrem Wohl seinen Beitrag leistet. In solchem Boden können wir Wurzeln schlagen und wachsen. Nicht mehr allein – wie im Tod – sondern lebendig als Mensch unter Menschen“.

Es gibt kein Entrinnen vor uns selbst. Im Urlaub habe ich einen Vortrag von Erich Fromm gehört, der mich sehr angesprochen hat. Darin beschreibt er den Segen der Psychoanalyse, wenn sie denn fachgerecht ausgeführt wird: Man lernt, sich selbst zu analysieren, sich selbst auf die Spur zu kommen. Und siehe da: Genau das passiert bei der GfK auch. Nur brauche ich dazu keine jahrelangen Besuche beim Analytiker. Ich delegiere nicht die Verantwortung an einen Profi. Der soll mal schön herausfinden, wie ich ticke.. Nein! Alles was ich brauche ist ein bisschen Bereitschaft, meine Verhaltensweisen, repräsentiert durch meine Sprache, zu reflektieren. Wie rede ich mit mir? Und wie rede ich mit Dir? Von oben herab, wie die Eltern mit einem ungezogenen Kind? Oder ängstlich, wie ein Kind mit den überlegenen Erziehern? Wann bin ich wirklich auf Augenhöhe? Was brauche ich, um dort hin zu kommen? Ja, was brauche ich überhaupt? In meinem Leben, in meinen Beziehungen, am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Partnerschaft, mit mir…?

Sind das nicht unsere fundamentalen Lebensfragen? Und ist es nicht unglaublich, dass wir mithilfe der GfK darauf Antworten finden können? Heute ist wieder einer der Tage, an denen ich Marshall so unendlich dankbar bin für das, was er uns mit der GfK geschenkt hat. Wie gut, dass ich nicht da hin zurück muss, wo ich hergekommen bin!

So long!

Ysabelle

Du, nur du allein…

Hallo, Welt!
Während die letzte Stimmen zur Bundestagswahl ausgezählt werden, war ich mit dem Auto unterwegs und grübelte auf der Fahrt über ein Stück Kultur: Die Du-Botschaft. Hier ein besonders klebriges Exemplar:

In den vergangenen Tagen hatte ich es gelegentlich mit du-Botschaften zu tun, die ich extrem schlecht hören konnte. Hier ein paar Beispiele:
Das solltest du mal therapeutisch bearbeiten.
Du kannst mich wenigstens vorher fragen, bevor du das abschickst.
Du trifft ja keine (bewusste) Entscheidung einzuschlafen. Das ist eine Beobachtung.

Ich merke, wie unendlich schwer es mir fällt, damit einen Umgang zu finden, der mich zufrieden stellt. Jedes GfK-Erstsemester lernt, dass solche Aussagen übersetzt einfach nur heißen: Ich habe ein dringendes unerfülltes Bedürfnis. Aber aktuell werden bei mir durch derartige Aussagen auch Bedürfnisse hungrig. Als erstes geht es mal um mein Bedürfnis, nicht definiert zu werden. Wenn ich etwas therapeutisch bearbeiten soll, dann kann ich bei der angebotenen Betonung beim besten Willen keine liebevolle Fürsorge raushören. Bei mir kommt an: Du hast nen Knall und den solltest du mal abstellen…
Vorher fragen, ob ich eine Nachricht versenden darf oder kann? Hallo!?! Klar, Leute, ich weiß schon, wie dieser Text in GfK lautet: Ich würde dir gern helfen und fühle mich aber gerade selbst so hilflos… beim Formulieren der Nachricht wäre ich bestimmt gut gewesen, aber jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich dazu sagen soll…
Ok, Baby, dann sag das doch einfach, statt eine Du-Botschaft übers Netz zu pfeffern! (Und auch das, liebe Freunde, ist natürlich eine klare Du-Botschaft…).

Ich habe ein paar Thesen zum Thema Du-Botschaften.

1. Je näher mir die Person steht, desto autsch.
2. Ich reagiere besonders empfindlich, wenn ich die Worte als Definition meines Verhaltens wahrnehme.
3. Ich bin bereit, von meinem Gegenüber die gleiche Info als Ich-Botschaft zu hören.
4. Es ist ein langwieriger Prozess, bis man die Du-Botschaften aus seinem System ausscheiden kann. Und gelegentlich gibt es Rückfälle… wie bei Malaria.

