Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Ein Rucksack voller Steine

Hallo, Welt!
Gerade hatte ich ein wunderbares Gespräch mit einer Bremer GfK-Freundin, und gestern Abend spät erreichte mich eine Antwort-Mail von Gabriel. Beides löst wunderbar wohlige Gefühle aus: Gesehen werden (ohne beurteilt zu sein), Wertschätzung, Verbindung, eine himmlische Leichtigkeit, Gemeinschaft, Unterstützung, aufgehoben sein… Dabei nehme ich mich selbst im Augenblick eher schwer wahr, als sei ich mit einem Rucksack voller Steine unterwegs.

Ich bin wieder bei der Matrix.

Heute geht es ums Thema:
Präsenz; in der Gegenwart sein
aufmerksam sein für das, was im Augenblick passiert. Nicht in Gedanken verloren oder in emotionalen Reaktionen

Ungelernt
Kein Wissen über die Fähigkeit.
Unbewusst Inkompetent
Unbewusst verloren in der Vergangenheit oder in der Zukunft; Identifikation mit Denken und Handeln

Erwacht
Die Fähigkeit wird bewusst wahrgenommen.
Bewusst inkompetent
Kenntnis über die Unterscheidung zwischen wachsam erkennen was eigentlich passiert und in Gedanken verloren sein.

Kompetent
Die Fähigkeit kann mit bewusstem Bemühen angewendet werden. Bewusst kompetent.
In der Lage, Gedanken und Gefühle zu erkennen und darauf einzugehen, bewusst zu antworten, statt zu reagieren,
zur Aufmerksamkeit zurückzukehren, wenn Gedankenverlorenheit bewusst wird.

Integriert
Natürliche Anwendung der Fähigkeit, mit Leichtigkeit und im Fluss. Unbewusst kompetent.
Entspannte Wachheit in Bezug auf das, was in jedem Moment geschieht, mit einem tiefen Sinn
für Absicht und Wahlfreiheit. Ofenheit dem gegenüber, was jetzt ist, mit Einfallsreichtum, Interdependenz
und einer Perspektive von Vergangenheit und Zukunft.

Ich habe ewig gebraucht, um einen Ankündigungstext für ein Seminar und für einen Vortrag zu schreiben. Mein Gehirn war wie leer, auftauchende Formulierungen wurden als unzureichend verworfen. Hier zu Hause ist es gerade ziemlich unordentlich und alles staubt von Katzenhaaren. Ich habe bestimmte Vorstellungen, wie viel ich gerade leisten sollte, und bin von dieser Messlatte weit entfernt. Ich bin in Sorge, wovon ich im kommenden Jahr leben soll, mir fehlt Orientierung und Klarheit. Das fühlt sich so schwer an, als wäre ich mit besagtem Rucksack voller Steine unterwegs. Im Hier und Jetzt ist alles gut. Ich habe ein paar leckere Sachen zu essen im Kühlschrank, wenn mich die fliegenden Katzenhaare stören, nehme ich einen Wischlappen und zisch hier einmal durchs Arbeitszimmer. Die Sonne scheint tatsächlich. Ich habe Wärme und Unterstützung tanken dürfen. An verschiedenen Baustellen habe ich in den vergangenen Jahren höchst erfolgreich gearbeitet und möchte darauf vertrauen, dass es mir auch im kommenden Jahr, unter veränderten Umständen gelingt. Aber wie bei einer nagelneuen Teflonpfanne bleiben die Erkenntnisse nicht haften. Sie glitschen mir davon und ich nehme mich immer wieder mit leeren Händen wahr.

Meine Freundin in Bremen hörte mir aufmerksam zu, als ich davon sprach, wie ich an die Vorbereitung des geplanten Vortrags gehe. Sie hat selbst superviel Erfahrungen damit, eine Rede zu halten. Als ich ihr von meinem geplanten Einstieg berichtete, warnte sie mich: Eventuell sei ein interaktiver Start nicht das, was die Zuhörer anfangs in den Bann zöge. Vielleicht wollten sie erst Input? im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass sie selbst vor einiger Zeit eine Präsentation vorbereitet hatte, die in der Mitte einen interaktiven Part hatte. Am entscheidenden Tag stand sie verzweifelt im Stau und kam zu spät zu ihrem eigenen Vortrag. Kurzentschlossen liess sie die Einleitung weg und begann gleich mit dem interaktiven Part. Ihrem Eindruck nach holte das die Zuhörer nicht dort ab, wo sie gerade waren… Aber: es hatte keine Rückmeldungen gegeben. Ihre Besorgnis begründete sich also nur auf die eigenen Qualitätsanforderungen. ich habe etwas weggelassen, also können die Teilnehmer das Geschenk nicht vollständig genießen…

Das erlebe ich bei mir auch. Ich habe eine Fantasie, wie etwas wird oder wie etwas ankommt, und dann reite ich dieses Pferd. Und dabei merke ich oft gar nicht, dass es sich bei dieser Fantasie einfach um Steine in meinem Rucksack handelt, Einschätzungen, Urteile, die mir das Leben schwer machen.

Ich möchte also mit Leichtigkeit ins Tun kommen. Den Rucksack abschnallen, in die Ecke stellen. Wer braucht schon einen Haufen Steine, es sei denn, man wolle eine Terrasse pflastern… Ach, dazu gibt es ein Lied von Iria, der Liedermacherin aus dem Allgäu: Es gilt doch immer wieder, nach vorne zu schauen. Aus den Steinen, die dir im Wege gelegen, neue Straßen zu bauen. Unter dem Link verbirgt sich eine Hörprobe.

So long!

Ysabelle

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