Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Wortschätzchen: Konkurrenz

Hallo, Welt!
Da streifte mich doch dieser Tage das schöne Wort Konkurrenz. Es dauerte eine Weile, bis seine Wucht bei mir ankam. Erst als ich las, „Konkurrenz belebt das Geschäft“ wurde ich so richtig hellhörig.
Ein Tauchgang in die Tiefen meiner Gehirnwindungen ergab: Konkurrenz stammt vom lateinischen Begriff concurrere ab, was übersetzt schlicht mit-laufen bedeutet. Es geht also um Läufer, die gemeinsam unterwegs sind. Vermutlich ja aber nicht auf einem Spaziergang von Rom nach Ostia, sondern eher um Leute, die im Wettbewerb stehen. Wer ist schneller, wer kommt eher an?
Das Sprichwort „Konkurrenz belebt das Geschäft“ löst mir eher Unbehagen aus. Gefühlt bringe ich es irgendwie mit Nazi-Deutschland zusammen, wobei ich noch keine Ahnung habe, ob es dahin irgendwelche Wurzeln oder Verbindungen hat. Es gibt aber auch ein freundliches Bild dazu in meinem Kopf. Angenommen, ein kleiner Ort hat bisher nur einen Kaufmannsladen. Nun eröffnet ein zweiter mit einem erweiterten Sortiment. Dann ist der erste Kaufmann herausgefordert, mehr auf die Wünsche der Kunden einzugehen. Und ich denke bei diesem Beispiel nicht an einen Discounter, der einen lokalen Einzelhändler platt machen will, sondern an den Höker, der jetzt auch mehr Zeitschriften oder Küchenartikel in sein Sortiment aufnimmt. Wenn ich also als Kunde die Wahl habe, gehe ich da hin, wo meine Bedürfnisse besser erfüllt werden. Im Idealfall -aber was ist schon ideal – haben beide Anbieter mehr Umsatz in der Kasse, weil der Kunde wegen der erweiterten Sortimente mehr kauft. So weit die Theorie.
Wenn aber zwei Mitarbeiter auf die gleiche Aufgabe angesetzt werden und man „die bessere Lösung“ nachher realisieren will, dann kann ich mein Unbehagen deutlich spüren. Das ist nicht Konkurrenz im Sinne von „wir spazieren zusammen an ein gemeinsames Ziel“, sondern Circus Maximus, und wir gucken mal, wer von uns den Löwen zum Affen macht und als Sieger nach Hause geht.
Denke ich an dieses Bild für Konkurrenz, also im Berufsleben, im Wettbewerb, das Ringen von Geschwisterkindern um die Liebe der Eltern, fühle ich mich
Alarmiert
Angespannt
Besorgt
Beklommen
Bitter
Durcheinander
Einsam
Erschöpft
Erschreckt
Frustriert
Furchtsam
Hilflos
Schwer
Unter Druck
Unbehaglich
Widerwillig und
zögerlich

Und meine unerfüllten Bedürfnisse sind
Gesehen und gehört werden (anscheinend mein persönlicher Liebling….)
Sicherheit
Vertrauen
Selbstvertrauen
Authentizität
Beteiligung (gegeneinander hat nicht viel Beteiligung, oder?)
Zugehörigkeit (statt Spalten)
Klarheit
Harmonie
und Wertschätzung.

Und JETZT wird es spannend.
Als ich in den Gefühlen bei unerfüllten Bedürfnissen kramte, fiel mir auf, dass Konkurrenz bei mir durchaus auch andere Gefühle auslöst, und zwar lustvolle. Dann fühle ich mich
Angeregt
Aufgedreht
Begeistert
Berauscht
Beschwingt
Energiegeladen
Entschlossen
Fasziniert
Hellwach
Inspiriert
Kraftvoll
Lust habend
Optimistisch
Selbstsicher
Unbekümmert
Zuversichtlich
Zupackend

und meine erfüllten Bedürfnisse sind
Anregung
Autonomie
Selbstvertrauen
Kreativität
Authentizität
Anerkennung
Wertschätzung
Vertrauen
Wachstum
Begeisterung
Spaß
Leichtigkeit
Sinnhaftigkeit

Alle Achtung!
Und wann spüre ich das eine, und wann das andere?
Erster Deutungsversuch: Wenn ich vermute, dass ich den Kürzeren ziehe, der andere gewinnt, habe ich es eher mit unerfüllten Bedürfnissen zu tun.
Wenn ich vermute, dass meine Lösung den Vorzug bekommt, fühle ich mich kraftvoll und inspiriert.
Aber hat das etwas mit Konkurrenz zu tun? Also, habe ich diese wunderbaren Gefühle und Bedürfnisse in einer Konkurrenzsituation, oder wenn ich eine Aufgabe übernehme, von der ich glaube, dass ich sie meistern kann? Hat die Begeisterung etwas damit zu tun, jemand anderes hinter mir zu lassen, auszustechen, oder hat sie damit etwas zu tun, meine eigenen Fähigkeiten zeigen zu können, gesehen zu werden mit dem, was ich mitbringe?

Ihr seht, Konkurrenz lohnt auf jeden Fall einen zweiten Blick.
Wie geht es Euch damit?

So long!

Ysabelle

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