Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Dankbarkeit: 16. Dezember 2015

Hallo, Welt!
Der Tag heute war in vielerlei Hinsicht unbefriedigend, ich bin genervt, traurig und frustriert. Da fällt es mir schwer, die schönen Dinge wieder ins Blickfeld zu hieven, aber ich will es versuchen.
Der Steuerberater hat mir heute mitgeteilt, dass ich im Oktober Plus gemacht habe. Hallo, Ysabelle, los, freu dich! Das Glück hält sich in Grenzen, weil ich aus verschiedenen Gründen gerade nicht viel Plus machen möchte. Aber hier liegen auch so viele Rechnungen, da wird sich der Gewinn schon schnell wieder verflüchtigen. Freut mich das jetzt? Ja, mich freut, dass ich alle Rechnungen von allen Lieferanten bezahlen kann.

Am Wochenende hatten wir Seminar. Vieles daran war gut, haften geblieben ist mal wieder eine Situation, die weniger als wunderbar war. Die möchte ich jetzt zu den Akten legen und von einer Begebenheit erzählen, die mir die Tränen in die Augen getrieben hat.
Am Sonntag wollten wir in die Mittagspause gehen. Zwei Leute wollten etwas erledigen, der Rest ein bestimmtes Lokal ansteuern. Während die Teilnehmer noch diskutierten, verschwand ich auf die Örtlichkeiten im benachbarten Teil des Gebäudes. Als ich wieder kam, waren alle Kursteilnehmer weg, der Seminarraum abgeschlossen und drinnen mein Handy, das Portemonnaie und die Winterjacke. Sie hatten mich vergessen.

Ich rannte die Treppe runter, riss die Tür zur Straße auf und schrie nach meinem Kollegen. Wenige Meter neben der Tür standen die Teilnehmer eines anderen Workshops und sagten, „wir haben hier keinen Matthias“. zum Glück hatten mich zwei Leute aus meinem Kurs noch gehört, einer von ihnen pfiff markerschütternd, und tatsächlich drang der Pfiff bis zu der Gruppe durch, mit der mein Kollege unterwegs war. Er drehte auf dem Absatz um, kam zurück zum Seminarhaus und gab mir den Schlüssel. „Sorry, ich hatte gedacht, du wärst mit den anderen unterwegs…“
Ich ging nach oben, holte Jacke, Geld und Handy und trottete dann wieder die Treppe runter. Ich war traurig und einsam. Keiner hatte mich auf dem Schirm. Alle waren ohne mich weggegangen … ich war ganz allein … ich überlegte, wo ich denn etwas essen wollte und entschied mich für eine Bratwurst auf dem nahen Weihnachtsmarkt. Als ich die Haustür öffnete, stand mein Kollege davor und lachte ich an. „Ich dachte, ich lass dich mal besser nicht allein essen gehen …!“

Oh, war das schön! Alle Kindheitsdramen vergessen! Alle Bedürfnisse nach Gesehen werden, Beteiligung, Zugehörigkeit und Wertschätzung erfüllt! Das war wunderbar und trug mich den Rest des Tages.

Montag gab es ein Wiedersehen mit Kollegen aus meiner alten Firma. Nur einer von ihnen arbeitet noch dort, alle anderen sind inzwischen abserviert worden. Ich weiß nicht, wer von uns den besseren Deal hat -wir, die wir entlassen wurden, oder der eine, der dort noch aushalten muss und eigentlich monatlich mit seiner Kündigung rechnet? Ich bin jedenfalls mit meinem heutigen Leben sehr zufrieden.

Wunderbar war am Montag auch, dass meine entzückende Besucherin, eine alte GFK-Bekannte, in einen schrecklichen Haufen Papiere mustergültige Ordnung brachte. Dank ihrer Sortierung ist mir jetzt ein bisschen klarer, was in einer bestimmten Angelegenheit zu tun ist und ich schätze, dass ich es noch diese Woche angeschoben kriege.

Für heute muss es doch eine klitzekleine Kleinigkeit geben, die mich begeistert.
Ach ja, sogar zwei.
In einer bestimmten Angelegenheit habe ich eine Rückmeldung von einer GFK-Freundin bekommen. Das war total klasse, weil sie nämlich all die Wölfe benannte, die ich nicht im Zugriff hatte. Sie legte genau den Finger in die Wunde, und das war für mich sehr hilfreich. Jetzt bin ich mir sicher, dass ich nicht etwa eine verschobene Wahrnehmung und unrealistische Erwartungen habe, sondern dass mein Empfinden an einer bestimmten Stelle tatsächlich gut begründet ist in gravierenden unerfüllten Bedürfnissen nach Unterstützung, Gesehen werden, Sicherheit und Autonomie. Ich hänge in einem unerfreulichen Spagat zwischen Empathie geben und Unterstützung brauchen. Das fühlt sich nicht gut an und es wird Zeit, das zu benennen. Da ist es wieder, mein altes Muster, das mir erzählen will, ich wäre dazu nicht berechtigt.

Und! Ein anderer GFK-Freund hat mir Gefühls- und Bedürfnislisten auf Englisch – Arabisch besorgt. Hurra, das begeistert mich, denn ab Montag sitze ich in einem neuen Projekt mit 60 minderjährigen Flüchtlingen aus Afghanistan. Das kann spannend werden …

So long!

Ysabelle

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