Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Die Made

Die Made

Hinter eines Baumes Rinde
wohnt die Made mit dem Kinde.

Sie ist Witwe, denn der Gatte,
den sie hatte, fiel vom Blatte.
Diente so auf diese Weise
einer Ameise als Speise.

Eines Morgens sprach die Made:
„Liebes Kind, ich sehe grade,
drüben gibt es frischen Kohl,
den ich hol. So leb denn wohl!

Halt, noch eins! Denk, was geschah,
geh nicht aus, denk an Papa!“

Also sprach sie und entwich. –
Made junior aber schlich hinterdrein;
doch das war schlecht!
Denn schon kam ein bunter Specht
und verschlang die kleine fade
Made ohne Gnade. Schade!

Hinter eines Baumes Rinde
ruft die Made nach dem Kinde ….

Heinz Erhardt

Hallo, Welt!
Maden in der Küche… Ich war ja zehn Tage nicht im Haus und gestern entdeckte meine Freundin neben dem Mülleimer einige weiße Maden auf dem Fußboden. Es hat sie geschüttelt und ich bin schnell dazu gesprungen, um ihr zu helfen, den Müllbeutel in einen weiteren Müllbeutel zu stopfen und die ganze Gegend um den Mülleimer keimfrei zu machen. Dabei gingen meine Gedanken zurück ins Jahr 2008 oder so, als ich in einer Küchenschublade einen schweren Käferbefall entdeckte. In meiner Not habe ich damals den Schädlingsbekämpfer gerufen, der mit der chemischen Keule dafür sorgte, dass diese Tiere sich nicht mehr bei mir wohlfühlen. „Kein Problem“, sagte er damals. „Das passiert öfter in Haushalten, die Bioprodukte kaufen und nicht sofort komplett aufessen…“ Auslöser war ein Müsli gewesen.
Damals war mir so übel, ich hätte mich fast in die krabbelnde Schublade übergeben. Gestern habe ich gemerkt, dass ich mich nicht vom Ekel „angreifen“ ließ. Ich konnte mich an früheren Ekel erinnern, aber ziemlich klar diese Gefühle/Gedanken beiseite stellen.
Als frühere Polizeireporterin hatte ich über Jahrzehnte mein Herz gegen schlimme Sachen verhärtet, die ich in meinem Beruf zu sehen bekommen hatte. Ich habe unendlich viele Leichenfotos auf dem Tisch gehabt, selber manches Mal daneben gestanden, wenn Tote geborgen wurden. Diese „Kaltschnäuzigkeit“ nehme ich leider immer wieder bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen (Ärzte, Pflegepersonal) wahr und höre als Begründung häufig, sie müssten sich auf diese Weise vor dem Schmerz schützen. So habe ich es früher auch mit den wüsten Fotos gemacht.
Heute weiß ich, dass ich meine schmerzhaften Erfahrung geradezu abgespalten hatte, denn vor ein paar Jahren kam ich damit überraschend in Verbindung und kann heute viele Dinge nicht mehr so „ruhig“ ansehen wie noch 2002.

Das mit den kleinen weißen Würmchen in meiner Küche war anders. Ich konnte genau spüren, dass ich eine Wahl hatte. Ich konnte Gedanken denken, die in mir Ekel ausgelöst hätten, „iiiihhh, Maden… widerlich…“ oder einfach nur denken, „oh, hier sind Maden auf dem Küchenfußboden“. Ich freue mich wirklich darüber, denn das ist für mich ein erneutes Zeichen für meine These, dass es nicht die Ereignisse an sich sind, die mir „Gefühle machen“, sondern das, was ich darüber denke. Und mich von diesem Denken nicht mehr auf die Bäume jagen zu lassen, begeistert mich!

So long!
Ysabelle

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