Ich hätte gern ein Paar Giraffenohren!

Unterwegs mit gewaltfreier Kommunikation – von Ysabelle Wolfe

Hätte, sollte, müsste…

Es gibt drei Dinge, die Gott allein kennt: den Anfang aller Dinge, die Ursache aller Dinge und das Ende aller Dinge.
Walisisches Sprichwort

Als ich dieses Sprichwort heute in einer Abendmeditation fand, musste ich grinsen. Aus einem anderen Zusammenhang kenne ich den Spruch: Es gibt nur zwei Dinge, die du über die Höhere Macht wissen musst:
1. Es gibt sie.
2. Du bist es nicht.
Und bei dem Thema, das mich heute bewegt, möchte ich mir verschärft ins Gedächtnis rufen: Ich bin es nicht.
Wie mehrfach berichtet in den vergangenen Wochen, haben wir eine Patientin in der Familie. Sie liegt seit längerem im Krankenhaus und trotz intensiver Behandlung ist nicht abzusehen, wann sie wieder nach Hause kommt.
Als ich erfuhr, dass sie ins Krankenhaus kommt, habe ich meinen Sohn unterrichtet. Der mailte zurück, halte mich auf dem Laufenden. Das tat ich auch anfangs, doch es kam keine Reaktion. So entschied ich mich, nichts mehr zu tun. Vor ungefähr 14 Tagen hat er sich dann offenbar einmal bei den Angehörigen nach dem Wohlergehen der Patientin erkundigt. Soweit mir bekannt ist, war es das.
Schon am Wochenende merkte ich, wie meine Wölfe die Zähne fletschten. Er sollte wirklich… er müsste mal… er hätte längst… Immer wenn solche Gedanken aufkamen, rief ich mich zur Ordnung. Das ist nicht GfK!
Heute Morgen habe ich dann ein bisschen mehr Zeit mit den Wölfen zugebracht und mich daran erinnert, dass diese „er sollte“-Sätze einen Schatz in sich bergen. Sie weisen auf meine unerfüllten Bedürfnisse hin. Ich erkannte Mangel an Verbindung, Wertschätzung. Zugehörigkeit und Beteiligung und ich merkte auch, dass ich Angst hatte. Wie würde es sein, wenn ich beispielsweise einmal ernsthaft krank wäre? Wer würde sich um mich kümmern, meine Nachthemden waschen, die Katzen füttern?
Auf einmal war nichts mehr übrig von meinem Status als zürnende Göttin, die genau weiß, was Menschen zu tun und zu lassen haben. Übrig blieb eine große Trauer, dass unser Verhältnis nicht so ist, wie ich es mir wünsche, und dass unsere Verbindung mir so wenig tragfähig erscheint. Und es bleibt auch eine große Ratlosigkeit, wie ich daran etwas ändern kann. Und es entstand Respekt für die Haltung meines Sohnes, der sich eben nur so oft meldet, wie er Lust hat, und nicht so oft wie er „müsste“.

Heute befreie ich mich von den Dingen in meinem Leben, die ich nur aus Pflichtgefühl und nicht aus Freude tue.

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