Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

In der Übungsgruppe

Hallo, Welt!

Ich habe ja bisher immer nur davon geredet, dass ich gern eine Übungsgruppe hätte. Doch gleichzeitig konnte ich nicht erkennen, wie ich die entsprechenden Ressourcen aktiviere, die Zeit, einen Raum, die Leute… Und das Weitergeben von GfK fand deshalb bisher fast immer 1:1 statt. Doch kürzlich fiel mir eine Übungsgruppe in den Schoß und gestern war ich das erste Mal da.
Was für ein außergewöhnlicher Abend! Drei Menschen, die Vorerfahrung haben, wollen GfK in ihr Leben bringen. Ich bin zutiefst berührt von ihrer Ernsthaftigkeit und gleichzeitig betroffen zu sehen, wie beschwerlich dieser Weg ist. Bin ich wirklich schon so weit gegangen? Ich erinnere mich genau an viele Situationen, in denen ich ebenso gedacht oder gehandelt habe wie meine neuen Gefährten. Die Begriffe Ichbezogenheit und Angriffsgedanken kommen mir dazu in den Sinn. Was ein anderer sagt oder tut hat eine, manchmal geheime Botschaft für mich. Und die ist oft genug: Mit dir stimmt etwas nicht! Was für ein Geschenk, mich allmählich davon befreien zu dürfen. Und wie schmerzhaft zu sehen, wie schwierig es ist, Beobachtung und Gefühl voneinander zu trennen! Was ist die Beobachtung? Was sind die Gefühle? Hm, das ist kein Gefühl, das ist eine Bewertung. Und was ist das Gefühl dazu?

Ich habe gestern Abend eine große Hilflosigkeit gespürt. Auf der einen Seite konnte ich erkennen, dass ich wirklich große Fortschritte gemacht habe. Auf der anderen Seite merke ich, dass ich in der Weitergabe von Wissen wirklich ganz am Anfang stehe. Wann ist es sinnvoll, den anderen zu unterbrechen? Wann sollte ich etwas sagen, wann die anderen erst kommentieren lassen? Wie kann ich respektvoll bei meinem Gegenüber sein und ihm dabei noch ein wenig praktische GfK vermitteln? Es war klar, dass ich nicht als übendes Mitglied in die Gruppe gehen würde. Ich war ja ausdrücklich gebeten worden, quasi für Input/Überblick zu sorgen, damit die anderen Teilnehmer entspannt üben können.

Seit zehn Jahren bilde ich Auszubildende aus. Gerade habe ich wieder eine junge Praktikantin, mit der ich täglich arbeite. Das fällt mir ziemlich leicht. Aber gestern Abend da zu sitzen, mit dem Kopf voller Wissen aber ohne innere Richtschnur, was ist hier gerade angemessen oder angebracht, das war schon eine besondere Erfahrung. Ich danke meiner Übungsgruppe, dass sie mir das vermittelt hat.

So long!

Ysabelle

2 Reaktionen zu “In der Übungsgruppe”

  1. Gabriel

    Vielen Dank, dass Du diese konkreten Fragen formuliert hast. Diffus schwirrten sie auch in meinem Kopf herum, wenn ich eine Übung angeleitet habe. Ich bin mir sicher, dass wir im Juni solche Fragen ansprechen und praktisch vertiefen können.

  2. Ysabelle Wolfe

    Hallo, Gabriel,

    ich erlebe das häufiger und merke, dass es für mich auch etwas mit Verbindung zu tun hat. Wenn die Verbindung steht oder gut ist, kann ich auch unterbrechen oder nachfragen. Manchmal gebe ich vorher Einfühlung/wiederhole, was ich gehört habe, bevor ich nachfrage. Aber einfach nur so „reingrätschen“ geht gar nicht.

    Schön von Dir zu lesen. Und überraschend für mich, für dieses Posting Wertschätzung zu erfahren… DANKE.

    So long!

    Ysabelle

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