Zur Wiederholung: Ich bin nicht für die Gefühle anderer Menschen verantwortlich. Ich mag der Auslöser sein, aber nie der Grund.
Wenn ich die Worte eines anderen schlecht hören kann, ist das ein Anzeichen, dass bei mir wichtige Bedürfnisse im Mangel sind.
Ich habe die Wahl, wie ich auf die Worte eines anderen Menschen reagieren möchte. Niemand zwingt mich dazu, an die Tischtennisplatte zu springen und dem anderen blindwütig ein paar Schmetterbälle zu servieren. Theoretisch gibt es die Option, dem anderen Einfühlung zu geben. Das ist aber keine gute Idee, wenn ich selbst gerade auf Zinne bin. Dann gibt es immer noch die Option der Selbstoffenbarung: So geht es mir, wenn ich das höre.

Das wird nur dann zur echten Herausforderung, wenn diese Aussage beim anderen wie eine Du-Botschaft ankommt: Jetzt bin ich wieder Schuld… Oder: Ja, da bist du doch aber selber Schuld…

Das sind die Momente, in denen ich am liebsten auf eine einsame Insel ziehen würde und nie wieder ein Wort sagen. Weder gewaltfrei noch sonst irgendwie. Fasst mich alle an die Füße!

So long!

Ysabelle

Heul doch!

Hallo, Welt!
Heute bin ich zum zweiten Mal innerhalb von fünf Tagen über ein „Heul doch!“ gestolpert. Samstag kam ich zurück von einer Veranstaltung, bei der sehr viele Kinder waren. Auf dem Heimweg überholte ich eine Familie, das Kind saß in der Sportkarre. Im Vorbeizischen hörte ich zunächst das Kind schluchzen, und dann stimmte die Mutter ein. Im ersten Moment dachte ich, „oh, sie verbindet sich empathisch mit dem weinenden Kind“. Doch dann schaltete sie um auf eine Art Singsang: Heulsuse… Heulsuse…

Schon an dieser Stelle drehte sich mir der Magen um.
Eben war ich noch mal schnell vier Liter Milch holen, bevor uns die Chinesen alles wegtrinken. Als ich den Einkaufswagen wieder ankettete, kam aus der Tür des Supermarktes erst eine Frau, dann ein Kind, dann ein weinendes Kind und dann ein Mann. Der Mann machte sich klein – ich weiß nicht, ob er sich bückte oder in die Knie ging oder sich einfach nur runterbeugte Richtung Kind 2 und sagte: Heul doch! Heul doch!

Wie geht es mir, wenn ich das höre?
Ich bin
entsetzt
traurig
im Schmerz
verzweifelt
bitter
einsam
frustriert

Und meine unerfüllten Bedürfnisse an dieser Stelle:
Respekt (für die Gefühle des Kindes)
Empathie (für das Kind und für mich)
Verbindung
Verstehen
Achtsamheit (DIE Keule überhaupt…)

Gar nicht so viel eigentlich.
Und schon geht es ab auf die Zeitreise. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Mutter mich nachahmte (damals hieß das noch nachäffte) und dann „Heulsuse“ sagte. Ich bin ziemlich sicher, dass ich zu meinem Sohn nicht Heulsuse sagte, aber ich fand bestimmt was ähnliches Ätzendes, was meine Hilflosigkeit und Not zum Ausdruck brachte. Denn was sonst soll diese Aussage sein als der Hinweis auf ein dringendes unerfülltes Bedürfnis bei den Eltern, Betreuern oder Bezugspersonen…?

Also: Was fühlt jemand, der zu einem kleinen Kind „Heul doch!“ sagt?
Ich rate mal:
Hilflos
ohnmächtig
frustriert
enttäuscht
müde
angespannt
kalt
kribbelig
streitlustig
unbehaglich
wütend
erschöpft.

Und als unerfüllte Bedürfnisse tippe ich auf:
Verbindung
Wirksamkeit
Selbstvertrauen
Verstehen
Entspannung
Leichtigkeit
je nach Situation vielleicht Respekt oder Anerkennung
und so was wie Ruhe.

Ach Leute! Ich bin so frustriert, wie wenig verbunden wir alle mit uns selbst, mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen sind. Statt zu sagen, was wir fühlen und brauchen, perlen solche Kommentare aus unseren Mündern. In diesem Fall signalisieren sie unseren Kindern: Deine Gefühle und Bedürfnisse spielen gerade mal keine Rolle für mich…

Die ganzen Jahre habe ich gesagt, GfK mit Eltern und Kindern ist nicht mein Thema. Ich merke, wie diese Überzeugung ins Wanken kommt. Es wird so dringend gebraucht! Was sagt Marshall?

