Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Wieso Hund?

Hallo, Welt!
Dorothee fragte in einem Kommentar:

Welches Bedürfnis erfüllst du dir als Hundebesitzerin?

und ich habe mich schon ein paar Tage auf die Beantwortung dieser Frage gefreut. Gerade war ich in Steyerberg und hatte da noch die Gelegenheit, mit zwei weiteren Hundebesitzenden über diesen Aspekt zu diskutieren. Hier kommt also meine aktuelle Antwort, die ich vielleicht künftig immer mal wieder ergänze.
Als ich anfing, über einen Hund nachzudenken, waren die Gefühle Traurigkeit und Sehnsucht. Ich hatte über viele Jahre Gasthunde in meinem Leben und ich merkte, sie fehlen mir.
Als nächstes merkte ich, dass meine körperliche Fitness immer mehr zu wünschen übrig ließ. Ich bewegte mich kaum noch, wog mehr als mir gefiel und hatte Schwierigkeiten, die Schuhe zuzubinden. Also wünschte ich mir Bewegung.
Drittens ging es mir um Struktur. Mein Alltag bestand aus Aufstehen, Arbeiten und Schlafen gehen. Da mich meine Arbeit meist mit Freude erfüllt, hat mich das einerseits nicht gestört. Andererseits verschob sich allmählich mein Tag-Nacht-Rhythmus. Und ich kam nicht mehr vor die Tür. Ich vereinsamte sozusagen vor dem Monitor.
Viertens hatte ich Interesse, andere Leute kennen zu lernen.

Die erste Strategie, um mir diese Bedürfnisse zu erfüllen, war die Anmeldung im Fitness-Studio. Das funktionierte ein bisschen, aber einsam war ich noch immer. Die Leute im Fitness-Studio – die meisten Mitarbeitenden und Trainierenden – waren auf einem anderen Planeten. Verbindung kam nicht zustande.

Sicher gibt es noch mehr kleine Impulse, aber ich belasse es mal dabei.
Ich konnte mit meiner Familie eine Vereinbarung treffen, dass sie sich um den Hund kümmern würde, wenn ich anderweitig beschäftigt wäre. Damit wollte ich mir auch ein näheres Zusammenrücken im Familienkreis erfüllen. (Das ist mal total in die Hose gegangen, aber das ist eine andere Geschichte). Und so kam dann der Hund und mein Leben war von einer Stunde zur anderen nicht mehr dasselbe.

Mein Hund geht in Beziehung zu mir.
Er tut absolut nicht alles, was ich will. (Ist ja auch keine Kaffeemaschine, wo auf Knopfdruck Espresso rauskommt).
Er tut auch manche Sachen, die ich gar nicht will. Zum Beispiel hat er Samstag zum zweiten Mal meine Brille zerlegt. Solche Pannen kann ich mir eigentlich nicht leisten.
Wenn ich in ein Haus gehe, weil ich dort etwas erledigen muss, wartet er auf mich. Tatsächlich weint er vor der eigenen Haustür, wenn ich nur eben den Wagen umparke, weil er denkt, ich fahre ohne ihn weg.
Mein Hund tanzt mit mir. Tatsächlich. Vom Gewicht her ist es so, dass ich ihn gerade noch tragen kann mit seinen zehn Kilo. Und ab und zu ist er auf meinem Arm und wir tanzen zu dem alten Schmachtfetzen „Hab ich dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe“.
Mein Hund isst mit mir.
ich sitze auf einem kleinen Hocker, wir sind fast auf Augenhöhe, und er frisst mir aus der Hand. Das ist für mich ein sehr inniger und liebevoller Moment, in dem wir ganz miteinander verbunden sind. Es gibt dann Fleischwurst oder Leberwurst, wo seine Medikamente drin vergraben sind, und wir machen ein schönes Ritual daraus.
Mein Hund sorgt dafür, dass ich rauskomme. Auch schon morgens früh.
Mein Hund ist einfach DA. Das ist tatsächlich sehr großartig. Diese Beziehung zum Hund ist sehr beständig. Egal ob ich meine Zähne geputzt habe, ein altes, schlabberiges Nachthemd trage, aufgebrezelt bin oder glatt gar nichts anhabe: Für meinen Hund bin ich immer ok.
Mein Hund nimmt mir nichts übel. Er verzeiht großzügig und bleibt mir gewogen.
Fast scheint es so, als erlebe ich mit dem Hund eine Sicherheit und Gewissheit, wie ich sie speziell in Liebesbeziehungen nicht gefunden habe. Und das ist überaus beglückend. Mein Hund nimmt mich so wie ich bin und liebt mich so wie ich bin. Und ich ihn auch.
Klar finde ich es Scheiße, wenn er mir zum dritten Mal eine Brille zerbeißt. Und ich bin wenig begeistert, wenn er wie aktuell sich nicht richtig lösen kann, weil ihm der Darminhalt am Fell festbackt. Was tun? Wir gehen zusammen unter die Dusche, und ich massiere seinen Hintern so lange mit warmem Wasser, bis er wieder frisch im Schritt ist. Ey, das macht mir keinen Spaß, aber es ist eine Selbstverständlichkeit, ihm da behilflich zu sein.
Was ist das größte Geschenk? Seine Präsenz. Er geht überall mit mir hin, ans Wasser, auf den Friedhof, in mein Lieblings-Lokal oder ins neue Lager. Er beschwert sich nicht, wenn ich arbeite. Er schläft, wenn er müde ist oder sich langweilt. Und er fordert mich unmissverständlich auf, mit ihm Zeit zu verbringen, wenn ihm das wirklich wichtig ist. Wir sind ein gutes Team und ich bin einfach nur dankbar, dass er in meinem Leben ist.

