Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Dankbarkeit: Empathiegespräch

Hallo, Welt!

Vor einigen Monaten erhielt ih einen Anruf, dass ein Mitglied meiner Familie an Krebs erkrankt ist. Noch während ich telefonierte, machte ein zufällig anwesender Freund aufgeregte Gesten, und kaum hatte ich aufgelegt, sprudelte er los: ich weiß alles über Krebs. Der Patient muss jetzt dies, das und jenes machen.
Diese Reaktion war mir sehr unangenehm und entsprach nicht im mindesten meinen Bedürfnissen.
Sonntagabend kam ich zur Tür herein, als das Telefon klingelte. Eine liebe GfK-Freundin wollte hören, was bei mir los ist. Es war so wunderbar, ihr erzählen zu können, wie es mir geht und mit Giraffenohren gehört zu werden. Mit jeder empathischen Rückfrage merkte ich, wie „Treibstoff“ in meinen Tank floss – Giraffensaft.
Jetzt ist mein halbes Leben schon gelebt und so lange hat es gedauert, bis ich diesen wunderbaren Schatz kennen lernen durfte: verstanden zu werden ohne Ratschläge, Heimwerker-Mütze, Mitleid, Irritationen. Und dabei geht es nicht eine Sekunde darum, dass wir einer Meinung sein müssen. Auch bei diametral entgegengesetzten Standpunkten kann mich mein (geübtes) Gegenüber verstehen und mir Einfühlung geben, „and it feels damn‘ good“, wie Marshall sagt.

Was mich am meisten erstaunt: Es füllt nicht nur meinen Tank, wenn jemand anderes MIR Empathie gibt, sondern auch ich fühle mich belebt, verbunden, warm und erfüllt, wenn ich jemand anderem Empathie schenken kann. Wie Wunder-bar ist das denn?!

So long!

4 Reaktionen zu “Dankbarkeit: Empathiegespräch”

  1. Gabriel

    Da ist es schon wieder, das Wort – „Heimwerker-Mütze“. Nachdem ich letzte Woche in einer GFK-Übung erlebt habe, wie jemand dank des Wunders der Empathie seine Heimwerker-Mütze los wurde, habe ich eine ungefähre Vorstellung, was das ist. Trotzdem würde mich die Etymologie dieses merkwürdigen GFK-Slangausdrucks interessieren. Weißt Du mehr?

  2. Ysabelle Wolfe

    Moin, Gabriel,
    das Bild mit der Heimwerkermütze stammt aus einem Buch von John Gray, das ich ansonsten nicht so irre spannend finde: Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus. Wenn Du die beiden ersten Postings in diesem Forum liest, wirst Du feststellen, dass es um Empathie geht. Und die Heimwerkermütze fällt mit unter Marshalls No Go-Liste , ist aber leider vielen Menschen auf dem Kopf festgewachsen.Sie wollen immer Lösungen/Strategien anbieten…
    Hat Dir diese Info weitergeholfen?
    Y.

  3. Gabriel

    Ja, das hilft mir weiter, jetzt weiß ich, wo das Wort herkommt.

    Eine Frage noch an Dich und alle anderen Leser: Ist es eine subtile Form der Heimwerker-Mütze, wenn ich GFK-Übungen als „Lösung“ vorschlage? Ich finde, wenn ich die Übung ohne richtig zuzuhören reflexartig benenne ja. Wenn ich aber empathisch zuhöre und frage, ob mein Gegenüber seine Situation mit einer Übung „beleuchten“ mag, nein.

  4. Ysabelle Wolfe

    Gabriel, ich tippe mal, es kommt drauf an, ob Verbindung da ist. Wenn eine empathische Verbindung besteht, kannste wahrscheinlich auch nen Ritt auf nem Elefanten vorschlagen, wenn’s hilft. Ohne Verbindung nutzt das beste Schweigen, in den Arm nehmen oder sonstwas nichts…
    Ich merke im vergangenen Jahr ziemlich häufig, dass ich Lösungen anbiete, weil ICH etwas nicht aushalte, nicht etwa weil ich unbedingt den anderen retten will. ICH ertrage den Schmerz, die Verwirrung, den Zustand oder was es jeweils ist, nicht mehr. Es kostet mich richtig Energie, mich auf empathisches Zuhören zu verpflichten, statt Lösungen anzubieten. Von Kit Miller stammt übrigens der Ausspruch, wenn Dir jemand Empathie anbietet, nimm sie, wer weiß, wann du wieder welche kriegst. Also, daraus schließe ich, dass das Empathie-Angebot immer in Ordnung ist und nichts mit der Heimwerkermütze zu tun hat…
    Hilft Dir das weiter?
    Y.

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