If something is worth doing it’s worth doing poorly

Damit ist nicht gemeint, es reicht, wenn ich es „schlecht“ tue. Vielmehr geht es darum, dass aller Anfang schwer ist, und ich mich nicht dahinter verstecken soll, dass ich etwas nicht kann. Ohne Üben klappt es nicht mit dem Klavierspielen. Und wie kann ich üben, wenn ich es nicht *t*u*e*? Und dabei eben auch riskiere, es ärmlich zu tun, also meinen eigenen Ansprüchen nicht zu genügen… Übrigens: Zwei Häuser weiter gibt es zwei Kinder, die an manchen Tagen 80 Prozent der Zeit schreien. Hat jemand eine Idee, wie ich die Eltern ansprechen kann? Mein letzter Versuch, in so einer Situation zu intervenieren, endete voriges Jahr auf dem Weihnachtsmarkt ziemlich kläglich. Mir ist schon klar, dass als erstes die Eltern Empathie brauchen… Vielleicht heule ich erst mal ne Runde…

So long!

Ysabelle

Beifang, Blauer Thun und Schiffbau

Hallo, Welt!
Gestern fand mein wunderbares Gründer-Coaching statt. Die ersten zwei Stunden ging es mir nicht so gut, weil ich nicht verstehen konnte, wohin der Coach mich führen wollte. Mehrmals habe ich wiederholt, was ich gehört habe. Die Worte waren auch korrekt angekommen. Aber ich war so darauf fixiert, beim Coach zu sein – wenn ich ihm nur genauer zuhöre, verstehe ich endlich, was er meint – dass ich meine eigenen Gefühle nicht so gewürdigt habe, wie es wahrscheinlich sinnvoll gewesen wäre. „What are you telling yourself?“ Ich habe seine Bemerkungen so interpretiert, als müsse ich irgendetwas loslassen, was ich mir gerade angeeignet habe: GfK oder Mediation oder weiß der Geier was. Es ging um meine Rolle, und ich verstand und verstand einfach nicht, worauf der Coach hinaus wollte. Und dann fing er an, kleine Schiffe zu malen…
Fischfang-Flotte Alaska

Ich bin jetzt mal der Flotten-Kommandeur dieser Fischfang-Flotte. (Wir fischen nicht mit Schleppnetzen und nur ökologisch korrekt und nur so große und so viele Fische wie erlaubt; Das Foto ist von Gillfoto, gefunden auf Wikicommons. ) Da hätten wir zunächst mal ein Angelboot, mit dem man Reusen ausbringen kann. Nennen wir es mal „Übungsgruppe“. Dann hätten wir einen Kutter namens B2C, also Business to Customer, der steht mal für Workshops und Seminare. Dann haben wir ein Speed-Boot, damit flitze ich zu anderen Booten, die gerade Support brauchen. Dann haben wir einen Katamaran, also ein Schiff mit zwei Rümpfen, das auf den Namen Mediation getauft ist. Das fischt mal nach Menschen mit Konflikten, die sie gern lösen wollen. Und dann haben wir noch einen Tender, also eine Plattform ohne Motor, auf der viele, viele Kartenspiele gelagert werden und nach und nach zu Schiffen anderer Eigner übergeben werden. Und jetzt kommt die alles entscheidende Frage: Was ist mein Flaggschiff?

Als Flaggschiff wird das Führungsschiff eines Kriegsschiffsverbandes bezeichnet. Von diesem Schiff aus führt der Flaggoffizier (marinetypische Bezeichnung eines Admirals) mit seinem Stab den Verband. Das Flaggschiff führt im Regelfall die Flagge des Befehlshabers bei Tag und Nacht.

In übertragener Bedeutung wird Flaggschiff für das größte Schiff einer Flotte oder Reederei verwendet[1] oder allgemein als Synonym für ein Vorzeigeprodukt eines Unternehmens[2] oder ein Aushängeschild einer Organisation.

