Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Geht ne Frau zum Arzt – oder auch nicht.

Hallo, Welt!

Ich kann erst dann über meine Grenzen treten, wenn ich sie selbst setzen kann.

Dieses Zitat, ich weiß leider nicht, von wem, sprang mich eben an. Spontan bin ich geneigt, das in Bezug auf andere Menschen anzuwenden: ich muss meine Grenzen kenntlich machen, damit sie nicht verletzt werden. Und ich entscheide selbst, wann ich sie überschreiten möchte. Ich denke dabei an meine überbordende Neigung, anderen Menschen etwas zukommen zu lassen, ein Buch hier, eine CD da, für meine Enkeltochter gerade ein Regal…

Es gibt aber noch eine weitere Facette dabei. Selbstausbeutung ist ebenso wie Selbstabwertung ein Thema, das der näheren Betrachtung lohnt. Ich denke gerade an meine Gesundheit.
Seit mittlerweile sechs Wochen schmerzt mein unterer Rücken. Heute hatte ich den brillanten Einfall, doch mal zum Betriebsarzt zu gehen. Die Überlegung, Freitag mal einen Tag frei zu machen (dann kommt vielleicht am Samstag das Sams, und dessen blaue Punkte kämen mir gerade gut zupass), habe ich verworfen. Zu viel Arbeit. Jedenfalls gibt es einen Teil in mir, der findet, es gäbe zu viel Arbeit, um nicht ins Büro zu gehen. Ich setze also auch hier keine Grenze, in der es um mich geht, um mein Wohlergehen. Der Betriebsarzt war ein Kompromiss, mit dem ich mir das Bedürfnis nach Unterstützung und Klarheit erfüllen wollte. Immerhin darf ich jetzt als erste den neuen Stuhl für Rückengeschädigte ausprobieren, den er gerade erst reinbekommen hat. Alle diagnostischen Anläufe müssen allerdings 14 Tage warten, so lange wird er nicht da sein. Ist das clever? Überschreite ich meine Grenze, ohne sie definiert zu haben? Wenn die Pflege meiner Gesundheit schon keine Priorität hat – was hat es dann?

Indem ich so weiter mache wie die letzten sechs Wochen, erfülle ich mir das Bedürfnis nach Leichtigkeit, Unterstützung der Kollegen, Beitragen zum Gelingen unserer gemeinsamen Arbeit, Zugehörigkeit, Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit im Sinne von Effizienz. Ich schaffe was, also habe ich eine Daseinsberechtigung. Uuuups! Was haltet Ihr denn von dieser Perle der Weisheit?

Wenn ich jetzt zum Arzt gehe, komme ich sehr wahrscheinlich mit einer Krankmeldung wieder raus und erfülle mir das Bedürfnis nach – ja, was?
Mich selber sehen und hören. Mich ernst nehmen. Meine gesundheitlichen Grenzen und Beeinträchtigungen akzeptieren. Mit ein wenig gutem Willen noch nach Wachstum und Spiritualität.
Komisch, dass diese Bedürfnisse im Gegensatz zu den anderen kaum Zugkraft haben. So wird das glaube ich nichts mit dem Arztbesuch. Ich mach das mit den Fähnchen.

So long!

Ysabelle

Eine Reaktion zu “Geht ne Frau zum Arzt – oder auch nicht.”

  1. Corinna

    auch die leisen nicht so powervoll daherkommenden Bedürfnisse haben ihre Daseinsberechtigung. Habs grade selbst ausprobiert: öffen Montag früh den Deckel der Linsensuppe und habe den EIndruck: Die ist nicht mehr gut ( ein leises Bauchgefühl) Prompt schaltet mein Verstand ein: erst prüfen, nix unnütz wegschmeißen: Geruch, Optik, Geschmack- scheinbar alles iO. Also nach intensivem Kochen mit Genuss gegessen- 30-45 min nach Ende der Mahlzeit hatten sowohl mein Kind und ich einen Termin mit der Toilette , heftige Bauchschmerzen und so weiter. Auch Dienstag hatte ich mit erheblichem Unwohlsein zu kämpfen-
    Warum nur können die leisen Stimmen nicht gleich etwas durchsetzungsfähiger sein?
    Triff die passende Entscheidung für dich und dein Wohlbefinden, du Liebe!

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