So long!

Ysabelle

*R*E*S*P*E*K*T*

Hallo, Welt!
Heute Morgen fühlte ich mich leidlich frisch, als ich mit Fontane die kleine Runde drehte. Gleich nach dem Aufwachen war mir ein Artikel zugeflattert, in dem stand, dass Eltern nicht mehr mit ihren Kindern Enten füttern sollten. Ich dachte bei mir, schade! Hatte doch Marshall Rosenberg immer wieder erläutert, wir sollten nur dann etwas geben, wenn wir es mit der gleichen Freude tun könnten wie ein Kind, das Enten füttert.
Fontane liebt alle Vögel. Deshalb hat er auch immer einen genauen Blick auf alle Enten, die bei uns sehr häufig anzutreffen sind. Als wir zum ersten See kamen, zog er wie verrückt, um ans Wasser zu kommen. Dort war ein Mann mit einem Gehwagen und ein kleines Mädchen, der Mann fütterte die Enten. Das Mädchen lag die meiste Zeit auf dem Steg und zeigte kein besonderes Interesse an den Enten. Der Mann führte eine goldfarbene Getränkedose zum Mund und ich dachte, „Prost … um 8.30 Uhr … “ Fontane eierte so lange im Unterholz rum, dass uns die beiden noch überholten. Im Gehwagen lagen neben dem Toastbrot eine Packung Schokokekse und ein Sitzkissen.

Als wir um die nächste Ecke zottelten, kam uns eine Frau mit einem grauschwarzen Hund entgegen. Die beiden Tiere beschnüffelten sich und ich fragte, ob der Hund ein Schnauzer sei. Nein, ein Spoodle, also ein Mix aus Spaniel und Pudel. Die Frau sprach Deutsch mit starkem polnischen Akzent. Dann kam ein Mann aus der gleichen Richtung auf uns zu, wo die Frau hergekommen war. Zuerst dachte ich, die kennen sich. Bis zu dem Moment aber nicht …
Der Mann – sehr gepflegt gekleidet und mit Aktentasche in der Hand – wurde ziemlich deutlich. „Ich mag Hunde, aber ich hasse Hundehalter!“ Dann beschwerte er sich bei der Frau, ihr Hund hätte genau vor sein Haus geschissen, und sie hätte keine Anstalten gemacht, den Haufen zu beseitigen. Die Frau sagte etwas. „Wir scheißen auch nicht vor Ihre Haustür! Kommen Sie mir nicht mit „ich verstehe kein Deutsch. Sie verstehen mich sehr gut. Das hat was mit Respekt zu tun, so was macht man einfach nicht“. Der Mann hatte übrigens auch eine ausländische Klangfarbe, ich tippe mal auf holländisch.
Ich griff in die Tasche und holte einen Kotbeutel raus. Ich hielt der Frau den Beutel hin und sagte, „vielleicht wussten Sie es nicht, die gibt es für alle Hundehalter kostenlos im Rathaus!“ Der Mann ließ nicht locker und sprach noch mal über sein Bedürfnis nach Respekt und Sauberkeit. Er war ärgerlich, aber ich fand ihn nicht aggressiv oder bedrohlich. Und bei mir dachte ich, „was für eine schöne Energie, sein Anliegen zu vertreten!“ Dann sagte er zu der Spoodle-Besitzerin, „Gehen wir jetzt zurück und Sie machen das weg?“ Das war die Gelegenheit weiter zu gehen. Ich glaube, die beiden sind dann tatsächlich den Weg zurückgegangen.

Auf dem Restweg nach Hause habe ich noch mal über dieses Thema nachgedacht. Ich bin mal ziemlich angefahren worden, weil ich bei einem Hundespaziergang im Starkregen keinen Beutel mit hatte und sich der Hund an einer Stelle gelöst hatte, wo es weniger als wunderbar war. Ich bin immer sehr bemüht, ausreichend Beutel dabei zu haben. Viele Hundehaltende hier in der Stadt sind sehr bedacht darauf, die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner zu beseitigen. Neulich beschwerte sich eine Bekannte bei mir über einen Mann, dessen Hund einen großen Haufen auf den Rasen hinter der Kirche gemacht hatte. Sie hatte ihn angesprochen, einen Beutel in die Hand gedrückt und ihn aufgefordert, die Hinterlassenschaft einzusammeln. Als er der Auf-Forderung nicht folgte, fotografierte sie ihn mit dem Handy, um ihn beim Ordnungsamt anzuzeigen.
Das kann ich schwer verdauen. Ich finde es auch im wahrsten Sinne des Wortes Scheiße, in Hundekot zu treten. Und gleichzeitig möchte ich auf Freiwilligkeit und Einsicht bauen. Ich glaube, die Frau heute Morgen hat begriffen, dass das keine gute Idee war, ihren Hund vor fremder Leuts Türen sein Geschäft machen zu lassen. Wenn sie jetzt noch die Sache mit den kostenlosen Beuteln kapiert, ist das doch schon die halbe Miete …

So long!

Ysabelle

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