Und siehe da, mein Flaggschiff ist noch in der Werft. Fragt mich heute nicht, ob es ein Umbau oder ein Neubau ist. Das kann ich wahrscheinlich in fünf Jahren beantworten. Mein Flaggschiff geht auf „Blauen Thun“. (sorry für alle Vegetarier an dieser Stelle). Was ist meine Stärke? Was habe ich die vergangenen 30 Jahren gemacht? Ich habe in großen Organisationseinheiten überlebt. Allein in dem Konzern, in dem ich zuletzt gearbeitet habe, habe ich zwei Generationenwechsel an der Unternehmensspitze mit erlebt, einmal Mitte der Achtziger, einmal 2010. Ich habe die Einführung neuer Techniken miterlebt. Und jede neue Technik war immer noch „toller“ als die vorherige. Ich kann nicht mehr zählen, wie viele Umstrukturierungswellen ich überstanden habe. Ich hatte mit Abteilungen über, unter und neben mir zu tun vom Callcenter bis zur Geschäftsleitung. Wenn ich drei Mal bei einem Bildungsträger anrufe und immer noch keinen Rückruf bekomme, drehe ich durch: Laienspielgruppe!
Ich komme also aus hoch professionellen Zusammenhängen, Vernetzungen. Ich habe selbst 30 Leute im Team gehabt. Und diese Erfahrung qualifiziert mich mehr als meine Mitbewerber, auch in solchen größeren Einheiten aktiv zu sein. Yeah! Das ist mein Flaggschiff.

Oh, das fühlt sich auf einmal ganz kraftvoll an. Da ist sie, die Vision. All meine anderen Schiffe in der Flotte tragen zu meinem Lebensunterhalt bei. Drei Aale, 80 Kilo Nordseekrabben, der Verkauf von Diesel und Fischernetzen, all das hat seine Berechtigung. Es ist gut und sinnvoll, darauf ein Augenmerk zu haben, diese Schiffe gut auszustatten und umsichtig zu steuern. Aber mein Flaggschiff, das ist die Vision, die Richtung. Da geht’s lang. Heute fühle ich mich so erleichtert, inspiriert, erwartungsfroh, lebendig, angeregt und hoffnungsvoll. Und meine Bedürfnisse nach Sinnhaftigkeit, Klarheit, Orientierung, Struktur, Verstehen und Selbstvertrauen (Hört! Hört!) sind gerade mal so richtig erfüllt! Das muss gefeiert werden. Ich sag Euch Bescheid, wenn Stapellauf ist!

So long!

Ysabelle

Weltneuheit!

Hallo, Welt!
Vorhin brachte der Mann mit dem brauen Lieferwagen einen flachen Karton, den ich voller Vorfreude ausgepackt habe. Guckt mal, was da Aufregendes drin war: Interpretationen Sie sind tatsächlich fertig, die Interpretationen! Und ich war einen Augenblick sprachlos, so schön sind die Karten geworden. Auf diesem Foto wirken sie ein bisschen lila-lastig, aber in echt ist das nicht der Fall, da ist der Dunst grauer. Klickt mal das Bild an, dann seht Ihr, WIE toll sie aussehen!
Also: Ein Spiel mit 55 Interpretationen. Was kann man damit machen? Zum Beispiel raten, welche Gefühle in einem Menschen lebendig sind, wenn er sagt, er fühle sich hintergangen. Ist er traurig, einsam, hoffnungslos? Und welche Bedürfnisse sind bei ihm im Mangel? Einbezogen sein? Gemeinschaft? Gesehen werden? Eine tolle Gelegenheit, seine Sprachmuskulatur zu trainieren oder beispielsweise in der Übungsgruppe „Interpretation, Gefühl, Bedürfnis“ zu spielen. In Dreier-Gruppen gegeneinander, für eine Unterrichtseinheit zum Thema „Interpretationen“ als Anschauungsmaterial.

Ehrlich: Ich bin total superstolz auf diese Karten. Weltneuheit! Der Hammer! Nur hier! Wahrscheinlich nehme ich sie heute Abend mit ins Bett!

So long!

Ysabelle

Geschichten zum Nachdenken

Hallo, Welt!
Eigentlich wäre es schon wieder Zeit für ein „Kraut & Rüben“, so viel ist passiert in den vergangenen Wochen. Danke an Andrea für ihre Ermutigung in Sachen Businessplan. Tatsächlich nimmt die Selbstständigkeit allmählich Gestalt an.

Gestern hatte ich ein Gespräch mit – wem bloß? Ach, ja, eine Kollegin, die mir in Sachen Businessplan geholfen hat. Wir kamen auf die von mir ungeliebte Geschichte, die in GfK-Kreisen gern erzählt wird, von dem Fluss, in dem die Babys treiben. Wie oft und wie lange will ich versuchen, Babys aus dem Wasser zu fischen, und wann gehe ich endlich flussaufwärts, um diejenigen zu stoppen, die ständig die Babys ins Wasser werfen – auch auf die Gefahr hin, dass in der Zwischenzeit einige Babys ertrinken…

Sorry, die Geschichte finde ich einfach Panne. Aber die Kollegin hatte eine andere Geschichte für mich, die ich viel schöner finde:

Die Axt schärfen?

Als ein Mann im Wald spazieren geht, kommt er an einer Lichtung vorbei, wo ein Waldarbeiter gerade Holz hackt. Er sieht ihm eine Weile zu und bemerkt dabei, dass der Arme sich redlich abrackert, müht und plagt, nur weil seine Axt ganz stumpf zu sein scheint. Schließlich gibt er sich einen Ruck und spricht ihn an: „Hallo! Warum schärft Ihr denn Eure Axt nicht? Die ist ja total stumpf.“ – Der Holzfäller sieht kurz auf und antwortet außer Atem:“Was? Die Axt schärfen? Nein – ausgeschlossen, dazu habe ich keine Zeit – ich muss noch soviel Holz hacken!“.

Das scheint mir ein schönes Resümee für meine Bemühungen der vergangenen Monate. Innehalten und gucken – wo geht’s lang und was sind die nächsten sinnvollen Schritte… Nein, da habe ich keine Zeit für… zu viel zu tun…

Aktionismus statt Besonnenheit. Besser wäre es, einfach mal Pause zu machen, mich besinnen, Dinge sacken lassen. Habe ich schon erzählt, dass ich mir demnächst tatsächlich eine Woche Pause gönne? Ich fahre eine Woche weg, mache richtig Urlaub. Auf einem Schiff. Jawoll.

Mir sind noch zwei andere Geschichten eingefallen, die ich sehr hilfreich finde: Bestimmt stehen sie hier schon irgendwo, aber bei demnächst 1000 Postings ist es nicht so einfach, sie zu entdecken. Daher hier noch mal:

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er „Guten Tag“ sagen kann, schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer“.

(aus P. Watzlawick: Anleitung zum unglücklich sein.)

Das ist für mich eine der besten Geschichten zum Thema Projektionen: Was hefte ich dem anderen an? Mit diesem Thema war ich gestern selbst unterwegs. Ich beobachte an einer Kollegin ein bestimmtes Verhalten, das ich an mir selber ablehne. Meine Angst ist nun, wenn ich mich auf eine Zusammenarbeit mit ihr einlasse, dass wir dann beide aktionslos auf dem Sofa sitzen und nichts tun. Im Gespräch wies mich die Kollegin darauf hin, dass ich noch keinerlei praktische Erfahrungen mit ihr in so einer Situation habe. Und deshalb würde ich ihr einfach meine Projektion anheften, statt mit ihr darüber zu reden. Da ist was dran.

Und dann gibt es eine Geschichte, die mich als Mathe-Legasteniker zum Nachrechnen gebracht hat: Auch diese Geschichte in von Wazlawick:

„Ein Beduine hinterlässt seinen drei Söhnen nach dem Tod eine Herde von 17 Kamelen, die sie wie folgt untereinander aufteilen sollen: Der Älteste soll die Hälfte, der Mittlere ein Drittel und der Jüngste ein Neuntel erhalten. Sie scheitern, bis ein vorbeiziehender Nomade Rat weiß: er stellt sein Kamel dazu, so dass 18 Kamele aufgeteilt werden können. Die Teilungsoperation geht auf, und ein Kamel bleibt übrig, auf dem der Weise davon reitet“.

Ich brauche noch einen vorbeiziehenden Nomaden. Es gibt eine Situation, mit der ich einfach nicht klarkomme. Obwohl ich mein Schönstes gebe, um in einer bestimmten Beziehung zu Verbindung und Harmonie beizutragen, scheine ich immer wieder zu scheitern. für mich aus dem Nichts entstehen neue Schlachtfelder, an deren Rand ich fassungslos stehe.
Gestern Abend hatte ich ein Telefonat mit Bieke. Wir bewegten den Satz „NVC is all about connection“ in unserem Gespräch und waren uns einig, dass es tatsächlich Menschen und Situationen gibt, bei denen es uns gar nicht um Connection geht. Nicht, dass es uns dann um Recht haben geht. Aber manchmal klappt es halt einfach nicht mit der Verbindung. GfK erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es was wird mit der Verbindung, aber sie ist keine Garantie. Und GfK heißt eben auch nicht: Du musst mit jedem Menschen immer, zu jedem Zeitpunkt Verbindung haben wollen. Vielleicht sollte ich das meinem Wolf einfach noch mal ganz langsam erklären. Der denkt nämlich noch, wenn ich wirklich mit der GfK unterwegs sein will, dann „muss“ ich 24/365 Verbindung haben wollen. Nö!

So long!

Ysabelle

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